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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wellen durch die fürchterliche Enge gerissen worden und dann jenseits der Felsenpforte emporgeklettert! Schaut her, Sir, sie hat sich das Knie zerschunden. Ich werde einen Fetzen vom Rock schneiden und ihr einen recht sauberen Verband umlegen. – – Wäre doch lieber ich ein wenig geschunden worden!“
    Noch lange, lange dauerte es, ehe die Lohe sich auf den oberen Teil des Tals zurückzog, wo der emporsteigende Ölstrahl ihr immer neue Nahrung bot. Das Mädchen war wieder zu sich gekommen, hatte aber den Schreck noch nicht überwunden und vermochte nur unzusammenhängende Worte zu stammeln.
    Am Morgen stieg die Sonne über die Ebene empor, und in ihren goldenen Strahlen erbleichte der Schein des flammenden Öls. Als wir an den Rand der Schlucht traten, um nach der Verwüstung zu sehen, welche der fürchterliche Brand da unten angerichtet hatte, ergriff uns ein Gefühl des Entsetzens und zugleich des Dankes für unsere glückliche und wunderbare Rettung. Alles war zerstört und vernichtet, alles. Die Gebäude lagen in Trümmern, der Boden sah schwarz und verbrannt, keine Spur von Leben war mehr zu erkennen, kein menschliches Wesen ließ sich erblicken. Die gestern noch gelebt und frisch geatmet hatten, sie hatten alle ihren Untergang gefunden – alle? Bewegte sich dort nicht etwas die Kante der Vertiefung entlang? War es ein Mensch oder ein Tier?
    „Ich habe Hunger, Sir, fürchterlichen Hunger“, meinte Hawkens, „und werde einmal nachschauen, ob ich zum Schuß kommen kann. Es wird wohl nichts anderes sein als ein elender Coyote, den der Brandgeruch aus der Prärie herbeigetrieben hat: aber wenn man keine Büffel-Lende hat, so ist man auch mit einem Stück vom Schakal zufrieden. Bleibt einstweilen bei den Pferden!“
    Er nahm seine Schießmaschine zur Hand und schritt vorsichtig der Gegend zu, in welcher wir das einsam sich vorwärts schleichende Geschöpf gesehen hatten. Der gute Sam sah heute noch possierlicher aus als gestern. Grad so wie mir war ihm in der gestrigen Hitze Kopf- und Barthaar vollständig weggesengt worden; Rock, Hose und Stiefel, alle aus Leder gefertigt, hatten bei dem Wechsel von Glut und Wasser ihren Zusammenhalt verloren und bröckelten ihm stückweise vom Leib, und der alte Filz war ihm so zusammengeschrumpft, daß er ihm wie ein verbrannter Eierkuchen auf dem kahlen Scheitel lag und die unvergleichliche Nase in ihrer ganzen Dimension erkennen ließ.
    Nach einer Weile kehrte er in Begleitung eines Mannes zurück, in dem ich sofort Alberts erkannte.
    „Habe Unglück gehabt, Sir!“ klagte Sam. „Es gibt weder eine Büffel-Lende noch ein armseliges Coyoten-Viertel. Das Tier, welches ich schießen wollte, war dieser edle Master hier, der nach seiner Tochter sucht und jammert, die er verloren hat. Laßt ihn doch einmal Eure Miß ansehen!“
    Die Veränderung, welche mit dem stolzen Mann vorgegangen war, wirkte so ergreifend, wie die Szene, welche nun erfolgte. Das Mädchen war seine Tochter. Sie hatte, wie wir nun erfuhren, gestern am Nachmittage einen kleinen Ausflug unternommen und bei dem Heimweg durch meinen Arrow Rettung vor dem sonst unvermeidlichen Tod gefunden. Durch die entsetzliche Katastrophe war dem Ölprinzen alles verloren gegangen, was er in Young-Kanawha sein Eigen nannte. Von allen lebenden Wesen waren nur wir vier, die wir beieinander standen, dem Untergange entflohen, und zwar Alberts nur infolge des Umstandes, daß er sich im Augenblick der Detonation an einem oberhalb des Bohrlochs gelegenen Ort befunden hatte, während der Feuerstrom seinen vernichtenden Weg talabwärts nahm. An dieser Stelle hatte er diejenigen versammelt und abgeschickt, welche uns überfallen sollten. Die Unglücklichen hatten den Strom gar nicht erreicht, sondern waren unterwegs von dem Brand erfaßt und getötet worden.
    „Behold, Master Petroleum“, bedeutete ihm der noch immer auf ihn zornige Sam, „es ist immer ein gefährliches Ding, einen gewissen Hawkens die Nase mit Pittsöl einreiben zu wollen. Noch keiner hat es fertig gebracht und auch Ihr hättet besser getan, Eure eigne Nase in das Öl zu stecken, dann hättet Ihr vielleicht noch rechtzeitig gerochen, daß es aus dem Loch wollte. Doch das ist nun vorüber, und wir wollen nicht weiter daran denken; Ihr seid bestraft genug! Verschafft uns zunächst ein wenig zu essen, dann werden wir ja sehen, ob auch wir Euch in irgendeiner Weise dienen können.“
    Alberts schüttelte traurig mit dem Kopfe.
    „Es ist nichts da, gar nichts,

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