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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denn eigentlich auf den Gedanken gekommen, zu den Mogollons zu fliehen?“
    „Ich habe es ihm gesagt und ihm auch den Felsen als Stelldichein vorgeschlagen. Aufrichtiger könnte ich gar nicht sein!“
    „O doch!“
    „Wieso? Ich weiß, daß Sie ihn verfolgen werden und habe Ihnen dennoch gesagt, wohin er geht und wo er auf mich wartet. Ich bringe ihn also in die Gefahr, von Ihnen festgenommen zu werden. Können Sie von mir mehr verlangen?“
    „Ja. Ich habe bereits mehr von Ihnen verlangt. Ich habe die Wahrheit verlangt und Sie haben mich belogen.“
    „Das ist nicht wahr! Es ist wahr, daß er zu den Mogollons ist und am ‚Weißen Felsen‘ auf mich warten wird!“
    „Ja, das ist wahr. Das konnten Sie weder leugnen noch verschweigen, weil Sie es mir schon gesagt haben, als Sie meine Fesseln zerschnitten und mich für den alten Melton hielten. Daß Sie diese Aussage notgedrungen wiederholt haben, dürfen Sie sich nicht als Verdienst anrechnen. Aber Ihre Angaben, wo die Mogollons wohnen und wo der ‚Weiße Felsen‘ zu suchen ist, waren falsch.“
    „Nein; sie sind richtig!“
    „Pah! Sie täuschen mich nicht! Sie haben mir sagen müssen, wohin Melton geht, mir aber eine falsche Richtung, gerade die entgegengesetzte, angegeben, damit wir Zeit verlieren sollen und er welche gewinne, um uns zu entkommen. Auf und an der Sierra Bianca wohnen die Nijora-Apachen, zu denen wir kommen würden, wenn wir den von Ihnen eingeschlagenen Weg einschlügen, uns also vom Flujo blanco aus ostwärts wendeten. Wir müssen im Gegenteil westlich gehen, dann kommen wir an die Mogollonberge, von welchen die Indianer, zu denen Melton will, ihren Namen haben. Sie sehen, daß ich mich nicht täuschen lasse.“
    „Wenn Sie recht haben, Señor, dann bin ich selbst falsch unterrichtet!“
    „Lügen Sie nicht weiter! Sie wollen uns irreführen, haben also meine Warnung nicht beachtet und werden nun gefesselt.“
    „Das werden Sie nicht tun!“ schrie sie auf. „Ich dulde es nicht!“
    Da sagte Emery:
    „Was machst du nur so viele Worte mit ihr! Dort hängen Riemen. Komm, binde sie!“
    Er trat mit einem raschen Schritt hinter sie, ergriff ihre Arme und drückte ihr die Ellbogen auf dem Rücken zusammen. Sie war über diese schnelle Handlungsweise so verblüfft, daß es ihr gar nicht beikam, sich zu wehren. Ich schlang ihr einen Riemen um die Vorderarme und einen zweiten um die Fußgelenke; dann legten wir sie auf den Boden nieder. Nun war es ihr unmöglich, den alten Melton aufzusuchen und ihm irgendwelchen Beistand zu leisten, und es brauchte sich von uns niemand zu ihr zu setzen, um sie zu bewachen. Ich stieg mit Emery hinauf zu Winnetou, welcher oben saß und mir auf mein Befragen sagte, daß der ‚Weiße Felsen‘ nicht in der Sierra Bianca, sondern in den Mogollonbergen liege. Wir hatten der Jüdin also nicht unrecht getan.
    Auf der Plattform warteten wir, bis der Morgen anbrach. Die Yumas ließen ihre Feuer ausgehen, kamen aber nicht herauf zu uns, sondern blieben unten sitzen. Sie betrachteten uns als Herren des Pueblo. Nun wurde der alte Melton zu uns heraufgeholt. Es verstand sich ganz von selbst, daß er kein Wort davon erfahren durfte, daß uns sein Sohn entkommen war und wohin er sich gewendet hatte. Wir wollten ihm die Stiefel ausziehen; er brüllte vor Wut darüber und stieß mit den gefesselten Beinen so um sich, daß wir ihm die Möglichkeit, diese zu bewegen, nehmen mußten. Wir legten eine Leiter auf die Terrasse und banden ihn auf derselben fest; die Oberschenkel wurden bis zu den Knien hüben und drüben festgeschnürt. Auch jetzt noch wälzte er sich mitsamt der Leiter schreiend hin und her, so daß Winnetou und Emery auf ihm knien mußten, um ihn festzuhalten; erst dann brachte ich die Stiefel herab.
    Sie waren mit dünnem Leder gefüttert, und ich fühlte gleich beim ersten Antasten, daß etwas zwischen den Schäften und dem Futter steckte. Die Naht, welche das letztere an dem Oberleder festhielt, war neu; das Geld war also wohl erst vor kurzem in den Stiefeln versteckt worden. Wahrscheinlich war die Jüdin beim Nähen behilflich gewesen, und so kam es, daß sie wußte, wo Melton seinen Raub verborgen hielt.
    Ich trennte mit dem Messer das Futter los. Melton schrie nicht mehr; er hatte sich darein gefunden, aber seine Augen waren mit haßglühenden Blicken auf meine Hände gerichtet. Der eine Stiefel enthielt ein dünnes Papierpaket, wie ein Kuvert geformt, der andere aber deren zwei. Ich öffnete die

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