37 - Satan und Ischariot I
viele Mimbrenjos, als wir zur Überwältigung der Gegner brauchen, mitgehen, oder hält er es für besser, daß ich mich erst einmal allein anschleiche, um zu erfahren, wie wir den Überfall am besten vorzunehmen haben?“
„Das letztere wird das bessere sein. Mein Bruder Winnetou mag erst auf Kundschaft gehen. Wie weit ist die Felsenquelle von hier entfernt?“
„In einer Viertelstunde bin ich dort und kann also in einer ganzen Stunde recht gut wieder zurück sein.“
Er stieg vom Pferd, übergab mir seine Silberbüchse und verschwand in der Dunkelheit. Wir anderen stiegen natürlich ab, nahmen die Gefangenen von den Pferden und legten sie nebeneinander, weil sie so besser beaufsichtigt werden konnten. Als ich mich niedergesetzt hatte, kam der Jurisconsulto zu mir und sagte:
„Ich habe bemerkt, daß der Apache fort ist. Wohin ist er gegangen, Señor?“
„Nach der Fuente.“
„Was will er dort?“
„Er will sich an die Yumas schleichen, um zu erfahren, wie wir sie zu fassen haben.“
„Das ist doch überflüssig! Wenn wir gleich hingeritten wären, so hätten wir sie doch sicher überrumpelt; so aber befürchte ich, daß sie ihn bemerken und uns entwischen.“
„Ihre Befürchtung ist vollständig überflüssig. Sie werden ihn ebensowenig bemerken, wie die Mitternacht den Mittag zu sehen bekommt.“
„Wer hat denn bestimmt, daß er vorangehen soll?“
„Er und ich natürlich.“
„Das finde ich weniger natürlich, Señor. Er ist ein Indianer, der nichts gilt; Sie sind zwar ein Weißer, aber fremd hierzulande. Dagegen bin ich ein Vertreter der hiesigen Obrigkeit und muß, wenn es sich um die Ergreifung von roten Verbrechern handelt, verlangen, daß nichts ohne mein Wissen und meine Genehmigung unternommen wird. Sie hätten mich also vorher fragen sollen!“
„Meinen Sie? Da passen wir freilich nicht gut zusammen, denn ich pflege zu handeln, ohne viel zu fragen.“
„Das bitte ich, zu ändern! Ich ersuche Sie sehr, immer an meine Würde zu denken und mich nicht nur um Rat, sondern, wie es ganz selbstverständlich ist, um meine Erlaubnis zu fragen, ehe Sie eine Bestimmung treffen, welche von Amts wegen von mir und nicht von einem anderen auszugehen hat!“
„Hm! Sie führen da eine sonderbare Sprache, Señor. Ihr Amt geht, trotzdem sie sich in Uniform befinden, mich ganz und gar nichts an. Was Ihre Würde betrifft, so habe ich von derselben keine Spur bemerkt, als Sie als Gefangener und halb Verlorener am Baum hingen. Sie werden unserer Hilfe bedürfen, nicht aber wir Ihrer Befehle. Das klügste, was Sie tun können, ist schweigen. Da haben Sie meine Antwort!“
„Mit welcher ich mich unmöglich beruhigen kann, Señor! Wenn Sie sich einbilden, unser Kommandant zu sein, so – – –“
„Schweigen Sie!“ unterbrach ich ihn in strengem Ton. „Ich bilde mir allerdings ein, nebst Winnetou hier Kommandant zu sein. Ist Ihnen das nicht recht, so kehren Sie gefälligst um und reiten Sie dorthin zurück, woher Sie gekommen sind! Sie meinen, sich mit meiner Entscheidung nicht beruhigen zu können? Wenn Sie sich nicht augenblicklich auf die Schöße Ihrer Uniform setzen und still verhalten, laß ich Sie binden. Dann können Sie, wenn wir fort sind, Befehle erteilen soviel sie wollen und an wen Ihnen beliebt!“
Das wirkte. Er ging zu seinem Haziendero und setzte sich bei ihm nieder. Sich jetzt noch laut zu widersetzen, das wagte er nicht, doch hörte ich ihn mißmutig vor sich hin brummen. Dieses Vergnügen konnte ich ihm gönnen.
Es währte nicht so lange, wie Winnetou angenommen hatte. Noch waren nicht drei Viertelstunden vergangen, so kehrte er zurück und meldete:
„Es sitzen vierzehn Yumas an der Quelle; zwanzig sind es gewesen; fünf und den ‚Schnellen Fisch‘ haben wir ergriffen, folglich sind sie alle beisammen.“
„Wird ihr Ergreifen leicht oder schwer sein?“
„Leicht. Sie dünken sich sicher und haben ihre Waffen zur Seite liegen. Die Pferde weiden abwärts von dem Quell am Wasser.“
„So müssen wir an ihnen aufwärts vorüber. Werden sie uns nicht wittern?“
„Nein, denn die Luft steht in dem Tälchen still, und wir gehen am anderen Ufer. Ich werde euch so führen, daß wir sie einschließen, ohne daß sie es bemerken.“
Wir suchten uns fünfundzwanzig Mimbrenjos aus, welche ihre Gewehre mitzunehmen hatten, da die Yumas mit den Kolben niedergeschlagen werden sollten. Die übrigen blieben mit den jungen Häuptlingssöhnen und unseren famosen weißen
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