37 - Satan und Ischariot I
höhnisch-zornig auf. „Hat der Hund hier Mitleid mit meinen Kindern gehabt? Wärst du nicht erschienen und ihr Retter geworden, so hätte er sie getötet. Wie kann es dir da beikommen, von Mitleid zu mir zu sprechen. Solange ein Mimbrenjo lebt, wird ein Yuma keine Gnade bei ihm finden!“
Er wandte sich ab, spie aber dem ‚Großen Mund‘ dabei ins Gesicht und entfernte sich. Nach dem Eindruck, den das Verhalten des grimmigen Häuptlings auf den Yuma gemacht haben mußte, hielt ich es für an der Zeit, letzterem das Sprechen zu erlauben. Darum sagte ich:
„Du darfst jetzt wieder reden. Du weißt nun, daß der Krieger der Mimbrenjos mehr sind, als du Yumas bei dir hattest. Ich habe dir gezeigt, welche Stellung sie einnehmen; alle ihre Gewehre sind schußbereit. Viele deiner Leute werden gleich bei der ersten Salve sterben, und die übrigen können sich nur dadurch retten, daß sie sich ergeben.“
„Sie werden sich durchschlagen!“
„Durch die Maschen dieses engen Netzes? Das glaubst du selbst nicht!“
„Ich bin überzeugt davon. Wenn sie plötzlich und unerwartet auf ihren Pferden im Galopp hervor- und hindurchbrechen, werden wohl einige von euren Kugeln getroffen werden, die anderen aber entkommen.“
„Auf ihren Pferden? Wo haben sie denn diese?“
„Dort“, antwortete er, nach der Gegend, in welcher man beim Schein des Mondes die Tiere weiden sah, hinüberdeutend.
„Dort, ja dort! Wo aber ist eurer Lager? Hast du denn nicht schon unterwegs bemerkt, daß eure Pferde mit List entfernt worden sind?“
„Uff!“ rief er betroffen aus, da er diese Bemerkung wirklich jetzt erst machte.
„Sieh hinüber und überzeuge dich, daß unsere Krieger zwischen deinen Yumas und deren Pferden liegen! Mit deiner Hoffnung, daß die Eingeschlossenen doch unsere Reihen sprengen werden, ist es also nichts.“
Er blickte schweigend zu Boden nieder, und ich hütete mich wohl, den Eindruck meiner Worte durch eine nicht notwendige Bemerkung abzuschwächen. Es verging eine Weile; dann hob er den Kopf und sagte:
„Wenn die Mimbrenjos wirklich sofort schießen, so ist das Mord, denn meine Krieger sind ganz ahnungslos.“
„Hast du nicht die Dörfer der Mimbrenjos überfallen und zerstört? Sie wußten nichts von eurem Raubzug; sie waren ahnungslos. Hast du nicht die beiden Söhne und die Tochter des ‚Starken Büffels‘ töten wollen? Sie wußten nicht, daß du dich in dem Tal befandest; sie waren ahnungslos. Hast du nicht die Hazienda del Arroyo überfallen, ausgeraubt, eingeäschert und dabei mehrere Bewohner derselben ermorden lassen? Sie wußten nichts von eurer Annäherung; sie waren ahnungslos. Die Ahnungslosigkeit ist bei dir kein Grund zur Schonung, folglich nun bei mir auch nicht.“
Er schwieg. Was hätte er mir auch entgegnen können! Ich aber fügte noch hinzu, um ihn ganz niederzudrücken:
„Was ihr verübtet, das war, vom Raub ganz abgesehen, der reine Mord; aber wenn wir euch töten, so ist es nicht Mord, nicht einmal Totschlag, sondern eine ganz gerechte Belohnung oder Bestrafung eurer Missetaten. Kannst du vielleicht ein einziges Wort dagegen vorbringen?“
Er sagte nichts, und so schwieg auch ich. Der Mond stand jetzt im Zenit und übergoß auch das Lager der Yumas mit silbernem Licht. Man sah von da aus, wo wir standen, ihre Gestalten liegen. Der Häuptling blickte mit ängstlich forschenden Augen bald nach rechts, nach links, bald geradeaus. Er strengte alle seine Gedanken an, einen Ausweg zu finden; er forschte nach, ob es eine Rettung für ihn und seine Leute gebe; ich unterbrach sein Grübeln nicht, denn dieses mußte ihn dahinführen, wohin ich ihn haben wollte. Da sah ich, daß er plötzlich den Kopf höher streckte.
„Uff! Jetzt, jetzt!“ rief er aus.
Ich folgte mit meinem Blick der Richtung seiner Augen, welche nach dem Lager ging, und sah, daß dort ein Yuma aufgestanden war und sich umschaute. Er sah die Pferde nicht da, wo sie sich eigentlich befinden sollten, sondern weit entfernt. Er sah auch unsere Pferde. Obgleich dieselben einzeln standen und einen Halbkreis bildeten, dessen Regelmäßigkeit auffallen mußte, schien er doch keinen Verdacht zu schöpfen, sondern sie für Yumapferde zu halten, denn er weckte niemand, sondern verließ das Lager nach der Richtung hin, wo sich der größte Trupp der Pferde jetzt befand. Er glaubte die beiden Wächter dort und wollte sie auf ihre Achtlosigkeit aufmerksam machen.
„Er ist verloren!“ stieß der Häuptling hervor.
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