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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist eigentlich der Begleiter dessen, für den er sich ausgibt.“
    „Das sind mir Rätsel. Erkläre dich!“
    Später konnte er alles vollständig hören; jetzt erzählte ich ihm nur soviel, wie, um ihn zu unterrichten, nötig war. Er hörte mir mit sich immer mehr spannender Aufmerksamkeit zu und zeigte sich, als ich fertig war, mit dem, was er gehört hatte, nicht zufrieden; ich mußte ausführlicher sein und ihm alles erzählen, von meiner damaligen Reise in Mexiko an bis auf den heutigen Tag. Als ich geendet hatte, hätte ein anderer seinen Gedanken oder Empfindungen wohl sofort lauten Ausdruck gegeben, er aber saß lange wortlos da und blickte sinnend vor sich nieder. Dann, als er den Kopf hob, sagte er, indem seine Augen glänzten:
    „Das wird eine hochinteressante Reise nach Tunis, weil du auf einer prächtigen Fährte bist. Mein Master Hunter ist wirklich kein anderer als Jonathan Melton, der Begleiter.“
    „Woraus schließest du das?“
    „Das fragst du noch? Ah, du willst meinen Scharfsinn auf die Probe stellen!“
    „Und weißt du, wer jener Kolarasi, jener tunesische Hauptmann ist?“
    „Thomas Melton, den du vor neun Jahren von Fort Uintah bis nach Fort Edward getrieben hast. Acht Jahre lang ist er in Tunis; es liegt also ein Jahr dazwischen, und das hat für ihn genügt, sich soviel Sprachfertigkeit anzueignen, daß er in das tunesische Militär eintreten konnte. Was meinst du dazu?“
    „Ich bin ganz deiner Ansicht.“
    „Warum läßt dieser Hunter, den ich kenne, seine Briefe an den Juden adressieren und nicht an den Kolarasi, den er doch kennt?“
    „Weil er eben nicht Hunter, sondern Melton ist. Der wirkliche Hunter kennt den Kolarasi nicht; er hat seine Briefe also an einen Geschäftsmann richten lassen, von dem er wußte, daß er ihn in Tunis besuchen müsse. Aber weiter! Warum logiert Hunter in Alexandrien privat und nicht in einem Hotel?“
    „Weil er sich nicht sehen lassen, sondern verborgen bleiben will.“
    „Und warum ist er nach drei Monaten noch in Ägypten, während man hier die Überzeugung hegt, daß er sich in Tunis befindet?“
    „Weil er sich für den echten Hunter ausgibt, der in Wirklichkeit nach Tunis ist.“
    „Nein! Hier in Ägypten hat er sich nicht für diesen ausgeben, sondern verborgen bleiben wollen; daß er deine Bekanntschaft gemacht hat, war von ihm eine Unvorsichtigkeit, welche er wahrscheinlich zu büßen haben wird.“
    „Aber warum ist er hier geblieben? Warum hat er den echten Hunter, dessen Reisebegleiter er war, allein nach Tunis gelassen?“
    „Das kannst du dir nicht erklären?“
    „Wenigstens nicht vollständig.“
    „Ich nehme unbedingt an, daß er den Tod des alten Hunter erfahren hat und dadurch auf den Gedanken gekommen ist, den er aber sehr wahrscheinlich schon früher gehabt hat, der Erbe des Verstorbenen zu werden. Das wird ihm durch den Umstand erleichtert, daß er eine außerordentliche Ähnlichkeit mit dem jungen Hunter besitzt und während des langen Beisammenseins mit diesem die Gelegenheit gefunden hat, die Verhältnisse desselben genau zu studieren. Es ist sogar zu denken, daß er sich Mühe gegeben hat, die Handschrift seines Reisegefährten genau nachzuahmen. Auf die Nachricht von dem Tod des Alten hat er den Jungen unter irgendeinem Vorwand nach Tunis zu dem Kolarasi oder, um den richtigen Namen zu gebrauchen, zu seinem Vater Thomas Melton geschickt, wo derselbe aus dem Weg geschafft werden, also verschwinden soll. Jetzt fährt er nach, um an die Stelle des Verschwundenen zu treten, nach Amerika zu gehen und das Erbe einzuheimsen. Das sind meine Gedanken, und ich glaube nicht, daß sie mich trügen.“
    „Mein Bruder Old Shatterhand hat recht“, stimmte Winnetou bei.
    Und auch Emery meinte:
    „So wie du es darstellst, kann ich nicht anders als dir beipflichten. Aber sollte man so teuflische Pläne für möglich halten?“
    „Denke an Harry Melton, den ich den Satan nenne und von welchem ich dir erzählt habe. Hat er nicht ebensolche und noch schlimmere Pläne erdacht und auch ins Werk gesetzt? Es gibt, Gott sei es geklagt, Menschen, welche nur dem Namen nach Menschen sind, und zu diesen gehören die drei Meltons, Vater, Sohn und Oheim.“
    „Ich bin, wie gesagt, ganz deiner Ansicht. Sollte sie die richtige sein, so ist es unsere Pflicht, den jungen Hunter zu retten, wenn das noch möglich ist. Aber wie?“
    „Durch schnelles Eingreifen. Wir dürfen uns auf keinen anderen, auch nicht auf die Behörde, verlassen, sondern

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