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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatten; darum lag, als ich hinunterblickte, ein größerer Raum als beim alten Melton vor mir. Ich sah außer der Leiter freilich nichts als wieder Füße, und zwar vier; diesmal waren es keine Stuhlbeine, sondern zwei mit Männerstiefeln und zwei mit kleinen Pantoffeln bekleidete Füße. Jonathan und Judith schienen auf einer Bank nebeneinander zu sitzen. Eben hörte ich die letztere sagen:
    „Du denkst also, daß die drei Menschen draußen vor unserem Eingang halten bleiben?“
    „Ja“, antwortete er. „Um uns zu bewachen!“
    „Und wir können sie nicht verjagen?“
    „Nein. Es gibt leider nur diesen einen Weg nach außen. Und wenn hundert und noch mehr Mann hier beisammen wären, so könnten wir nichts machen, weil die Passage durch die Enge nur einzeln möglich ist. Die ersten würden von ihnen erschossen, und würden mit ihren Leibern für die anderen den Weg verstopfen. Mein einziger Trost ist der, daß wir hier Proviant für Monate, und Wasser für eine ganze Ewigkeit besitzen. Bis dahin wird den drei Halunken wohl die Geduld ausgegangen sein!“
    „Solange brauchen wir nicht zu warten. Komm, mein Lieber, ich will dir etwas zeigen!“
    „Was?“
    „Das wirst du sehen. Wir steigen nach unten.“
    Nach unten steigen? Da mußten sie doch höchstwahrscheinlich zur Leiter heraufkommen. Wir entfernten uns also schleunigst von dem Loch und legten uns in der entferntesten Ecke der Terrasse nieder, um nicht gesehen zu werden. Wir warteten aber vergeblich; sie kamen nicht. Es schien, man konnte aus der ersten Etage von innen nach dem Erdgeschoß gelangen. Wir krochen also bis an die Kante der Plattform vor und blickten vorsichtig hinab, sahen aber nichts. Wir hätten gern gewußt, was die Jüdin ihrem Jonathan zu zeigen hatte; jedenfalls hing es mit der Frage des Entkommens zusammen. Erst nach längerer Zeit wagten wir uns zum zweiten Mal an das Loch. Die beiden saßen wieder unten und spannen das Thema, welches sie vorhin abgerissen hatten, weiter. Gleich der Anfang ihres nunmehrigen Gespräches ließ vermuten, daß es einen für uns sehr wichtigen Inhalt haben werde, denn sie sprachen von der Möglichkeit der Flucht, des Entkommens aus dem Talkessel. Ich beugte den Kopf tiefer hinab, um ihre Worte leichter verstehen zu können; da aber faßte Winnetou leider meinen Arm, zog mich zurück und flüsterte mir zu:
    „Rasch fort; da oben kommt jemand; ich höre es!“
    Wir befanden uns, wie bereits erwähnt, auf der zweiten Terrasse, von unten herauf gerechnet, also in so unbedeutender Höhe über der Sohle des Tales, daß wir, wenn wir aufrecht standen, von dem Schein des Feuers, welches am Eingang brannte, getroffen wurden. Wir durften uns also nicht aufrichten und schoben uns kriechend von dem Loch weg, wo wir uns im Lampenlicht befunden hatten. Ich hatte kein Geräusch gehört, konnte mich aber auf die scharfen Sinne des Apachen verlassen. Als wir uns eine kleine Strecke von dem Loch entfernt hatten, hielten wir an, um zu lauschen. Es war nichts zu hören, darum fragte ich Winnetou mit leiser Stimme:
    „Was für ein Geräusch hat mein Bruder vernommen?“
    „Neben uns Schritte und auch eine Stimme.“
    „Aber es kommt niemand. Es wird nicht auf der nächsten, sondern auf einer noch höheren Plattform gewesen sein.“
    „Nein; es war gleich über uns. Ich weiß ganz genau, daß –“
    Er hielt inne, denn gerade über uns hörten wir eine leise, und zwar männliche Stimme sagen:
    „Komm doch weiter! Warum bleibst du hier stehen?“
    „Weil ich etwas gesehen habe, was mir auffällt“, wurde ebenso leise geantwortet, doch hörten wir es.
    „Was?“
    „Zwei Köpfe waren da unten über dem Loch.“
    „Das ist doch nicht auffällig!“
    „Zwei Köpfe, welche lauschten? Das soll nicht auffällig sein?“
    „Nein. Es werden die Dienerinnen dagesessen haben.“
    „Nein. Es waren Männer.“
    „Rote? Es sind Krieger von uns gewesen.“
    „Nein. Es war ein Indianer, dessen Kopf nur mit seinem langen Haar bedeckt war, und ein Weißer, der einen Hut trug.“
    „Also ein Krieger von uns, und vielleicht der Vater des jungen Bleichgesichtes.“
    „Auch das nicht, denn der Vater besitzt einen anderen Hut. Es waren Fremde!“
    „Das ist unmöglich!“
    „Ich würde das auch denken, wenn ich sie nicht, gerade als ich den Rand hier erreichte, ganz deutlich gesehen hätte.“
    „Nun lege dich nieder! Wir wollen einmal hinabsehen.“
    Wir hörten am Geräusch, daß sie sich niederlegten und über die Kante der

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