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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Händen fallen und bückte mich nieder, um es aufzuheben, wozu ich mich der linken Hand bediente. Während ich mit vollster Sicherheit annehmen konnte, daß dabei die Augen aller auf das Fleisch und meine Linke gerichtet war, fuhr ich mit der Rechten unter die Weste, indem ich antwortete:
    „Schneller? Gut, so soll es sofort geschehen. Paß auf!“
    Bei diesen beiden letzten Worten hatte ich auch schon die scharfe Messerklinge zwischen den Füßen an den Riemen; ein Schnitt – ich sprang empor, setzte dem Häuptling meinen rechten Fuß auf die Achsel, sprang über ihn hinweg und rannte fort, der Schlucht entgegen. Ich muß sagen, daß ich, als meine Füße nach dem Sprung über des Häuptlings Kopf hinweg den Boden berührten, beinahe zusammenstauchte; aber ich mußte weiter, und so ging es auch, denn was man muß, das kann man auch. Indem ich in weiten Sätzen über das Gras flog, herrschte hinter mir zunächst die tiefe Stille, die Stille der Überraschung, des Schreckens; man war eben starr und stumm, als das für unmöglich Gehaltene so plötzlich Wahrheit wurde; dann aber – ich war vielleicht hundert Schritt weit gekommen – löste sich der Bann, und es erschallte ein Geheul, als ob tausend Teufel hinter mir ihre Stimmen erhöben. Ich sah mich natürlich nicht um und rannte weiter; alle meine Kräfte mußte ich gleich jetzt anstrengen, um das Pferd zu erreichen. In meinem Zustand hätte ich einen Dauerlauf nicht zwei Minuten lang ausgehalten.
    Da sah ich meinen Mimbrenjo hinter dem Felsen hervortreten. Er hatte sein Gewehr in der Rechten und hielt mir mit der Linken meinen Stutzen entgegen. Er blieb nicht etwa wartend stehen, sondern kam auf mich zugerannt. Noch ehe wir zusammentrafen, rief ich ihm entgegen: „Sind die Pferde gleich hier, hinter der Ecke?“
    „Nein, hinter der ersten Krümmung.“
    „Wieviel Schritt?“
    „Hundertmal fünf.“
    Oh weh! Noch fünfhundert Schritt konnte ich mit meinen eingeschlafenen Füßen nicht tun, ohne erreicht zu werden; also mußte Blut mich retten, Indianerblut! Das war eine jener Lagen, in denen ich so gern geschont hätte und doch nicht schonen durfte. Ich riß im Laufen dem Knaben den Stutzen aus der Hand, betastete das Schloß, fand es in Ordnung und fühlte mich infolgedessen so sicher, daß ich stehenblieb und mich nach den Verfolgern umwandte. Ich nahm als sicher an, daß sie sich nicht die Zeit gegönnt hatten, ihre Schießwaffen mitzunehmen, und fand dies bestätigt. Sie kamen schreiend und mit den Armen in der Luft fechtend in einem wirren Haufen hinter mir hergerannt, voran meine Wächter mit dem Häuptling.
    „Zurück, ich schieße!“ rief ich ihnen entgegen.
    Ich stand auf meinen geschwächten Füßen nicht so recht fest, glaubte aber, dennoch sicher schießen zu können, und legte an. Die Yumas beachteten meine Rufe nicht und kamen heran bis auf hundert Schritt; zwei Schüsse von mir; neunzig Schritt wieder zwei; achtzig, siebzig, sechzig Schritt je zwei Schüsse; das waren zehn Kugeln, von denen jede in das Hüftgelenk eines Verfolgers fuhr; die Getroffenen stürzten augenblicklich nieder. Die anderen sahen das und wurden stutzig.
    „Zurück!“ rief ich abermals. „Ich schieße euch alle nieder!“
    Noch zwei Kugeln, welche fest saßen! Der wackere Mimbrenjo war bei mir stehengeblieben und schoß auch; ich machte nur unschädlich; seine Kugel aber galt dem Tod. Die Verfolger blieben halten; sie wagten sich nicht weiter. Viele rannten zurück, um ihre Flinten zu holen. Einer aber rannte blind vor Grimm weiter, auf mich los – der Häuptling. Er schrie vor Wut wie ein wildes Tier und schwang sein Messer, die einzige Waffe, welche er augenblicklich besaß, in der Linken, denn die Rechte hatte ich, wie man sich entsinnen wird, ihm verwundet. Es war ein Unsinn von ihm, mir in dieser Weise nachzustürmen, eine Unvorsichtigkeit, welche nur durch die ungeheure Erregung, in welcher er sich befand, zwar nicht entschuldigt, aber doch wenigstens erklärt werden kann. Es war klar, daß sein Leben mir gehörte; ich wollte es nicht haben. Ich hatte ihn schon um den Gebrauch der rechten Hand gebracht, er sollte die linke behalten; darum entschloß ich mich für einen Hieb auf den Kopf. Das Messer hoch zum Stoß erhoben, kam er heran; in dem Augenblick, in welchem seine Klinge nach mir fuhr, sprang ich zur Seite und schwang den schnell umgekehrten Stutzen; sein Stoß ging in die Luft; mein Kolbenhieb aber warf ihn nieder, und zwar in der Weise, daß

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