4 - Wächter der Ewigkeit
Personalmanager.« Edgar lächelte.
Vier
Es gibt Worte, die lassen einen Menschen ohne jede Magie erstarren.
»Erzähl mal etwas Lustiges«, gehört dazu. Selbst wenn man gerade eben das Finale der Sendung Club der Witzbolde und Schlagfertigen gesehen, den aktuellen Pratchett gelesen oder im Internet ein Dutzend wirklich komischer neuer Witze entdeckt hat – all das ist im Handumdrehen zum Kopf hinausgeflogen.
Nicht minder effektiv wirken die Worte: »Setz dich hin und denk nach!« Mir fiel sofort meine Schulzeit ein, die Klassenarbeit in Algebra oder einer der beiden obligatorischen Aufsätze pro Halbjahr, das müde Gesicht des Lehrers, der ohnehin nichts Vernünftiges von seinen Schülern erwartete.
Diesmal hatten wir bei Aeroflot einen Direktflug nach Edinburgh bekommen. Wenn es eine normale Dienstreise gewesen wäre, hätte ich nichts dagegen einzuwenden gehabt, denn Schottland hatte mir gefallen. Außerdem hatte Edgar selbstverständlich Plätze in der Businessclass gebucht. Unsere drei wütenden Landsleute, die zusammen offensichtlich unsere ganze Boeing-767 hätten kaufen können, tobten am Schalter: Ihre Tickets hatten sich als ungültig erwiesen. Ich sagte zwar nichts, doch in meiner Brust keimte Hoffnung auf. Die Unannehmlichkeiten, die Menschen mit doppelt oder ungültig ausgestellten Tickets haben, gehen meist auf schmutzige Tricks von Anderen zurück. Häufig von Dunklen, mitunter jedoch auch von Lichten. Deshalb drücken die Wachen in solchen Fällen kein Auge zu. Theoretisch jedenfalls nicht. Praktisch zumindest in den Fällen nicht, die in einen ausgewachsenen Skandal münden. Und in diesem Fall versprach der Skandal außerordentlich beeindruckend zu werden …
Allerdings befürchtete ich, die Fahndung würde nicht in dem Maße anlaufen, wie ich es mir wünschte. Vor allem jetzt nicht, da ganz Moskau Sauschkin suchte.
Der Zoll bei der Ausreise war ebenfalls verstärkt worden. Zwei Andere aus beiden Wachen bildeten ein Quartett, die Parität wurde momentan strikt gewahrt. Ich hegte die zarte Hoffnung, man habe Kollegen von mir zum Zoll geschickt, die mich nun erkennen würden – aber nein, alle Anderen kamen aus dem Moskauer Umland, genauer aus Chimki. Zu allem Überfluss überreichte Edgar uns vor dem Einchecken noch falsche Pässe und stattete uns mit soliden Masken aus, die einen Anderen vierten oder fünften Grades täuschen würden. So passierte ich meine Kollegen unter dem Namen von Alexander Peterson aus Petersburg. Gennadi wurde zu Konstantin Arbenin, wie Edgar selbst hieß, hörte ich nicht.
Kaum saß ich im Flugzeug und hatte von der Stewardess den von Edgar in Aussicht gestellten Kaffee samt Kognak bekommen, begriff ich endgültig, dass es kein Entkommen gab. Die plüschige Schlinge um meinen Hals, die schon beim Zoll irritierte Blicke auf sich gezogen hatte, schnürte sich bisweilen noch enger um mich und zerkratzte mir mit ihren kurzen Krallen die Haut. Oder zerbiss sie mit den Zähnen. Fehlte nur noch, dass sie schnurrte – in Erwartung, ich würde Magie anwenden. Inzwischen war mir auch wieder eingefallen, wie dieses Ding hieß. Schrödingers Katze. Offenbar weil niemand wirklich begriff, ob dieses Mistvieh lebte oder tot war. Bei der
Inquisition setzte man Schrödingers Katze ein, wenn es galt, Schwerverbrecher irgendwohin zu überführen. Und niemals versagte dieses Scheißding. Wenn ich mich nicht irrte, handelte es sich um ein Unikat. Edgar hatte sich in der Tat einmalige Artefakte besorgt.
»Trink deinen Kaffee«, forderte mich Edgar freundlich auf. Ich saß am Fenster, Gennadi neben mir. Edgar hatte einen Platz in der Reihe hinter uns, außerdem hatte er darauf geachtet, den Nachbarsitz frei zu halten. Der verwirrte, jedoch keinen Protest einlegende Passagier wurde in der Economyclass untergebracht, mit Entschuldigungen überschüttet und mit einer Kompensation in Form zahlloser Bonuspunkte beschwichtigt. Insgesamt hinterließ die Aeroflot einen überraschend angenehmen Eindruck. Nicht schlechter als westliche Linien, womöglich sogar besser. Nur schade, dass meine beiden entzückenden Reisegefährten mich daran hinderten, den Flug zu genießen.
Ich trank Kaffee und nippte zwischendrin am Kognak. Beobachtete, wie die Maschine zur Startbahn rollte. Hinter mir flüsterte Edgar etwas, worauf das Heulen verschwand. Der Schirm des Schweigens. Selbstverständlich war es von Vorteil, wenn uns jetzt niemand störte und belauschte. Glücklicherweise standen Edgar – im
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