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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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„Das müssen allerdings Millionen sein! Was würde meines Vaters Sohn darum geben, wenn der alte Hunter mein Onkel oder Vetter gewesen wäre! Laßt uns doch einmal zählen!“
    „Nein“, antwortete ich. „Wir sehen, daß ich die richtige Tasche erwischt habe. Das ist genug. Der Eigentümer soll der erste sein, welcher zählt.“
    Ich brachte die Lederkuverts wieder in die Fächer zurück, machte das Portefeuille zu und steckte es wieder ein. Ich hatte in einem Fach außer dem dahingehörigen Kuvert auch einige Papiere bemerkt, dieselben aber nicht herausgenommen, sondern sie verheimlicht, weil ich der Neugierde Dunkers nicht recht traute. Er hätte meine Gutmütigkeit noch vielleicht dazu verleitet, sie zu öffnen und den Inhalt zu erfahren.
    Jetzt verließen wir die ‚Quelle des Schattens‘, indem wir von derselben aus nach Nordost ritten. Winnetou machte den Führer. Über die Gegend, durch welche wir kamen, ist nichts zu sagen. Es wurde Nacht; der Apache aber war, wie gewöhnlich, seiner Sache so sicher, daß er keinen Schritt, weder nach rechts oder nach links, von der geraden Richtung abwich.
    Heute war der Himmel sternenhell und die Luft so rein, daß man ziemlich weit zu sehen vermochte. Nach der angegebenen Zeit von drei Stunden, während welcher wir sehr scharf geritten waren, sahen wir eine hohe, dunkle Masse vor uns aufsteigen.
    „Das ist der ‚Schlangenberg‘“, sagte der Apache, indem er vorwärts deutete.
    Wir machten einen Bogen um den östlichen, niedrigen Ausläufer des Berges herum, erreichten die nördliche Seite desselben und hatten nun den Berg und seine bewaldeten Lehnen zur linken Hand. Der Wald sandte verschiedene Ausläuferzacken in die Ebene, welche wir umritten, um zu der Quelle zu gelangen, wo wir lagern wollten. Eben machte Winnetou die Bemerkung, daß wir derselben schon nahe seien, da hielt er plötzlich sein Pferd an.
    „Still! Keinen Laut!“ flüsterte er.
    Sofort bogen wir uns nach vorn und legten den Pferden die hohlen Hände an die Mäuler, um zu verhüten, daß sie schnaubten.
    „Was gibt's?“ fragte ich leise. „Hast du etwas gesehen?“
    „Nein, gerochen.“
    Er sog die Luft prüfend ein und sagte: „Ich rieche Feuer.“
    „Welche Richtung?“
    „Gerade vor uns. Es muß an der Quelle sein. Meine Brüder mögen auf mich warten.“
    Er stieg ab und übergab mir den Zügel seines Pferdes.
    „Ist die Quelle so nahe, daß man das Schnauben unserer Pferde dort hören würde?“
    „Ein scharfes Ohr würde es vielleicht vernehmen. Reitet also lieber ein kleines Stückchen zurück!“
    Nach diesen Worten verschwand er im Gebüsch, welches wir soeben hatten umreiten wollen. Wir kehrten um und hielten an, als wir glaubten, uns weit genug entfernt zu haben. Es dauerte eine geraume Weile, ehe Winnetou zurückkehrte. Ich hatte wirklich nichts gerochen; er, der Naturmensch, aber besaß so scharfe und so geübte Sinne, daß ich mich darüber oft gewundert hatte. Da kam er, und zwar in aufrechter Haltung, ein Zeichen, daß es eine Gefahr nicht zu befürchten gab.
    „Meine Brüder werden sich freuen, zu erfahren, wen ich gesehen habe“, meldete er.
    „Nun, wen?“ fragte Dunker, der neugierigste von uns allen.
    „Die Jüdin, welche Judith heißt.“
    „Alle Wetter! Die möchte ich auch gern sehen. Ihr habt mir so viel von der sonderbaren Lady erzählt, daß es mich außerordentlich gelüstet, sie in Augenschein zu nehmen.“
    „Das werdet Ihr, Master Dunker“, sagte Emery. „Ihr werdet sie nicht nur sehen, sondern sogar mit ihr sprechen können.“
    „Wieso sprechen?“ erkundigte ich mich.
    „Nun, wir nehmen dieses Weibsbild doch endlich einmal gefangen?“ meinte er. „Wenn sie ihre Freiheit behält, kann sie uns großen Schaden machen.“
    „Schwerlich. Wir wollen doch unseren lieben Jonathan endlich einmal fangen?“
    „Natürlich!“
    „Soll ich dir denn wirklich wiederholen, was ich schon gesagt habe! Melton will uns entgegen. Wenn er unterwegs niemand trifft, denkt er, wir befinden uns noch im Pueblo und reitet dorthin. Wenn wir ihn so weit fortlassen, kann er uns leicht entgehen, ja da entkommt er uns sogar mit größter Wahrscheinlichkeit. Trifft er aber auf seine Judith, so erfährt er von ihr, daß wir hier sind, und reitet nicht nach dem Pueblo, sondern bleibt hier, um uns mit Hilfe der Mogollons gefangen zu nehmen. Siehst du das nicht ein?“
    „Es könnte eingesehen werden, wenn deine Voraussetzung, daß er sie treffen wird, in Erfüllung geht.

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