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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenn die Gefangenen sich drin befanden. Vielleicht waren sie nicht drin, sondern anderswo, und Winnetou hatte sich geirrt. Vielleicht aber – hm, das wäre dumm! Vielleicht saß ein zweiter Wächter drin bei ihnen, und dann war es allerdings zu erklären, daß ein Fenster offen stand.
    Ich hatte mir vorgenommen, mit ihnen zu reden, und wollte nun, da ich einmal da war, nicht gern darauf verzichten. Wie das aber nun anfangen? Ich hielt nur zwei Fälle für annehmbar: entweder sie waren nicht drin, oder sie saßen drin, und dann befand sich jedenfalls ein Mogollon bei ihnen. Wie nun erfahren, welcher von den Fällen der richtige war, aber ohne mich dabei in Gefahr zu bringen? Ich erhob mich halb, doch beim Rad, so daß zwei Räder zwischen mir und dem drüben sitzenden Wächter waren und er mich unmöglich sehen konnte, klopfte an die Tür und ließ mich dann sofort niederfallen. Ich hatte so geklopft, daß die Insassen es hören mußten, jener Wächter es aber nicht hören konnte. Saß ein Mogollon drin, so blickte er jetzt ganz gewiß zum offenen Fenster heraus. Ich sah empor. Mit gegen den Himmel gerichteten Augen konnte ich alles deutlich erkennen – es erschien kein Kopf. Ich klopfte noch einmal, doch mit demselben Erfolg. Mehr als Fortsetzung dieser Versuche, als weil ich mir einen Erfolg davon versprach, klopfte ich zum drittenmal, und da antwortete mir ein vorsichtig leises Klopfen am Boden des Wagens. Ah, sie waren also dennoch drin! Und zwar ohne Aufsicht! Aber wahrscheinlich gefesselt, sonst hätte man das Fenster nicht offengelassen und ihnen einen Wächter hineingegeben. Ich richtete mich also ganz auf, hielt den Kopf an den offenen Schlag und fragte leise hinein:
    „Mr. Murphy, seid Ihr da?“
    „Yes“, antwortete es ebenso leise.
    „Habt Ihr drin Platz auf dieser Seite?“
    „Ja. Wollt Ihr etwa herein, Sir?“
    „Ja.“
    „Um Gottes willen, da gebt Ihr Euch ja augenblicklich gefangen!“
    „Fällt mir nicht ein! Drin bin ich viel sicherer als hier außen. Schreit die Wagentür, wenn sie geöffnet wird?“
    „Nein. Die metallenen Angeln sind verlorengegangen und durch lederne Bänder ersetzt worden.“
    „Gut, ich komme also hinein!“
    Diese Fragen und Antworten waren, wie die Situation es mit sich brachte, in hastiger Weise gegeben worden. Ich ließ mich wieder in das Gras nieder und blickte zwischen den Vorder- und Hinterrädern zu dem Wächter hinüber. Er saß noch genau so dort wie vorher. Ich zog einen Stein heraus, zielte gut und warf ihn so, daß er mehrere Schritte jenseits des Wächters in das Gras fiel. Der letztere hörte das Geräusch; er stand schnell auf und horchte. Ich nahm einen zweiten Stein aus der Tasche und warf ihn weiter, als ich den ersten geworfen hatte. Der Mogollon ließ sich betrügen und entfernte sich in der Richtung des Schalls, den er gehört hatte; er sah und hörte also nicht nach uns herüber. Im Nu war ich wieder auf, öffnete die Tür, stieg ein und zog sie hinter mir wieder zu; sie gab dabei nicht das leiseste Geräusch von sich. Als ich nun mit den Händen tastete, fühlte ich links die beiden, welche nebeneinander saßen; der Sitz zu meiner rechten Hand war leer, und ich ließ mich darauf nieder. Zu meiner abermaligen Verwunderung sah ich, daß das jenseitige Fenster auch offen stand.
    „Ihr seid es also doch, Sir!“ flüsterte der Advokat mir hastig zu. „Welche Verwegenheit von Euch! Ihr wagt –“
    „Still!“ unterbrach ich ihn. „Jetzt kein Wort! Ich muß zunächst den Wächter beobachten.“
    Als ich hinausblickte, sah ich diesen zurückkehren. Er war wohl mißtrauisch geworden, denn er trat drüben an den Wagenschlag und fragte in das Innere herein:
    „Sind die beiden Bleichgesichter noch drin?“
    Er hatte sich in einem ganz schlechten Englisch ausgedrückt.
    „Yes!“ antworteten beide zugleich.
    Ich glaubte, dies werde genug für den Roten sein, hatte mich aber geirrt, denn er sagte, und zwar nun in seinem spanisch-indianischen Mischmasch:
    „Es gab ein Geräusch. Sind die Fesseln noch fest? Ich werde sie untersuchen.“
    Er setzte den Fuß auf den Wagentritt und langte mit den Armen durch das Fenster, um die drüben sitzende Sängerin zu betasten. Als er sich überzeugt hatte, daß ihre Fesseln in Ordnung waren, sprang er drüben ab und kam um den Wagen herum auf die andere Seite. Schnell rückte ich hinüber und drückte mich soviel wie möglich zusammen. Er erschien am anderen Fenster, griff herein und untersuchte die Banden

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