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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Neubau, in welchem ich mich schlich, um ungestört einen langen Schlaf zu tun, denn diesen brauchte ich noch nötiger als Essen und Trinken. Als ich aufwachte und völlig munter wurde, war es schon wieder Abend. Ich hatte Hunger, blieb aber dennoch liegen, einmal, weil ich dem Kapitän auch jetzt noch nicht traute, und zum andernmal, weil mir der Gedanke gekommen war, ob ich auf dem Neubau nicht vielleicht Arbeit finden könnte.“
    „Das war brav gedacht. Nur Arbeit konnte Sie retten.“
    „Ja, das sah ich gar wohl ein. Die Schule, welche ich durchgemacht hatte, war fürchterlich gewesen und hatte mich mürbe gemacht. Ich wartete also bis zum nächsten Morgen. Da kamen die Maurer und Zimmerleute. Ich sprach mehrere an; sie verstanden aber nicht deutsch, bis ich endlich doch den richtigen traf, einen Preußen aus der Gegend von Königsberg. Er hatte sich auch Amerika voller goldener Berge geträumt und war hier nun unter die – Ziegelträger gegangen. Durch seine Fürbitte brachte er es soweit, daß ich dieselbe Arbeit bekam. Sie war nicht leicht, aber es ging. Ich lebte außerordentlich sparsam und hatte mir gegen den Winter hin über hundert Dollar zurückgelegt, mit denen ich nach Philadelphia ging, um mein ursprüngliches Handwerk zu treiben.“
    „Sie sagten aber doch, daß Sie nichts gelernt hätten!“
    „Nach unseren Begriffen allerdings. Aber ich hatte inzwischen erfahren, was Arbeitsteilung ist. Ich trat in Philadelphia in eine Fabrik, in welcher jeder Arbeiter stets nur ein und dieselbe Arbeit zu machen hat. Dazu braucht man kein gelernter Schuhmacher zu sein. Ich habe ein ganzes Jahr lang immerfort nur Spitzen angesteppt. Dann besaß ich dreihundert Dollar, mit denen ich nach Chicago ging, um in eine gleiche Fabrik einzutreten. Dort blieb ich freilich nicht lange. Ich wollte etwas lernen, was aber bei dieser Arbeitseinteilung nicht möglich war. Ich traf einen Irländer, welcher auch ein kleines Sümmchen besaß. Er kannte das Land besser als ich und machte mir den Vorschlag, als Pedlar (Wanderhändler) mit ihm nach dem Westen zu gehen; bei diesem Geschäft sei viel Geld zu verdienen. Ich stimmte zu. Wir gingen über den Mississippi, legten unser Geld zusammen, kauften Waren ein und zogen damit den Missouri hinauf. Nach zwei Monaten hatten wir ausverkauft und unser Geld verdoppelt. Wir unternahmen noch vier solche Reisen, bis mein Compagnon plötzlich mit seinem und meinem Geld verschwunden war.“
    „Aha! Nun konnten Sie wieder Stiefelspitzen ansteppen!“
    „Ich griff zu anderen Dingen, zum nächsten, was sich mir bot, arbeitete fleißig, brachte es aber zu keinen Ersparnissen mehr. Aus Verzweiflung darüber ging ich unter die Goldsucher.“
    „Um nichts zu finden!“
    „So ist es. Wir trieben uns hungernd in den Gebirgen herum; es war kein einziger Westmann unter uns. Darum ging es uns bitter schlecht. Schließlich wurden wir gar von Navajos überfallen. Wir entkamen ihnen zwar, doch hätten sie uns gewiß wieder eingeholt, wenn wir nicht auf Winnetou getroffen wären, der uns sicher nach dem Mariposa-See geleitete, wo wir auch Sie zu sehen bekamen.“
    „Hätten Sie mir damals Ihre Erlebnisse so erzählt wie heute, so wäre ich mit einem guten Rat und wohl auch mit der Tat zur Hand gewesen.“
    „Es hat nicht sein sollen. Mein immerwährendes Unglück hatte mich verschüchtert. Wie konnte ich, der nichts, gar nichts war, einen Old Shatterhand belästigen! Und diese Schüchternheit war gut, denn es fragt sich sehr, ob ich durch einen Rat von Ihnen zum Millionär geworden wäre.“
    „Dieser Meinung bin ich freilich auch. Ich bin sogar der festen Überzeugung, daß ich es selbst niemals soweit bringen werde. Doch weiter! Was taten Sie in Kalifornien?“
    „Das Handwerk hatte mich zu nichts geführt und der Handel zu noch weniger; so versuchte ich es denn nun einmal mit dem Ackerbau. Ich wurde Knecht auf einer Estanzia. Der Besitzer gewann mich bald lieb; ich hatte Lust zur Sache und bekam schnell höheren Lohn. Einmal verleitete mich der Teufel zum Spielen. Ich riskierte einen halben Jahreslohn und gewann, war aber besonnen genug, um aufzuhören. In zwei Jahren hatte ich fünfhundert Dollar zusammen. Um diese Zeit schickte mich der Herr nach Jone-City, um Einkäufe für ihn zu machen, und ich nahm mein Geld mit, um es an diesem Platz sicher anzulegen. Da traf ich auf einen Yankee, der mir ein Stück Land droben am oberen Federnfluß anbot. Er schwor hundert Eide, daß es das

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