38 - Satan und Ischariot II
Bruder Emery nicht, wie feucht es in dem Spalt ist?“
„Das merke ich freilich.“
„Sind aber etwa die Wände naß?“
„Nein; sie sind trocken. Nur der Boden ist feucht.“
Indem der Engländer dies sagte, hob er eine der Matten auf und befühlte die unter ihr befindliche Stelle.
„Mein Bruder hat den Quell gesehen, der sich draußen befindet?“ fuhr der Apache fort. „Von ihm muß also die Feuchtigkeit kommen. Das Wasser wandert aber nicht in solcher Menge durch den harten Felsen, sondern nur durch Sand. Der Boden der Felsenspalte muß also aus Sand bestehen. Die Spalte geht hoch empor, wie wir sehen; aber sie scheint auch tief in die Erde zu steigen und ist bis zu der Höhe, in welcher wir uns befinden, mit Sand ausgefüllt.“
„So liegt wahrscheinlich der Stein da draußen auch auf Sand und nicht auf Felsen!“ rief da Emery.
„Winnetou vermutet es. Wir werden also graben, bis der Stein sich so weit gesenkt hat, daß wir über ihn hinaus und hinweg können.“
„Wenn wir sein ganzes Fundament unterwühlen wollen“, fiel ich ein, „so stürzt er, während wir unter ihm graben, auf uns und erdrückt uns. Nein, wenn sich die Voraussetzung meines roten Bruders als richtig erweist, so müssen wir ihn stehen lassen, werden uns aber unter ihm hinweg- und hinausgraben. Machen wir zunächst eine Probe!“
Wir schafften die Matten und den Teppich nach dem hintern Teil der Spalte und begannen zu graben. Dazu konnten wir nur die Hände und die Messer nehmen, da wir keine anderen Werkzeuge hatten. Natürlich begannen wir die Arbeit vorn am Eingang, gleich hinter dem Stein. Zu unserer Freude fanden wir grobkörnigen Sand, der mit Steingeröll untermischt war. Wir warfen ihn nach dem Hintergrund der Spalte.
Selbstverständlich mußten wir dabei sehr vorsichtig verfahren, damit kein verräterisches Geräusch nach außen dringen könnte. Darum förderten wir die Arbeit nicht gut, was uns aber keineswegs mißmutig machte, denn wir hatten Zeit. Es war jetzt eine Stunde nach Mittag, und die Mine, welche wir gruben, durfte erst dann das Freie erreichen, wenn es dunkel geworden war.
Licht zur Arbeit hatten wir genug, denn der Stein verschloß nur den unteren Teil der Spalte, und ließ den oberen offen; letzterer aber war eben leider so eng, daß sich höchstens ein Kind mit großer Mühe hätte durchzwingen können.
Je tiefer wir kamen, desto wahrscheinlicher wurde es, daß die Wände unserer Mine einstürzen würden; der Sand rollte nach. Zum Glück hatten wir den Teppich und die Matten, welche wir vorstopften; die Gewehre mußten als Stützen dienen.
Wir mochten über eine Elle tief gekommen sein, da hörten wir draußen eine Stimme rufen.
„Kara Ben Nemsi mag herbeikommen. Ich habe mit ihm zu sprechen!“
Es war die Stimme des Scheiks.
„Wirst du seinem Rufe folgen?“ fragte Emery.
„Ja.“
„Ich würde es nicht tun, weil der Halunke nicht wert ist, daß er einen Hauch von uns hört.“
„Das mag sein; aber das, was ich gerne von ihm erfahren werde, kann von großem Wert für uns sein.“
„Kara Ben Nemsi!“ rief der Scheik wieder.
Er kannte also unseren Namen.
„Hier bin ich“, antwortete ich. „Der Stein ist umgefallen. Warum zögert ihr, ihn fortzuschaffen! Ihr wißt doch, daß wir rasch weiter müssen!“
Ich tat, als ob ich nur an einen kleinen Zufall glaubte. Er lachte laut auf und sagte:
„Er ist nicht umgefallen, sondern wir haben ihn umgestürzt.“
„Umgestürzt? Warum habt ihr das getan?“
„Warum? Das errätst du nicht? Der Kolarasi warnte mich noch vor seinem Wegreiten ganz besonders vor dir. Er sagte, man habe sich vor dir mehr als vor dem Teufel in acht zu nehmen, denn deine List sei noch größer als deine Gewalttätigkeit. Und nun errätst du nicht einmal, warum wir den Stein umgeworfen haben!“
„Wie soll ich das erraten? Sage es!“
Ich sagte so, um ihm eine geringe Meinung von unserem Scharfsinn beizubringen. Je weniger er uns zutraute, desto weniger möglich hielt er unsere Selbstbefreiung und desto weniger Sorgsamkeit wurde also sehr wahrscheinlich auf unsere Bewachung verwendet.
„Weißt du eigentlich, wo du dich befindest?“
„Natürlich in einem Hirtenlager der Meidscheri.“
„Die Meidscheri mag Allah verdammen! Wir gehören zu den Uled Ayun.“
„Allah w' Allah! So hast du uns wohl betrogen?“
„Überlistet haben wir euch! Ist es wahr, daß du ein Giaur bist?“
„Ich bin ein Christ.“
„Und deine Begleiter sind auch keine
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