37 - Satan und Ischariot I
einen Umweg, bis wir den Waldrand erreichen, und schleichen uns dann an demselben bis zum Posten hin. Aber ich mache Euch darauf aufmerksam, daß der leiseste Versuch eines Verrats Euch sofort eine Kugel oder einen Messerstich einbringen würde!“
„Kommt mir nun doch nicht immerfort wieder mit Euern Drohungen! Ihr habt keinen Grund mehr dazu. Ich habe mir vorgenommen, mein Leben dadurch zu retten, daß ich Euch treu diene, und müßte ein Dummkopf sein, wenn es mir einfallen könnte, es durch Falschheit noch mehr in Gefahr zu bringen, als es vorher auf dem Spiel gestanden hat!“
Ich suchte mir zu dem Yumatöter und seinem Bruder noch sechs oder sieben Mimbrenjos aus, mit denen ich den Streich ausführen wollte. Nachdem ich Winnetou gebeten hatte, in dem bisherigen Schritt weiterreiten zu lassen, wendeten wir uns im Galopp nach Süden ab. Konnten wir den beabsichtigten Umweg nicht auch nach Norden machen? Allerdings; aber dann hätten wir später beim Anschleichen, wobei wir die südliche Richtung einhalten mußten, die Sonne seitlich vor uns gehabt; so wie wir aber jetzt ritten, bekamen wir sie in den Rücken und konnten nicht geblendet werden. Es gibt eben bei solchen Erlebnissen so vieles zu bedenken und zu berücksichtigen, wovon ein Laie keine Ahnung hat.
Wir jagten also eine tüchtige Strecke über die Sehweite eines scharfen Auges südwärts und wendeten uns dann wieder gerade nach Osten. Nach einer Stunde erblickten wir in der Ferne den Wald und hielten auf denselben zu. Dabei fragte ich den Player:
„Sind wir denn von unserer eigentlichen Marschrichtung weit genug entfernt, so daß die Yumas uns nicht sehen können?“
„Ja. Seht dort die dunkle Bergkuppe, welche hinter dem Wald aufsteigt! Sie dient mir als Marke. Ich weiß genau, wo wir uns befinden. Ihr habt vom Anschleichen gesprochen. Was tun wir während der Zeit mit den Pferden?“
„Die lassen wir an einer sicheren Stelle zurück. Es fragt sich nur, wie lange wir noch im Sattel bleiben dürfen.“
„Wenn wir den Yumas so nahe gekommen sind, daß ich befürchten muß, zu Pferd gesehen zu werden, dann sage ich es Euch.“
Wir kamen bald an den Wald und ritten nun nordwärts. Dabei stießen wir auf die Fährte eines einzelnen Reiters, welche so frisch war, daß ich annehmen mußte, ihn ganz nahe vor uns zu haben. Und richtig, als wir um eine Biegung des Gebüschs kamen, sahen wir ihn reiten. Es war ein Indianer, welcher ein erlegtes Wild hinter sich aufgebunden hatte. Er ritt im langsamen Schritt, hielt aber dabei den Kopf in so eigentümlicher Weise zur Seite, daß ich annahm, er halte seine ganze Aufmerksamkeit nach rückwärts gerichtet. Der Mann mußte uns gesehen haben, stellte sich aber unbefangen, um abzuwarten, wie wir uns verhalten würden. An Feindseligkeit dachte er wohl schwerlich. Meine Indianer hielt er sehr wahrscheinlich für Yumas und uns zwei Weiße für Verbündete Meltons. Daß er nicht anhielt, um uns zu erwarten, hatte wohl keinen besondern Zweck, sondern lag einfach in der eigenen Art und Weise, in welcher die Roten zu handeln pflegen. Ich durfte ihn nicht weiterreiten lassen, mußte aber auch dafür sorgen, daß er nicht zu früh entdeckte, daß die vermeintlichen Yumas feindliche Mimbrenjos seien. Darum mußten meine Begleiter eine langsame Gangart annehmen, und ich jagte ihm allein in voller Karriere nach.
Da hielt er an, wendete sich um, griff nach seinem Bogen und legte einen Pfeil auf mich an. Ich parierte mein Pferd bei dieser Drohung nicht, sondern winkte nur abwehrend und rief dabei die beiden, ihm sehr wohlbekannten Namen Melton und ‚Großer Mund‘ zu. Der erstere war nach unseren Begriffen sein jetziger Arbeitgeber und der letztere sein oberster Häuptling; er mußte mich für einen Freund oder wenigstens für einen guten Bekannten derselben halten und senkte Bogen und Pfeil. Ich begrüßte ihn indianisch, indem ich mein Pferd im vollen Jagen drei Schritte vor ihm parierte und ihn dann fragte:
„Hat mein Bruder eine gute Jagd gemacht? Die vier Yumakrieger, zu denen er will, werden Hunger haben.“
„Die Jagd war ergiebig, wie mein weißer Bruder sieht“, antwortete er. „Wird er mir sagen, woher er kommt?“
„Von der Hazienda del Arroyo. Ich habe dich von dem ‚Schnellen Fisch‘ zu grüßen, welcher mit seinen Kriegern an der Quelle des Felsens liegt. Ist der Posten, zu welchem du gehörst, vollzählig vorhanden?“
„Ja.“
„Und wie steht es droben in Almadén? Befinden sich deine
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