38 - Wiedergeborenes Scorpio
sagen konnte, war ich schon wieder zum Eingang geeilt. Gandil der Mak lag, wo er gefallen war, und ich brachte mein Seemannsmesser wieder an mich. Hangol war verschwunden. Nachdenklich säuberte ich meine Klinge und steckte sie wieder ein. Hangol war verschwunden. Lebte der Cramph etwa noch?
Während ich mich umschaute, erschien Mevancy hinter mir. »Es ist nicht schade um ihn«, sagte sie mit Blick auf Gandils Körper.
»Hangol ist verwundet«, sagte ich. »Ich dachte, es wäre eine schlimme Wunde. Aber wie du siehst, ist er nicht mehr hier.«
»Welche Armee war denn das?« fragte sie halb spöttisch, halb ernst. »Oder haben die Drikinger wieder angegriffen?«
»Keine Ahnung.«
»Und wie bist du so schnell hierhergekommen – woher wußtest du, wo du gebraucht wirst?«
»Das kannst du dir doch denken ...«, begann ich und hielt inne. Wir redeten um den heißen Brei herum.
Sie starrte mich gebannt an, und ihr Gesicht wirkte angespannt.
»Die Everoinye haben mich geschickt«, sagte ich.
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Ihr Gesicht verspannte sich noch mehr. »Also wirklich, du Hulu! Ach, du!«
»Wir haben keine Zeit für lange Erklärungen«, versuchte ich mich auf dem üblichen Weg herauszureden. »Wir müssen zunächst ...«
»Ich meine auch, daß wir uns Erklärungen für später aufheben müssen.« Sie hatte einen Schock erlitten. Nun ja, das war zu verstehen. Bei Djan! Herauszufinden, daß noch jemand den Herren der Sterne diente, daß ein anderer ebenfalls Kregoinye war – so etwas konnte ein ziemlicher Schlag ins Kontor sein, das müssen Sie mir glauben. »Du hast es mir die ganze Zeit verheimlicht. Aber« – sie schaute zum Ausgang –, »immerhin erklärt sich damit einiges. Na schön, Kohlkopf. Wenn die Everoinye dich geschickt haben, um mir zu helfen, dann hilf mir! Wir müssen hier schleunigst weg.«
Darin stimmte ich mit ihr überein.
»Das Problem ist Hangol«, sagte ich. »Anscheinend müssen wir bei der Karawane bleiben. Das ist klar. Wenn Hangol ...«
»Ich stelle hier die Überlegungen an. Unbegreiflich ist mir nur, warum die Everoinye einen Schwächling einsetzen und warum sie ihn ausgerechnet mir aufhalsen, bei Spurl!«
Sie ließ mir keine Zeit zu antworten, sondern ging zum verhängten Ausgang, schaute hinaus und sagte, ohne den Kopf in meine Richtung zu drehen: »Komm, Kohlkopf.«
Mich durchzuckten Erinnerungen an Strom Irvil vom Pinienberg! Wenigstens nannte Mevancy mich nicht Leibsklave, wie es Strom Irvil auf seine direkte Numim-Art eingefallen war; überdies hatte er mich wie alle seine Leibsklaven Zaydo gerufen.
Sie huschte durch die Öffnung, und wieder einmal bewunderte ich die schlanke Geschmeidigkeit ihres Körpers, dem man nicht anmerkte, daß er eben noch brutal gefesselt gewesen war.
Die Frau der Schleier war aufgestiegen und ließ die Welt in ihrem rosagoldenen Schimmer erstrahlen. Ich huschte hinter Mevancy her. Es war relativ ruhig im Lager, nur das Stampfen und Schnauben der Tiere war zu hören, sowie andere Nachtgeräusche, die keinen bekannten Ursprung zu haben schienen. Irgendwo bellte ein Hund – Dame Florias nervtötendes kleines Geschöpf, ein weißes Büschel aus Bauch und Zähnen. Wortlos und mit leisen Schritten näherte sie sich den beiden Wächtern. Die Fragen, die ich ihr stellen wollte, zuckten mir durch den Kopf; ihr mußte es umgekehrt ähnlich ergehen. Nun ja, das hatte natürlich Zeit. Wir mußten entscheiden, was zu tun war – beziehungsweise, Kregoinya Mevancy würde diese Entscheidung treffen! Auf eine Weise mußten wir vor allem eins in Erfahrung bringen: Wen wollten die Herren der Sterne schützen lassen? Mevancy marschierte zu ihrem Zelt und Karren, die wir bei unserer Flucht zurückgelassen hatten.
»Hol deine Sachen!« rief sie mir über die Schulter zu. »Wir nehmen, was wir brauchen, und folgen der Karawane in unauffälliger Entfernung. Wenn etwas passiert, können wir leichter eingreifen.«
Nun ja, immerhin war das eine Lösung.
Trotz ihrer zuweilen hochnäsigen Art war das Mädchen durch und durch zuverlässig; das spürte ich. Auch gefiel sie mir. Ich schlug mir also den Gedanken an eine Auseinandersetzung über die Frage aus dem Kopf, wer bei uns das Sagen habe.
»In Ordnung«, sagte ich und kehrte zum wartenden Schniefer zurück.
Ich stieg auf, zog dem Tier den Kopf herum und trabte auf Mevancys Zelt zu.
Es hätte mich nicht im geringsten überrascht, wenn bei unserem Abritt der blaue Skorpion trutzig über uns erschienen wäre und uns ins
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