Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
rieselte über meine Haut. Natürlich hatte Merlin sich etwas dabei gedacht, als er in der fünften Schicht die zweiköpfige Schlange als Hüter eingesetzt hatte … Selbstverständlich befand sich der Kranz nicht in ihr.
    Aber einen Hinweis hatte er uns gegeben. Noch dazu einen absolut offensichtlichen!
    Anfang und Ende. Etwas, das sich selbst gebiert, befruchtet und mordet. Die ewige und unveränderliche Kraft, die sich im Raum auflöst und neu entsteht, der endlose Kreis der Zeit, der Schutz gegen das Chaos und das Dunkel, der das Universum umgibt, es umfasst, die Welt aufrechterhält, der das Leben in den Tod hineinträgt und den Tod ins Leben, gleichermaßen reglos und flink …
    Tod und Wiedergeburt.
    Der endlose Kraftstrom, der stirbt und aufersteht …
    Ich hatte es begriffen.
    Alles hatte ich begriffen.
    Meine Finger erzitterten. Ich krallte mich an den Armlehnen fest. Fing einen misstrauischen Blick von Gennadi auf. »Ich habe Flugangst«, erklärte ich. »Hol mir einen Kognak! Sei so gut – wenn auch nur für kurze Zeit.«
    Schweigend richtete Gennadi sich auf und winkte mit einer Geste die Stewardess herbei.
    Der Uroboros.
    Anfang und Ende. Tod und Leben. Der Ring der Kraft, der das Universum zusammenhält.
    Ich hatte alles begriffen. Als Erster nach Merlin. Falls ich am Leben bleiben sollte, gab es etwas, worauf ich stolz sein konnte!
    »Du hast eine Idee«, bemerkte Edgar. Er erhob sich und beugte sich über die Sitzlehne und sah mir neugierig in die Augen. »He, Anton! Ich habe doch recht, dir ist ein Gedanke gekommen, nicht wahr?«
    »Ja.« Das war ja nicht abzustreiten. »Ich frage dich jetzt noch einmal, Edgar … Bist du sicher, dass es kein Risiko darstellt, die von uns Gegangenen zurückzuholen? Du weißt doch, was der Schatten der Herrscher ist?«
    »Ja.« Edgars Miene verdüsterte sich. »Es sind die von uns gegangenen Magier, die aus der fünften Schicht herausgerufen werden, wo sie relativ lange existieren können. Aus ihrer angestammten Umwelt herausgerissen, mit Kraft vollgepumpt, wahnsinnig … vernichten sie mit unvorstellbarer Grausamkeit alles in ihrem Umkreis. Aber man darf die gewaltsame Entführung und den Missbrauch der von uns Gegangenen nicht mit ihrer Wiederauferstehung vergleichen, Anton. Wenn man dich mitten in der Nacht weckt, indem man dir auf den Kopf schlägt, dich mit Scheiße überschüttet und dir ins Ohr brüllt, würdest du auch anfangen zu toben.«
    »Ihr seid also nicht davon abzubringen …« Ich verstummte. Es wäre unklug, gleich zu »kapitulieren«. Da ich ein Hoher war, konnte Edgar meine Gedanken nicht lesen. Aber er würde eine Lüge anhand der Intonation und meines Gesichtsausdrucks zu wittern vermögen. Und Gennadi ebenfalls. »Edgar, welche Garantien könnt ihr mir geben?«
    »Was denn für Garantien?«, fragte er verwundert.
    »Garantien dafür, dass du nicht den Befehl erteilst, die Bombe in Moskau zu zünden, wenn ich euch alles erkläre. Und dass du mir Schrödingers Katze vom Hals nimmst.«
    »Du verlangst viel«, meinte Edgar lachend.
    »Ich gebe euch auch viel«, antwortete ich im selben Tonfall.
    »Würde dir ein Schwur beim Licht und beim Dunkel genügen?«
    »Edgar!«, warf Gennadi in scharfem Ton ein. »Es gibt für alles eine Grenze!«
    »Ich schwöre beim Licht, beim Dunkel und beim Gleichgewicht zwischen ihnen«, hob Edgar in gemessenem Ton an, wobei er die Hand in dem Spalt zwischen Gennadi und mir ausstreckte, »dass ich dir, sofern du uns hilfst, an den Kranz der
    Schöpfung zu kommen, Schrödingers Katze abnehme, die Explosion in Moskau nicht anordne und dir ein Duell mit Gennadi zugestehe. Falls du es gewinnst, werde ich dir oder deiner Familie keine weiteren Hindernisse in den Weg legen, sofern du mich nicht deinerseits angreifst. Wenn du das Duell verlierst, verpflichte ich mich, nichts gegen Swetlana oder Nadja zu unternehmen. Freilich auch dies nur, sofern sie ihrerseits nicht mich angreifen. Das schwöre ich!«
    Auf seinem Handteller bildete sich eine kleine Kugel, die zur Hälfte leuchtete, zur Hälfte schwarz aussah, als habe sie alles Licht in sich aufgesogen. Die Kugel drehte sich langsam, das Licht sickerte ins Dunkel, das Dunkel ins Licht.
    »Eine Frage noch«, sagte ich. »Was heißt das: Sofern ich euch helfe, an den Kranz der Schöpfung zu kommen? Was genau ist damit gemeint?«
    »Damit ist gemeint, dass wir den Kranz in Händen halten.«
    »Damit bin ich nicht einverstanden.« Ich schüttelte den Kopf. »Es ist gut

Weitere Kostenlose Bücher