4. Die Rinucci Brüder: Lass die Sonne in dein Herz
deshalb ignorieren, weil sie einander hatten.“
„‚How do I love thee?‘“, zitierte Della. „‚Let me count the ways.‘“
„Was ist das?“, fragte er.
„Das ist aus einem Gedicht meiner Lieblingsdichterin Elizabeth Barrett Browning. Sie hat im neunzehnten Jahrhundert gelebt und offenbar dasselbe empfunden wie dieses Liebespaar hier. Sie hat beschrieben, wie sehr sie ihren Mann liebt, und schreibt am Ende, wenn Gott es wolle, würde sie ihn nach dem Tod noch inniger lieben.“
„Alle Liebenden empfinden so“, sagte Carlo. „Wenn man der Frau begegnet, die man heiraten möchte, weiß man, dass man sie bis zum Tod und darüber hinaus liebt. Wenn man sich dessen nicht sicher ist, stimmt etwas nicht.“
Dabei sah er sie so ernst und liebevoll an, dass sie Herzklopfen bekam. Er wartete auf die Antwort, die sie ihm nicht geben konnte.
„Ich war mir vom ersten Moment an völlig sicher“, fügte er hinzu. „Sag mir, dass du mich liebst und dir auch sicher bist“, bat er.
„Du weißt, dass ich dich liebe.“
Er nahm ihre Hand, hob sie an die Lippen und küsste sie. „Wie sehr liebst du mich?“
„Das verrate ich dir lieber nicht, du bist auch so schon eingebildet genug“, erwiderte sie.
Carlo schüttelte den Kopf. „Was dich betrifft, bin ich völlig unsicher. Du machst mit mir, was du willst. Aber das stört mich nicht; wichtig ist nur, dass du mich liebst.“
„Ich wüsste gar nicht, wie ich dir erklären sollte, wie sehr ich dich liebe.“
Er umarmte sie und legte die Stirn an ihre. „Versuch es einfach“, flüsterte er. „Es ist mein größter und einziger Wunsch – nein, das stimmt nicht, ich habe noch einen großen Wunsch. Doch darüber reden wir später.“
„Ja“, stimmte sie ihm zu. Früher oder später musste sie eine Entscheidung treffen, und davor fürchtete sie sich.
„Ich weiß, du wirst mir meinen sehnlichsten Wunsch erfüllen. Du willst es doch auch, oder? Du lässt mich schon so lange auf deine Antwort warten.“
„Mein Liebling …“
„Ich weiß“, unterbrach er sie. „Ich wollte dich nicht drängen und werde versuchen, es nicht zu vergessen.“
„Trotzdem wirst du es immer wieder tun, du kannst gar nicht anders“, versuchte sie zu scherzen, um ihn abzulenken. „Du bist zu sehr daran gewöhnt, deinen Willen durchzusetzen.“
„Ja, das ist richtig“, gab er zu. „Ich will …“
Della legte ihm den Finger auf die Lippen und brachte ihn zum Schweigen. „Nicht hier und nicht jetzt.“
„Wie du willst.“ Er löste sich von ihr, und sie schlenderten nebeneinander weiter.
Den Rest des Tages war er entspannt und glücklich darüber, mit ihr zusammen zu sein. Wenn sie ihn ansah, lächelte er und schien mit sich und der Welt zufrieden zu sein.
Und das bereitete ihr Unbehagen. Offenbar war er sich völlig sicher, dass sie ihm die Antwort geben würde, die er sich wünschte. Ihre Zweifel schienen ihn nicht zu berühren, und sie wünschte, sie könnte diese einfach verscheuchen.
Sie konnte die Aussprache nicht endlos lange hinauszögern, sondern musste ihm bald klarmachen, dass sie wirklich zu alt für ihn war. Das bedeutete jedoch nicht das Ende ihrer Beziehung. Auch wenn sie nicht heirateten, konnten sie noch länger zusammenbleiben und wenigstens die Serie drehen. Nach einem Jahr würde er wahrscheinlich einsehen, dass der Altersunterschied zu groß war, sodass sich damit alles von selbst erledigte.
Della genoss das Zusammenleben mit Carlo. Es war herrlich, neben ihm aufzuwachen und in seinen Armen einzuschlafen, nicht auf seine Ankunft warten und sich nicht von ihm verabschieden zu müssen. Es gab nur sie beide, sie brauchten auf niemanden Rücksicht zu nehmen.
Nur als sie eines Abends zum Essen in die Villa eingeladen wurden, wurde ihre Freude etwas getrübt. Francesco war auch da, und Ruggiero kam mit Myra.
„Meine Mutter wollte Myra unbedingt dabeihaben“, sagte Carlo leise zu Della.
„Das habe ich mir gedacht“, erwiderte sie genauso leise. Es amüsierte sie, wie gern Hope Rinucci sie daran erinnerte, dass sie einen erwachsenen Sohn hatte, der ihnen die junge Frau vorgestellt hatte. Natürlich war Carlos Mutter zu klug, um irgendwelche Anspielungen zu machen, und sie verhielt sich Della gegenüber absolut korrekt. Sie gab sogar zu erkennen, dass sie bereit war, die Partnerin ihres geliebten Sohnes zu akzeptieren.
Doch alle außer Myra waren erleichtert, als der Abend zu Ende war. Della erwiderte das höfliche Lächeln ihrer
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