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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er liegenblieb.
    Seine Leute, welche das sahen, schrien in allen Tonarten und Tonlagen auf, denn sie nahmen an, daß ich den Häuptling nur niedergeschlagen hätte, um ihm dann das Leben zu nehmen. Diejenigen von ihnen, welche nach ihren Gewehren gelaufen waren, kehrten schon zurück. Andere, welche weiter sahen, rannten nach den Pferden. Unseres Bleibens war also nicht länger. Wir eilten der Schlucht zu und liefen, als wir in derselben angekommen waren, weiter, um die Pferde zu erreichen. Der Knabe war natürlich schneller als ich und mir voran. Als ich dreihundert von den fünfhundert Schritten zurückgelegt hatte, verschwand er schon hinter der Schluchtkrümmung, um gleich darauf wieder zu erscheinen, auf seinem Pferd sitzend und das meinige am Zügel führend. Er sprengte mir entgegen und hielt; ich schwang mich auf, eben als die ersten mit Gewehren bewaffneten Yumas erschienen. Sie schossen in der Eile aber fehl. Wir rissen unsere Pferde herum und jagten fort, in die Schlucht hinein, den Weg zurück, den wir am Vormittag gekommen waren.
    Ich war also frei – denn daß die Yumas mich wieder bekamen, das war von jetzt an wohl so gut wie ausgeschlossen –, konnte aber zunächst nicht an mich, sondern mußte an anderes denken. Der Haziendero war ruiniert und mußte wenigstens seine Herden wiederbekommen. Das konnte nur dann geschehen, wenn die Mimbrenjos, welche ich erwartete, Zeit fanden, sie den Yumas wieder abzunehmen. Leider wußte ich nicht, und auch der Knabe konnte nicht genau sagen, wo die letzteren gegenwärtig ihre Wigwams oder Weidegründe hatten. Da wir nach vier Tagen gerastet hatten und der Rasttag wohl in die Mitte der Zeit fiel, so war anzunehmen, daß die Yumas noch vier weitere Tage brauchten, um heimzukommen. Das war für uns und die Mimbrenjos zu kurz, sie zu erreichen. Aber gab es denn kein Mittel, die Yumas unterwegs aufzuhalten? O doch, und zwar ein sehr probates, welches sehr nahe lag und noch dazu ganz in meine Hand gegeben war. Dieses Mittel war nichts anderes, oder vielmehr bestand aus niemand anderem als aus – mir selbst. Ich mußte sie verlocken, mir so weit wie möglich zu folgen.
    Es lag nahe, daß sie alles mögliche anstrengten, meiner wieder habhaft zu werden, erstens schon aus dem Grund, weil sie den Tod des ‚Kleinen Munds‘ an mir zu rächen hatten. Der zweite Grund lag in der beschämenden Art und Weise, in welcher ich ihnen entkommen war. Sie hatten mich so fest gehabt, hatten meiner gespottet, hatten mir, obgleich ich von fast hundert Kriegern umgeben gewesen war, noch fünf Wächter gegeben; ich hatte ihnen, ihrem Häuptling sogar offen gesagt, daß ich fliehen würde, und hatte dies auch ausgeführt, nicht etwa in der Nacht, im Schutz der Dunkelheit, sondern am hellen Tag. Dabei waren zwölf Krieger von mir für das ganze Leben gelähmt und zwei weitere von dem Mimbrenjoknaben gar erschossen worden. Welch eine Schande, nicht bloß für die Betreffenden, sondern für den ganzen Stamm! Eine Schande, welche nur durch meine Wiederergreifung und meinen Tod einigermaßen gesühnt werden konnte!
    Aus allen diesen Gründen nahm ich an, daß man mich sehr eifrig verfolgen würde, und zwar in nicht geringer Anzahl. Hatten hundert mich nicht zu halten vermocht, wieviel Personen waren da wohl nötig, mich wieder zu fassen? Mehr jedenfalls! Und diese gab es nicht; es waren im Gegenteil vierzehn weniger geworden. Die zwölf Verletzten mußten gepflegt werden; sie waren schwerlich imstande, den Zug fortzusetzen, denn eine Kugel in der Hüfte ist ein lebensgefährliches Ding. Woher wollte man da Leute nehmen, die Herden weiter zu transportieren?
    Wenn ich mir das alles überlegte, so kam ich zu dem Resultat, daß der ‚Große Mund‘, sobald er aus seiner Betäubung erwacht war, folgende Bestimmungen getroffen habe: Die Herden müssen einstweilen an Ort und Stelle bleiben, wo sie genug Gras zur Nahrung haben. Auch die Verwundeten blieben da liegen und bei ihnen so viele Krieger, als zur Bewachung der Tiere und Pflege der Menschen unumgänglich nötig sind. Die anderen aber müssen alle fort, um Old Shatterhand wieder zu ergreifen und die Ehre des Stammes wiederherzustellen. So war es also wahrscheinlich, daß ich vierzig oder fünfzig Verfolger hinter mir hatte, deren Eifer um so größer was, als sie nun nicht nur das frühere, sondern auch das heute Geschehene zu rächen hatten.
    Ich hätten ihnen leicht und sofort entkommen können, wenn ich nach rechts oder links ausgebrochen

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