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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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nachgemachten Spielzeug für den Weihnachtsbaum, Anton?«, fragte jemand hinter mir. Ich drehte mich um.
    Fünf Schritte von mir entfernt stand Tigerjunges.
    Es waren viele. Viele, die gekommen waren und meiner Unterhaltung mit Merlin zuhörten. Igor Teplow und Alissa Donnikowa, nunmehr zusammen und Händchen haltend – doch in ihren Gesichtern spiegelte sich kein Glück wider. Das Tiermädchen Galja hatte den Blick gesenkt. Murat aus der Samarkander Wache winkte mir verlegen zu. Der Dunkle, den ich ermordet hatte, indem ich ihn vom Fernsehturm in Ostankino gestürzt hatte, sah mich ohne jede Bosheit, ohne jede Wut an.
    Sehr viele hatten sich dort versammelt. Die Bäume versperrten mir die Sicht auf sie alle. Doch wenn es den Wald nicht gegeben hätte, hätten sie sich bis zum Horizont erstreckt. Vorgetreten waren nur diejenigen, die ich kannte.
    »Ich erinnere mich noch daran, Tigerjunges«, sagte ich.
    Ich empfand weder Furcht noch Bosheit. Nur Trauer, eine stille und müde Trauer.
    »Die Sachen wirken echt«, fuhr Tigerjunges lächelnd fort. »Nur bereiten sie dir keine Freude …«
    »Du siehst gut aus«, murmelte ich, um wenigstens etwas zu sagen.
    Nachdenklich betrachtete Tigerjunges ihren Umhang aus Tigerfell. »Ich gebe mir alle Mühe«, meinte sie. »Dir zu Ehren.«
    »Hallo, Igor!«, sagte ich. »Hallo, Alissa!«
    Beide nickten mir zu.
    »Du bist großartig, Anton«, bemerkte Alissa dann. »Stark. Aber bild dir bloß nichts ein, Lichter! Dir hat nämlich Merlin persönlich geholfen.«
    Ich sah den Alten an.
    »Gelegentlich«, bestätigte Merlin voller Taktgefühl. »Nun … Bei eurem bizarren Turm. Und als du dich mit dem Tiermenschen im Wald geschlagen hast … und dann noch ein wenig, als …«
    Ich hörte schon nicht mehr zu. Denn ich hielt nach demjenigen Ausschau, an dessen Worten mir am meisten gelegen war.
    Kostja schubste den Anderen weg, hinter dem er stand, und kam mir entgegen. Von allen, die sich hier versammelt hatten, sah er vielleicht am besten und zugleich am komischsten aus. An ihm hingen noch die Reste des Raumanzugs, der einmal weiß gewesen, jetzt jedoch an einigen Stellen geschwärzt und verbrannt war.
    »Hallo, Nachbar«, begrüßte er mich.
    »Hallo, Kostja«, erwiderte ich. »Ich … ich wollte dir schon längst etwas sagen. Verzeih mir.«
    Er verzog das Gesicht. »Hör doch mit deinen lichten Attitüden auf … Was gibt es da zu verzeihen? Wir haben uns einen ehrlichen Kampf geliefert, und du hast gewonnen. Das ist völlig in Ordnung. Ich hätte wissen müssen, dass du den Schild nicht aus Furcht aufstellst.«
    »Trotzdem«, sagte ich. »Du weißt, dass ich meine Arbeit hasse. Ich bin zu einem Schräubchen geworden … einem Rad im Getriebe, das kein Erbarmen kennt!«
    »Sollten wir nicht genau so sein?« Mit einem Mal lächelte Kostja. »Hör auf damit … Du … musst … meinem Vater das verzeihen. Wenn du kannst. Er war nicht immer so.«
    »Ich werde mir Mühe geben«, meinte ich. »Ich werde es versuchen.«
    »Sag ihm, dass meine Mutter und ich auf ihn warten.« Kostja zögerte kurz, bevor er hinzufügte: »Hier.«
    »Ich werde es ihm sagen«, versprach ich, während ich nach Polina Ausschau hielt.
    Plötzlich trat Kostja vor, drückte mir ungeschickt die Hand -und verschwand wieder.
    In diesem kurzen Moment jedoch, als unsere Handflächen sich berührten, spürte ich, wie seine kalte Hand sich erwärmte, sah, wie die Haut rosarot aufflammte und der Glanz in die Augen zurückkehrte. Schwankend stand Kostja danach da und betrachtete seine Hand.
    Während meine Hand in eisiger Kälte brannte …
    Durch die Kolonne der Anderen ging ein Ruck. Langsam wogte sie auf mich zu. In ihren Augen lag Gier und Neid – bei allen. Selbst bei Tigerjunges, bei Igor und Murat.
    »Stehen geblieben!«, schrie Merlin. Sofort stellte er sich zwischen mich und die von uns gegangenen Anderen. Hob beide Arme in die Höhe. Mir fiel auf, dass er sich alle Mühe gab, mich nicht zu berühren. »Stehen geblieben, ihr Narren! Ein paar Minuten Leben … sind nicht das, was wir wollen, worauf wir gewartet haben!«
    Sie blieben stehen. Verlegen blickten sie einander an, wichen zurück. Gleichwohl brannte in ihren Augen nach wie vor ein irres Feuer.
    »Geh jetzt, Anton«, verlangte Merlin. »Du hast alles verstanden und weißt, was du tun musst. Geh!«
    »Ich komme nicht durch, da ist die Ewige Wache«, erklärte ich. »Ja, wenn dein Golem sie nicht aufhalten würde …«
    Merlin schien durch mich

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