4. Die Rinucci Brüder: Lass die Sonne in dein Herz
College.“
„Darüber würde ich mich sehr freuen.“
„Und die Kosten?“
„Mach dir deswegen keine Gedanken. Ich investiere gern in deine Zukunft.“
„Gut, dann fliege ich am besten sofort nach Hause und schreibe mich wieder ein. Neapel gibt mir nichts, ich finde es langweilig.“
Della liebte ihren Sohn sehr, doch die Aussicht, noch etwas mehr Zeit mit Carlo allein zu verbringen, war verlockend.
„Das ist wirklich eine gute Idee“, stimmte sie ihm deshalb zu.
„Wovon redest du?“, mischte sich Carlo ein.
„Sol geht wieder aufs College.“
„Gut.“
Als sie Carlos nichtssagende Miene und Sols Blick bemerkte, den er Carlo zuwarf, dämmerte es ihr. „Habe ich es mir nur eingebildet?“, fragte sie später, als sie allein waren.
„Was?“ Carlo sah sie verständnislos an.
„Du weißt genau, was ich meine“, erwiderte sie. „Spiel nicht den Unschuldsengel, du raffinierter Kerl.“
„Du kennst mich offenbar besser als jeder andere.“
„Du steckst dahinter, stimmt’s?“ Ihre Stimme klang vorwurfsvoll. „Schon den ganzen Tag führst du etwas im Schilde. Zuerst hast du ihn zu Tode gelangweilt …“
„Dann habe ich ihn dazu gebracht, hart zu arbeiten. Stört dich das?“
Sie wollte ihm sagen, dass er kein Recht dazu hatte, sich in ihre und die Angelegenheiten ihres Sohnes einzumischen, überlegte es sich jedoch anders.
„Nein“, erwiderte sie schließlich. „Ich habe auch schon versucht, ihn zu überreden, wieder aufs College zu gehen.“
„So? Ich dachte, du hättest ihm geglaubt, dass er sich einen Job suchen wollte.“
„Ich tue so, als würde ich ihm alles glauben, was er mir erzählt. Eine andere Wahl habe ich ja gar nicht. Weshalb gelingt dir, was mir nicht gelingt?“
„Weil ihm die Alternative nicht gefallen hat“, antwortete Carlo lächelnd. „Er ist erwachsen, Della. Es wird Zeit, dass er selbstständig wird und sich nicht mehr nur auf dich verlässt. Das ist besser für ihn.“ „Ja, ich weiß.“
„Lass uns nach Neapel zurückfahren, damit er seinen Rückflug bucht, ehe er es sich anders überlegt.“ Am Abend nahmen sie Sol zum Essen mit in eines der besten Restaurants der Stadt, und am nächsten Morgen brachten sie ihn sehr früh zum Flughafen. Auf der Rückfahrt verkündete Carlo: „Jetzt holen wir dein Gepäck aus dem Hotel, bezahlen dein Zimmer und fahren nach Hause.“
„Nach Hause?“
„Ja, zu unserem Zuhause.“
„Ich habe nicht gesagt, dass ich zu dir ziehe.“
„Nein, aber ich sage es. Du brauchst gar nicht zu protestieren.“
„Und du behauptest, du seist pflegeleicht.“
„Sobald wir die Tür hinter uns zugemacht haben, mache ich alles, was du willst. Versprochen.“ „Nachdem du zuvor deinen Willen durchgesetzt hast“, stellte sie fest.
„Ja, du hast es erfasst.“ Er warf ihr einen belustigten Blick zu.
Seine große Eigentumswohnung lag im dritten Stock eines eleganten Apartmenthauses. Riesige Fenster gaben den Blick frei auf das Meer und den Vesuv. Während Della die wunderschöne Aussicht genoss, stellte Carlo sich hinter sie und umarmte sie liebevoll.
„Es ist schon viel zu lange her, dass wir uns geliebt haben“, flüsterte er.
„Wollten wir nicht arbeiten?“
„Das können wir später immer noch.“
Nachdem sie sich leidenschaftlich und innig geliebt hatten, beruhigte Della ihr schlechtes Gewissen, indem sie eine Stunde lang E-Mails versandte und Anrufe tätigte. Dann fing sie an, Einzelheiten für die neue Serie festzulegen. Und als Carlo aufwachte, arbeiteten sie zusammen weiter.
Es war faszinierend, ihn zu beobachten und ihm zuzuhören. Er nahm die Arbeit sehr ernst, war äußerst konzentriert, und sein Wissen schien unerschöpflich zu sein. Man könnte beinahe glauben, einen ganz anderen Menschen vor sich zu haben, überlegte sie.
Doch wenn er ihr in die Augen sah, wusste sie, dass er immer noch derselbe Mensch war. Am Nachmittag fuhren sie nach Pompeji, wanderten zwischen den Ruinen umher, besprachen, wo die Kameras aufgestellt werden sollten, und fingen an, Manuskripte vorzubereiten. Zum Schluss gingen sie in das Museum, wo Della wieder vor den Liebenden stehen blieb. Carlo beobachtete sie so aufmerksam, als hoffte er, ihre Miene und ihre Haltung würden ihm ihre Gedanken verraten. „So eine innige Liebe“, sagte sie leise. „Die beiden sind so sehr ineinander versunken, dass alles um sie herum unwichtig ist.“
Er nickte. „Sie konnten den Lavastrom, der für sie den sicheren Tod bedeutete, nur
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