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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Den Titel Señor führe ich. Ich bin nämlich Señor Adolfo, der Majordomus dieser Hazienda. Es ist mir alles Untertan.“
    „Auch der Haziendero?“
    Er wußte nicht gleich, wie er antworten sollte, warf mir einen vernichtend sein sollenden Blick zu und sagte:
    „Ich bin seine rechte Hand, der Ausfluß seiner Gedanken und die Verkörperung seiner Wünsche. Also er ist Don und ich bin Señor. Verstanden?“
    Ich gestehe, daß ich große Lust verspürte, grob zu werden; aber die Rücksicht auf die Verhältnisse und meine alte Gutmütigkeit veranlaßten mich zu den im höflichsten Ton gesprochen Worten:
    „Ganz wie Sie befehlen, Señor. Wollen Sie also die Güte haben, mir mitzuteilen, ob Don Timoteo zu Hause ist?“
    „Er ist da!“
    „Und also wohl auch zu sprechen?“
    „Nein; für solche Leute nicht. Wenn du eine Bitte hast, so bin ich allein der Mann, dem du sie vorzutragen hast. Sage mir also endlich, was du willst.“
    „Ich bitte für diese Nacht um ein Obdach für mich und die drei indianischen Geschwister, mit denen ich gekommen bin.“
    „Obdach? Wohl gar auch Essen und Trinken? Das fehlte noch! Da draußen, jenseits der Grenzen der Hazienda, gibt es Platz genug für solches Gesindel; macht euch schleunigst fort, und zwar nicht nur aus den Mauern hinaus, sondern auch über unsere Grenze hinüber! Ich werde einem Hirten befehlen, euch zu folgen und euch augenblicklich niederzuschießen, wenn ihr Miene macht, euch diese Nacht innerhalb unserer Besitzung aufzuhalten!“
    „Das ist hart, Señor! Bedenken Sie, daß in wenigen Minuten der Abend hereinbrechen wird und wir dann – – –“
    „Schweig!“ unterbrach er mich. „Du bist zwar ein Weißer, aber man sieht dir doch augenblicklich an, welch ein Subjekt du bist. Und nun gar die Roten! Unsere Hazienda ist keine Herberge für Räuberbanden!“
    „Gut, ich gehe, Señor. Ich habe noch gar nicht gewußt, daß ich so ein Spitzbubengesicht besitze, und Señor Melton, welcher mir die Stelle des Tenedor de libros auf dieser Hazienda zugesagt hat, ist wohl schwerlich der Meinung gewesen, daß dieses Engagement für Sie so gefährlich ist.“
    Ich drehte mich um und schritt langsam über die Brücke zurück. Da rief er mir nach:
    „Señor Melton? Tenedor de libros! Um des Himmels willen, wo wollen Sie denn hin? Bleiben Sie doch! Kommen Sie – kommen Sie!“
    Und als ich dieser Aufforderung nicht Folge leistete, sondern weiterging, kam er mir nachgesprungen, ergriff meinen Arm, hielt mich fest und versicherte mir:
    „Wenn Señor Melton Sie schickt, so darf ich Sie nicht fortlassen. Sie geben wohl zu, daß Ihr Anzug kein Vertrauen erwecken kann, und wenn Sie sich nur einmal genau im Spiegel betrachten wollten, so würden Sie unbedingt einsehen, daß Ihr Gesicht sehr verschieden von demjenigen eines ehrlichen Menschen ist; doch Kleider sind zuweilen nicht maßgebend, und es mag ja auch einmal vorkommen, daß ein Mann mit einem Diebesgesicht noch nicht gestohlen hat. Und wenn dazu noch der Umstand kommt, daß sie von Señor Melton geschickt worden sind, so stellt sich möglicherweise doch noch heraus, daß Sie eine Person sind, vor welcher man sich nicht zu hüten braucht. Also bleiben Sie, bleiben Sie!“
    Was sollte ich von diesem Majordomus denken? War er närrisch? Hatte er, wie man sich auszudrücken pflegt, einen Klaps? Es widerstand mir, dies anzunehmen. Der Ausdruck seines Gesichtes war ein so verschlagener und der Blick seiner kleinen Augen ein so tückisch-listiger, daß es sich nicht bloß um eine kleine, unschädliche Manie handeln konnte. Dennoch machte ich keine Bemerkung darüber, daß er mich Du genannt hatte und jede seiner Bemerkungen eine Beleidigung für mich sein mußte, und fragte so höflich wie bisher:
    „Erstreckt sich die Einladung auch mit auf meine Begleiter?“
    „Diese Frage kann ich noch nicht beantworten, da ich mich vorher bei Don Timoteo erkundigen muß.“
    „Ich denke, dessen bedarf es nicht, da nach Ihren eigenen Worten nur Sie es sind, an den man sich in dieser Angelegenheit zu wenden hat!“
    „Ja, wenn es sich um eine Abweisung handelt, und ich habe Sie ja abgewiesen. Nun ich Sie aber aufgefordert habe, zu bleiben, und Sie verlangen, daß wir auch die Roten hierbehalten, muß ich doch vorher mit Don Timoteo sprechen. Warten Sie hier! Ich werde Ihnen in kurzer Zeit Bescheid sagen.“
    Da ich mit ihm wieder zurückgegangen war, befanden wir uns jetzt wieder vor der Tür. Er wollte eintreten, und ich sollte

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