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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu entdecken, was unseren Verdacht hätte bestätigen können. Er zeigte sich frei, offen und ohne alle Spur irgendeiner Unsicherheit oder gar Bangigkeit, wie man sie bei einem Menschen, welcher auf unsicherem Boden steht, zu erwarten pflegt. Wir hatten uns entweder in ihm geirrt oder er war trotz seiner Jugend schon ein vollständig klargeriebener Gauner.
    Der Dampfer, den wir bestiegen, kam von den Palästinahäfen und wollte von Alexandrien aus über Tunis und Algier nach Marseille zurück. Als wir vier Personen an Bord kamen, trat uns der Kapitän sogleich mit der Bemerkung entgegen:
    „Das Schiff ist kein Passagierschiff, Messieurs. Sie müssen sich also wieder zurückbemühen.“
    Jetzt mußte es sich zeigen, ob der Kapitän benachrichtigt worden war, und es zeigte sich auch, denn Hunter antwortete:
    „Nehmen Sie auch keinen Passagier mit, der Hunter heißt?“
    „Hunter? Sind Sie dieser Herr?“
    „Ja.“
    „Dann dürfen Sie allerdings mitfahren, denn ich bin von Kalaf Ben Urik avisiert worden. Aber ich weiß nur von Ihnen, nicht aber auch von anderen Passagieren.“
    „Diese drei Herren sind Freunde von mir, von denen Kalaf Ben Urik nicht gewußt hat, daß Sie sich mir anschließen würden. Wir würden Ihnen dankbar sein, wenn Sie auch für sie noch Plätze ermöglichten.“
    „Da muß ich mich selbst und den ersten Offizier einschränken, denn ich bin nur auf Sie vorbereitet. Doch will ich dieses Mal Kalaf Ben Urik zuliebe eine Ausnahme machen und die Herren auch aufnehmen.“
    Der französische Kapitän fühlte sich also dem tunesischen Hauptmann verbunden. Es schien, daß der letztere Verbindungen hegte, welche seinen Militärstand nichts angingen, und vielleicht nebenbei allerlei heimliche Geschäfte betrieb, welche die Öffentlichkeit scheuten. Denn auf welche andere Weise hätte der Führer eines Handelsfahrzeuges dem Offizier anders zur Dankbarkeit verpflichtet sein können? Dieser Umstand bestärkte mich in der vorgefaßten Meinung, welche ich über Kalaf Ben Urik hegte, und die Folge war, daß ich mich durch das scheinbar ehrliche und rechtliche Wesen Hunters nun erst recht nicht irre machen ließ.
    Wir vier Personen bekamen zwei kleine Kajüten angewiesen, von denen jede nur Platz für zwei Mann hatte. Da fragte es sich nun, wer Hunter Gesellschaft zu leisten hatte. Einige Worte genügten, uns darüber zu verständigen, daß wir ihm da nicht vorgreifen, sondern ihm die Wahl zwischen uns lassen wollten; seine Entscheidung konnte und sollte uns als Fingerzeig dienen.
    Zunächst wurden unsere Habseligkeiten in die eine Kajüte geschafft; dann machten wir, während das Schiff die Anker lichtete, es uns auf dem Deck bequem. Wir saßen da rauchend unter der Sonnenleinwand beisammen und unterhielten uns über allerlei, wobei ich bemerkte, daß Hunter uns heimlich auszuforschen trachtete. Es schien besonders, da er Emery bereits kannte, seine Absicht zu sein, mich auch kennenzulernen. Ich gab mich so unbefangen wie möglich und war, um ihn zu gewinnen, sehr höflich mit ihm. Es wäre mir lieb gewesen, wenn er mich zu seinem Logisnachbar gewählt hätte, da ich dadurch Gelegenheit finden mußte, ihn genauer zu beobachten.
    Meine Bemühungen schienen aber nicht von Erfolg zu sein, denn ich bemerkte einigemal, daß er, wenn ich ihn plötzlich und unerwartet ansah, sein Auge scharf auf mich gerichtet hielt und den Blick dann schnell von mir wendete. Ich hatte, wie ich genau wußte, nichts an mir, was ihm verdächtig vorkommen konnte; das Mißtrauen, welches er zu empfinden schien, konnte also nur eine Folge seines bösen Gewissens sein.
    Später, als Alexandrien längst hinter uns lag und wir uns auf offener See befanden, trat er zu mir, als ich allein an der Brüstung stand und das Heben und Sinken der Wellen betrachtete. Vorhin hatten wir nur über Allgemeines gesprochen; Persönliches war nicht berührt worden. Jetzt aber war es wohl seine Absicht, sich über mich klar zu machen. Nach einigen einleitenden Fragen und Antworten über gleichgültige Dinge erkundigte er sich:
    „Ich höre, daß Sie aus Indien kommen, Mr. Jones. Waren Sie lange dort?“
    „Nur vier Monate. Geschäfte riefen mich hin.“
    „Sind also wohl nicht engagiert, sondern selbst Besitzer eines Geschäftes?“
    „Ja.“
    „Würden Sie es für unbescheiden halten, wenn ich mich dafür interessiere, welcher Art dieses Geschäft ist?“
    „Ich befasse mich nur mit zwei und zwar sehr profanen Gegenständen: Pelz und Leder“,

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