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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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müssen selbst handeln.“
    „Also nach Tunis?“
    „Ja. Den jungen Melton haben wir schon in Alexandrien in der Hand, und seinen Vater werden wir, denke ich, ebenso leicht bekommen.“
    „Aber klug müssen wir sein!“
    „Was das betrifft, so meine ich nicht, daß es großer Pfiffigkeit bedarf. Es ist nichts weiter als ein wenig Energie notwendig.“
    „Aber ohne Unterstützung der tunesischen Behörde können wir doch nichts tun!“
    „Die wird mir gern jeden Gefallen erweisen, den ich mir von ihr erbitte.“
    „Ah“, lächelte er, „du hast wohl mit Mohammed es Sadok Pascha, dem Gebieter von Tunesien, Brüderschaft getrunken?“
    „Das nicht. Aber was noch besser ist, ich kenne seinen ‚Herrn der Heerscharen‘ sehr gut.“
    „Herr der Heerscharen? Was für ein Titel ist das?“
    „Mein Freund Krüger-Bei wird so genannt, weil er der oberste der Leibwache oder Leibscharen ist.“
    „Krüger? Das ist doch kein tunesischer, sondern ein deutscher Name!“
    „Krüger ist auch ein Deutscher von Geburt. Er hat eine Vergangenheit hinter sich, wie sie kein Romanschreiber sich phantastischer aussinnen könnte. Er ist eben das, was ich so oft behaupte: das Leben ist der fruchtbarste Romanschriftsteller, den es gibt. Von Krüger selbst ist zwar über sein früheres Leben soviel wie nichts zu erfahren, aber ich glaube, daß er aus der Mark Brandenburg stammt und wahrscheinlich Brauerbursche oder so etwas Ähnliches gewesen ist. Auf der Wanderschaft nach Frankreich verschlagen, hat er sich in die Fremdenlegion anwerben lassen, ist in Algerien desertiert, über die tunesische Grenze entwichen und dort Sklave geworden. Infolge seiner Anstelligkeit steckte man ihn später unter das Militär; er hielt aus, avancierte, kam zur Leibwache und hat es schließlich bis zum Obersten derselben gebracht. Mohammed es Sadok Pascha schenkt ihm sein ganzes Vertrauen.“
    „So ist er also ein guter Soldat?“
    „Ein tüchtiger Soldat, ein treuer Beamter und ein guter Mensch. Leider ist er Mohammedaner geworden! Er hängt noch mit großer Liebe an seinem Vaterland, mag aber von dem einzelnen Deutschen nichts wissen. Mit mir hat er eine Ausnahme gemacht und mir die beiden Male, an denen ich bei ihm war, eine wirkliche herzliche Zuneigung erwiesen. Wenn du ihn kennenlernst, wirst du ihn auch achten lernen und doch auch vielen Spaß über ihn haben.“
    „Wieso?“
    „Er hat die Eigenart, seinen jetzigen Glauben mit seinem früheren zu verquicken, Bibel und Koran zu verwechseln und dabei allerlei Lächerlichkeiten an den Tag zu fördern. Das größte Meisterstück von ihm aber ist sein Deutsch. Da du der deutschen Sprache mächtig bist, wirst du die helle Freude an ihm erleben. Er hat nur den allernotdürftigsten Schulunterricht genossen und als Brandenburger schon als Kind mit dem Mir und Mich im Streit gestanden. In Frankreich eignete er sich einen kleinen Vorrat an Französisch an, und in Algier und Tunesien lernte er mit der Zeit arabisch sprechen. Da aber sein Sprachtalent bei weitem nicht ausreicht, die drei Sprachen auseinanderzuhalten und er besonders die Verschiedenheiten des Satzbaues nicht zu begreifen vermag, so leistet er in der Syntax geradezu Unglaubliches. Arabisch hört er täglich sprechen und spricht es selber täglich; dies ist der Grund, daß er in dieser Sprache nicht nur die wenigsten Böcke schießt, sondern sich sogar eine außerordentlich bilderreiche, orientalische Ausdrucksweise angewöhnt hat. Deutsch hat er nur in der Jugend, und da auch nur im Dialekt und fehlerhaft gesprochen, später gar nicht mehr; daher ist diese seine Muttersprache am schlechtesten weggekommen. Das gibt ungeheuren Spaß, kann aber unter Umständen, gerade wenn es gilt, kurz und klar zu sprechen, zum Beispiel in der Nähe einer Gefahr, von großem Nachteil sein.“
    „Diesem Krüger-Bei oder – hm, wie nanntest du ihn?“
    „Herr der Heerscharen. So nennt er sich nämlich auch selbst, arabisch Raijis el Dschijusch. Sobald wir uns an die Behörde zu wenden haben, was höchstwahrscheinlich der Fall sein wird, werde ich mir seine Hilfe erbitten. Ich habe sogar die Absicht, ihn schon vorher aufzusuchen, und bin überzeugt, daß er sich darüber freuen wird.“
    „Willst du ihm vielleicht gleich den vermeintlichen Hunter übergeben?“
    „Das wird wohl nicht nötig sein.“
    „Vielleicht doch. Wenn dieser Mensch unsere Absichten durchschaut, wird er uns zu entkommen trachten. In diesem Fall müssen wir ihn in das Gefängnis

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