39 - Satan und Ischariot III
unter solchen Umständen einen solchen Schwur nicht bricht. Nun, Sir, wie ist Euch jetzt zumut?“
„Mir ist sehr wohl.“
„Schön; es wird Euch noch viel wohler werden. Also sterben werdet Ihr, langsam, in einem steinernen Grab. Und da Ihr so große Freundschaft für mich hegt, so will ich Euer Ende verschönern, indem ich Euch die Gewißheit mit in die Hölle gebe, daß ich mich nach Eurem Tod hier auf Erden wie im Himmel fühlen werde. Ich will Euch noch vor Eurer Abfahrt die Freude machen, Euch zu gestehen, daß ich wirklich der bin, für den Ihr mich gehalten habt.“
„Jonathan Melton, der Betrüger, und jener Tote in der Schlucht bei den Uled Ayar war der echte Small Hunter?“
„Ja.“
„Der Kolarasi war Euer Vater?“
„Ja. Er hat ihn erschossen. Wir glaubten Euch dann in den Händen der Uled Ayar gut aufgehoben. Die dummen Kerle haben Euch aber entwischen lassen. Dennoch habt Ihr uns nicht eingeholt. Wir gingen unverzüglich nach New Orleans, wo uns seit langem hübsch vorgearbeitet worden war.“
„Von Euerm Oheim?“
„Ja. Er empfing die Depesche und die Briefe, und wir richteten uns danach. Wir haben die Gelegenheit so eilig betrieben, daß Ihr dann auch hier das Nachsehen hattet. Ihr glaubtet zwar, die Sache schlau angefangen zu haben, müßt aber nun endlich einsehen, daß Ihr ein Stümper seid. Und was mir bei alledem die größte Freude macht, ist, daß ich Euch sogar bei Mrs. Silverhill den Rang abgelaufen habe. Es ist Euch wohl recht ans Herz gegangen, daß sie Euch damals den Korb gegeben hat?“
„Wann?“
„In der Sonora, wo Ihr so oft vor ihr auf den Knien gelegen habt.“
„Ich?“ fragte ich, indem ich trotz der Lage, in welcher ich mich befand, hell auflachen mußte.
„Ja, Ihr! Lacht immerhin; Ihr macht mich doch nicht irre. Wie hat Euer Gesicht gestrahlt, als Ihr sie dann in New Orleans wiedersaht!“
„Gestrahlt? Mein Gesicht? Auch nicht übel!“
„Ja. Ihr seid vor Entzücken geradezu närrisch gewesen!“
„Wahrscheinlich bin ich da wieder vor ihr auf die Knie gesunken?“
„Natürlich, natürlich! Gesteht es nur ein!“
„Ja, es ist allerdings eine Eigenheit von mir, vor Frauenzimmern sofort in die Knie zu fallen. Die Mitteilung hat sie natürlich selbst gemacht?“
„Freilich! Von wem soll ich es denn sonst wissen? Wie herzlich sie lachte, als sie mir erzählte, daß sie Euch eingesperrt hat und fortgegangen ist. Hoffentlich hat sie Euch gesagt, daß sie meine Braut ist?“
„Ja.“
„Gesteht es nur, Ihr seid ihr nicht nur meinet-, sondern auch ihretwegen nachgeritten!“
„Natürlich, natürlich!“
„Ich habe von ihr alles erfahren. Wahrscheinlich wäre es Euch gelungen, sie einzuholen, wenn ich nicht vorher meine Maßregeln getroffen hätte. Sie hat Euch gesagt, daß ich nach Albuquerque gereist bin und mit meinem Vater und Oheim dort zusammentreffen werde?“
„Ja.“
„Und daß wir dann nach ihrem Schloß gehen werden, wo ich ein glückliches Stilleben zu führen gedenke?“
„Auch das.“
„So wißt Ihr also alles, und ich habe nichts hinzuzufügen, als daß die Sehnsucht nach ihr mich nicht weiter vorwärts kommen ließ. Ich blieb am Canadian halten, um sie zu erwarten. Wir wären sofort weitergefahren und hätten, wie ich jetzt sehe, einen Vorsprung von zwei Tagen vor Euch gehabt; da aber gerieten wir in die Hände der Comanchen, als Judith mit ihrer Erzählung zu Ende war. Es sollte uns ans Leben gehen; da kam mir ein famoser Rettungsgedanke. Könnt Ihr den erraten?“
„Ja.“
„Ich wußte Euch hinter uns –“
„Aber von der Blutrache des ‚Großen Pfeils‘ wußtet Ihr noch nichts!“
„Nein, doch ist es mir recht wohl bekannt, daß die Comanchen in ewiger Feindschaft mit den Apachen leben. Darum bot ich dem ‚Großen Pfeil‘ einen Handel an, welcher sehr geeignet war, beide Teile auf das höchste zu befriedigen. Ich verlangte, mit Judith und unberaubt meine Reise fortsetzen zu dürfen, wofür ich ihm sagen wolle, wie er Winnetou fangen könne.“
„Er ging darauf ein?“
„Mit Vergnügen, zumal als er hörte, daß Old Shatterhand bei Winnetou sei.“
„Aber er traute Euch nicht recht; er hat Euch doch noch nicht freigelassen.“
„Ja, er konnte meine Bedingung doch nicht eher erfüllen, als bis ich der seinigen nachgekommen war. Es stand fest, daß man Euch auf Judiths Fährte treffen werde. Wir ritten Euch also auf derselben ein wenig entgegen. Da kam der Orkan, welcher eine Fata Morgana mit sich
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