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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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mich das Rätsel gepackt hatte. Unabhängig von der Schlinge um meinen Hals. Unabhängig von der Erpressung. Unabhängig von dem Vampir und dem durchgedrehten Inquisitor, die mit mir in diesem Flugzeug saßen.
    Ich selbst wollte es begreifen. Ich wollte Merlins Rätsel knacken. Niemals würde ich so stark werden wie er, aber vielleicht konnte ich mich wenigstens intellektuell mit ihm messen?
    Nur zu gern wollte ich daran glauben, dass ich es konnte …
    So geh voran, wenn du stark bist wie ich;
    Wenn du klug bist wie ich, weich zurück.
    Gut, war ich also wieder bei diesen Zeilen angelangt. Der Sinn schien mir mehr oder weniger klar. Ein starker Magier konnte vorwärts gehen und sein Ziel erreichen, indem er Merlins Weg folgte. Ein weiser würde zurückgehen und einen Schleichweg einschlagen.
    Anfang und Ende, Kopf und Schwanz, alles ist eins …
    Pure Lyrik. Alpha und Omega, Anfang und Ende. Aber Kopf und Schwanz? Konnte das eine Anspielung auf den Golem in der fünften Schicht sein?
    Über diese Zeilen sollte ich intensiver nachdenken. Wie ging es dann weiter?
    … im Kranz der Schöpfung. So sind Leben und Tod nicht zu trennen.
    Das bezog sich mit Sicherheit darauf, wie das Artefakt eingesetzt werden konnte. Leben und Tod waren unteilbar. Die ins Zwielicht eingegangenen Anderen konnten wieder zum Leben erweckt werden, in unsere Welt zurückkehren … Aber wollten sie das? Thomas Rhymer hatte ich fast mit Gewalt aus der sechsten Schicht herausziehen müssen, denn nur zu gern wäre er dort geblieben, um sich an den Freuden des magischen Paradieses zu laben.
    Ich malte mir aus, wie der auferstandene Kostja seinen Vater anschreien würde: »Habe ich dich darum gebeten, mich auferstehen zu lassen?« Wäre dergleichen denkbar?
    Keine Ahnung. Ich begriff das einfach nicht. Vermutlich irrte sich Thomas. Denn er saß genauso in der Falle seiner Träume, wie Edgar und Gennadi durch die ihren blind geworden waren. Jener Bewohner des Zwielichts, der es vor langer Zeit in die erste Schicht geschafft und mir den Weg zum Stab der Dunklen gezeigt hatte, schien mir nicht besonders glücklich gewesen zu sein – womit er mich gewissermaßen gerettet hatte. Wer er wohl gewesen war und warum er mir geholfen hatte? Und wie hatte er in den gespenstischen Tiefen seines Universums überhaupt etwas von den Ereignissen mitbekommen können?
    Fragen, Fragen, nichts als Fragen …
    Anfang und Ende, Kopf und Schwanz, alles ist eins.
    Hier konnte man ansetzen. Kopf und Schwanz! Das ließ mir keine Ruhe! Bei wem waren Kopf und Schwanz zusammengewachsen? Hm … Also abgesehen von dem Golem mit den Zähnen an beiden Schwänzen …
    Aber warum sollte ich den eigentlich außer Acht lassen?
    Mir konnte er natürlich egal sein. Aber vielleicht schaffte ich es, ihn der entzückenden Ewigen Wache zu servieren.
    Der Kranz der Schöpfung müsste in diesem Fall im Körper des unglücklichen zweiköpfigen Ungeheuers verborgen sein. Irgendwo in der Mitte. Wo eine Hälfte beginnt und eine endet. Wo Kopf und Schwanz unteilbar sind … Geh zurück, das hieße dann: Geh in die fünfte Schicht, dort findest du, was du suchst!
    Das könnte funktionieren. Wenn ich es mit ernster Miene vortrug. Die Rune hatten sie nicht, und Edgar würde es kaum gelingen, sie zu beschaffen. Sollten sie doch ruhig versuchen, den Golem zu vernichten, den Merlin geschaffen hatte!
    Falls sich im Bauch des kriechenden Untiers allerdings tatsächlich der Kranz der Schöpfung finden würde, stünde ich … ziemlich dumm da.
    Doch diese Möglichkeit hielt ich für unwahrscheinlich.
    »Du lächelst«, bemerkte Gennadi. »Woran denkst du?«
    »Pst«, sagte ich. »Ich lasse meinen Geist schweben. Gib mir lieber noch etwas Kognak.«
    Gennadi presste die Lippen zusammen und schwieg.
    In Gedanken vertieft und eingehüllt in einen Kokon völliger Stille, verpasste ich sogar den Start. Als ich wieder aus dem Fenster sah, waren wir schon hoch in der Luft, über der ersten Wolkenschicht. Verrückt war das – überall sah ich jetzt Schichten, die es zu überwinden galt.
    Aber irgendetwas in dieser Zeile fesselte meine Aufmerksamkeit wirklich. Kopf und Schwanz? Davon hatte ich schon gehört. In der Magie? Nein, wohl eher in der Folklore. Bestimmte Glaubensvorstellungen … Na klar! Die ägyptischen, später auch die europäischen Mythen. Alchimistische Traktate. Der Buddhismus mit dem Rad der Samsara, den Wiedergeburten …
    Der Uroboros.
    Die Schlange, die sich in den Schwanz beißt.
    Ein Schauder

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