39 - Satan und Ischariot III
auch wohl, wer sich hier bei mir, da hinter den Büschen befindet?“
„Old Shatterhand und noch ein sehr tapferer weißer Krieger.“
„Du hast richtig geraten. Es ist außerdem noch ein Krieger bei uns, der es versteht, die verborgensten Pfade zu finden. Hebt eure Messer wieder auf und kommt mit euern Pferden zu uns zum Wasser!“
Sie folgten der Aufforderung. Als sie uns drei anderen sahen, grüßten sie mit ehrfurchtvollen Handbewegungen und standen mit gesenkten Blicken, erwartend, wie wir sie empfangen würden. Sie waren beschämt; ich wollte sie aufrichten, reichte also einem nach dem anderen die Hand und sagte:
„Meine Brüder sind uns willkommen; sie mögen sich zu uns setzen und uns sagen, welche Weisungen sie von ihrem tapferen und klugen Häuptling erhalten haben!“
Mein freundlicher Ton und der Umstand, daß Emery und Dunker ihnen auch die Hände gaben, wirkten ermunternd auf sie. Sie gaben ihre Pferde zum Grasen frei, und der Sprecher antwortete für sich und die übrigen:
„Unsere Augen erblicken die tapfersten Jäger und Krieger, deren Ruhm in dem Gebirge und auf der Savanne erschallt; wir dürfen nicht an ihrer Seite lagern; sie mögen uns gestatten, uns fern von ihnen an das Wasser zu setzen, um ihre Angesichter zu schauen und die Weisheit ihrer Stimmen zu hören!“
„Meine Brüder werden bald auch berühmte Männer sein; sie mögen immer nahe bei uns sitzen, sonst würden wir annehmen, daß sie uns als Feinde betrachten!“
Jetzt durften sie sich nicht länger weigern. Wir nahmen am Wasser Platz, und sie setzten sich in der ehrerbietigen Entfernung von mehreren Schritten uns gegenüber. Winnetou wiederholte meine Frage nach dem Auftrag, den sie von ihrem Häuptling erhalten hatten. Derjenige, welcher bisher gesprochen hatte, erklärte:
„Der ‚Schnelle Pfeil‘ hat uns keine besonderen Befehle gegeben. Wir sollen nach dem ‚Weißen Felsen‘ reiten oder, wenn die Mogollons schon aufgebrochen sein sollten, sie zu finden suchen und ihm Nachricht über sie erteilen.“
„Sollt ihr beisammen bleiben?“ erkundigte ich mich.
„Ja. Es soll nur immer einer von uns die Nachricht überbringen, so daß, bis die Mogollons das ‚Dunkle Tal‘ erreichen, nacheinander fünf Botschaften dort angekommen sind.“
„Die Boten gehen nur bis zum ‚Dunklen Tal‘, und nicht bis in euer Lagerdorf?“
„Ja. Der Häuptling wartet dort.“
„Mit vielen Kriegern?“
„Jetzt noch mit wenigen; die anderen sind noch zurück, um Fleisch zu machen und ihre Kriegsmedizinen herzustellen. Der ‚Schnelle Pfeil‘ sagte, daß unsere berühmten Krieger vielleicht kommen und mit uns kämpfen würden.“
Da er mich bei diesen Worten fragend ansah, antwortete ich: „Wir sind allerdings unterwegs zu den Söhnen der Nijoras. Wir wollten euch Nachricht bringen und euch unser Wissen und unser Können leihen, denn wir haben mit dem ‚Schnellen Pfeil‘ die Pfeife der Freundschaft geraucht. Nun wir aber euch getroffen haben, ist es vielleicht nicht nötig, daß wir nach dem ‚Dunklen Tal‘ gehen. Es kann einer von euch gleich jetzt zurückkehren, um dem Häuptling das zu melden, was wir ihm zu sagen haben; die anderen vier aber werden bei uns bleiben, um uns später als Boten an ihn zu dienen. Wir wenden unseren Weg und reiten wieder nach Norden, um die Mogollons aufzusuchen und zu belauschen. Wie viele Krieger zählt ihr, wenn ihr alle beisammen seid?“
„Viermal hundert.“
„Wenn ich richtig beobachtet habe, erreichen die Mogollons nicht diese Zahl. Ich kenne das ‚Dunkle Tal‘, in welchem sie empfangen werden sollen, nicht, aber wenn der ‚Schnelle Pfeil‘ diesen Ort als Platz des Kampfes gewählt hat, so muß er sich wohl dazu eignen.“
„Er eignet sich sehr gut, aber nicht unter den gegenwärtigen Umständen. Die Mogollons wollen sich dort auch festsetzen; sie werden also Kundschafter voraussenden, welche die Gegend ganz genau absuchen müssen; darum ist es besser, sie schon vorher anzugreifen, wenn sie noch nicht erwarten, auf den Feind stoßen zu können.“
„Kennst du einen solchen Ort?“ fragte ich.
„Ja. Es ist eine Stelle, welche die ‚Platte des Cañons‘ genannt wird und zwei Reitstunden vor dem dunklen Tal liegt. Die Platte ist ein Dreieck, dessen Boden aus hartem Felsen besteht. Die eine Seite bildet ein tiefer Cañon, dessen Wände so steil sind, daß niemand hinuntergelangen kann. Auf der anderen Seite steigt der Felsen hoch auf wie eine Mauer, über welche man zwar
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