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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Besichtigung zu unterwerfen. Kommen Sie jetzt!“
    Ich drehte mich um und ging mit aller Absicht ihr voran. Ich gab mir dabei den Anschein der größten Unbefangenheit, bemerkte aber doch, daß sie ihm hinter mir ein Zeichen gab. Dieses Zeichen konnte natürlich nichts anderes bedeuten, als daß sie, wenn es möglich zu machen sei, zu ihm kommen wolle. Sie dazu zu verführen, war eben meine Absicht. Ich wollte von ihr erfahren, wohin Jonathan geflohen war, und das sagte sie dem Alten ganz gewiß, wenn sie zu ihm gelangen konnte.
    „Nun, halten Sie mich noch immer für einen Lügner?“ fragte ich sie, als wir wieder in dem Zimmer angekommen waren.
    „Diesmal haben Sie die Wahrheit gesagt, aber ich werde mich dennoch doppelt in acht nehmen. Mir stellen Sie keine Falle wieder!“
    „Warten Sie nur! Und dich, Emery, bitte ich, ja recht aufmerksam zu sein; die beiden Gefangenen dürfen nicht zusammen kommen. Die Señora wäre wohl gar imstande, dem Alten zur Flucht zu verhelfen. Nach zwei Stunden komme ich, um dich abzulösen; eher ist es mir nicht möglich.“
    „Well, werde meine Pflicht tun, obgleich ich verteufelt müde bin.“
    Ich gab ihm einen Wink und ging; infolgedessen begleitete er mich hinaus bis zum Eingang. Dort fragte er leise:
    „Was ist's mit dem Schlafen? Weshalb soll ich müde sein?“
    „Ich will haben, daß sie zu dem Alten geht. Sprich jetzt vielleicht zehn Minuten möglichst laut mit ihr, damit sie nicht hört, was hier vorn vorgeht; dann schläfst du scheinbar ein, und wachst nicht eher auf, als bis ich wiederkomme!“
    „Und wenn sie fortgeht?“
    „So hinderst du sie nicht.“
    „Aber sie macht den Alten dann vielleicht wirklich los?“
    „Nein; ich schaffe ihn fort und lege mich an seiner Stelle hin.“
    „Uff, würde Winnetou sagen! Famoser Gedanke! Bin außerordentlich neugierig, wie der Streich enden wird.“
    Er kehrte zu der Jüdin zurück, und ich holte Winnetou, welcher sich inzwischen nach oben entfernt hatte, wieder herab. Wir verbanden dem alten Melton wieder den Mund und die Nase, und schafften ihn hinüber in die linke Abteilung der Etage; dann mußte Winnetou mich genauso binden, wie Melton gefesselt war und mich an dessen Stelle legen. Er hatte mir den Gürtel abgenommen, und auch in Beziehung auf den Anzug und sonst hatten wir die möglichste Ähnlichkeit hergestellt.
    Als der Apache darauf wieder nach oben gestiegen war, wartete ich mit großer Spannung auf das Ergebnis dieser Veranstaltung. Von ihrem Kommen war ich vollständig überzeugt; ob sie mir aber das sagen würde, was ich wissen wollte, das war höchst ungewiß.
    Ich hörte sie mit Emery sprechen; nach einiger Zeit verstummte das Gespräch. Nun verging eine Viertelstunde und noch eine, sogar noch eine dritte; dann fühlte ich ein leises Wehen wie von Frauenkleidern; sie kam. Eine Hand tastete nach mir und traf mich an das Bein. Ich zuckte mit demselben wie einer, welcher erschrickt; da hörte ich eine leise Stimme warnend sagen:
    „Still, ganz still, Señor Melton! Ich bin es!“
    „Wer?“ flüsterte ich ebenso leise. Im Flüstern klingen tausend Stimmen gleich.
    „Ich, Judith! Wollen Sie fort?“
    „Wetter! Wenn ich könnte!“
    „Sie können, denn ich helfe Ihnen. Haben Sie vorhin meinen Wink bemerkt?“
    „Ja.“
    „Shatterhand ist ein alberner Wicht, dem ich mit wahrer Freude diesen Streich spiele. Ich habe mir vorhin Ihre Fesseln angesehen. Heben Sie die Hände auf; ich habe ein Messer mit.“
    Ich folgte der Aufforderung; sie durchschnitt die Armfessel und dann auch die an den Füßen; ich richtete mich in sitzende Stellung auf, und verursachte dabei mit Absicht einiges Geräusch. Sie sollte mich zur Vorsicht mahnen, damit ihr dann meine kurzen Antworten nicht auffallen könnten. Viele Worte durfte ich nicht machen, weil sie mich sonst wohl gar erkennen konnte.
    „Leise, leise!“ warnte sie. „Sonst wacht mein Wächter auf!“
    „Wächter?“ fragte ich.
    „Ja. Er ist eingeschlafen, ein Glück für Sie, denn morgen will man Ihnen Ihr Geld nehmen, und mit Ihrer Freiheit und Ihrem Leben steht es ebenso schlimm. Sie müssen fort zu Jonathan.“
    „Wo ist er?“
    „Auch entflohen. Ich habe ihm fortgeholfen. Er geht hinauf zu den Mogollon-Indianern, deren Häuptling Bitsil-Iltscheh (‚Starker Wind‘) heißt. Er war ein Freund meines Mannes und wird Jonathan gern bei sich aufnehmen und ihm allen Schutz gewähren. Wenn Sie nachfolgen und dem Häuptling sagen, daß ich Sie schicke, werden Sie

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