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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schritte vom Ufer entfernt, hatte irgendein Zufall einen Zweig geknickt, der noch am Ast hing; infolgedessen waren seine Blätter verdorrt, aber trotzdem waren sie naß.
    „Halt, hier!“ sagte ich, indem ich an das Ufer sprang, aus Vorsicht aber das Pferd noch im Wasser ließ.
    Ich betrachtete den Boden und fand, daß das Gras niedergetreten, aber mit der Hand künstlich wieder aufgerichtet worden war.
    „Hier ist er an das Ufer gegangen. Er hat das Wasser von der Lederhose geschüttelt, und dabei sind diese Blätter naß geworden. Seine Fußspur hat er auszuwischen versucht.“
    Winnetou fand, daß ich recht hatte; er schritt wieder voran. Seinem scharfen, geübten Auge konnte die Fährte nicht entgehen, obgleich sie möglichst unkenntlich gemacht worden war. Aus dem letzteren Grund mußten wir, um die Spur nicht zu verlieren, die Pferde führen. Das war höchst beschwerlich und zeitraubend. Olbers hatte sich immer die Stellen herausgesucht, an denen eine Spur nicht haftete. So kamen wir nur ganz und gar langsam vorwärts, während er wenigstens fünfmal so schnell gegangen war.
    Die Eindrücke seiner Füße führten uns in einem weiten Halbkreis um den See herum, nach der östlichen Seite desselben. Wir kamen wieder auf die Höhe, wo das Buschwerk bedeutend lichter stand. Hier hatte er gemeint, weniger vorsichtig sein zu dürfen, und so stiegen wir wieder zu Pferd; seine Spur war deutlich zu sehen.
    Dadurch konnten wir das Versäumte einigermaßen nachholen. Es mochten seit unserem Aufbruch aus dem Öltal drei Stunden vergangen sein, als wir uns höchstens zwei englische Meilen von demselben entfernt befanden. Da lief die Fährte, der wir folgten, in einen ziemlich großen, freien Grasplatz aus, welcher ganz von Pferdehufen zertreten war. Hier hatten seine Leute auf ihn gewartet.
    Eine kurze Untersuchung brachte uns in die Richtung, in welcher sie davongeritten waren; sie führte nach Osten. Sollten sie ihr Vorhaben aufgegeben haben und nicht mehr an den Überfall denken? Wir mußten uns überzeugen. In diesem Fall kehrten auch wir nicht nach dem See zurück, wenigstens nicht bevor wir Olbers ergriffen hatten; das verstand sich ganz von selbst.
    So verging der Nachmittag, und der Abend dunkelte bereits herein. Da bog sich die Fährte plötzlich nach Nord und nach fünf Minuten gar wieder nach West zurück. Ich erschrak. Die tiefen Hufeindrücke bewiesen, daß die Buschheaders von jetzt an ein rascheres Tempo eingeschlagen hatten.
    „Uff!“ rief Winnetou. „Was denkt mein Bruder Scharlih jetzt?“
    „Sie haben sich anders besonnen und sind wieder umgekehrt. Sie werden das Tal doch noch überfallen!“
    „Howgh!“
    Er sprach nur dies eine Wort aber er setzte sein Pferd in Galopp, der Spur nicht die mindeste Aufmerksamkeit mehr schenkend. Jetzt galt es ja nur, den See so schnell wie möglich zu erreichen.
    Es wurde dunkel, und die Sterne gingen auf. Mir lag es auf der Seele wie ein bevorstehendes großes Unglück. Wir trieben die Pferde zur größten Eile an, aber das Dunkel und die vielen Hindernisse hielten uns auf. Doch endlich nahten wir uns dem See wieder; schon drang uns der Petroleumgeruch entgegen. Da da hörten wir tief unten Schüsse fallen, und ein Unglück verkündendes Geschrei scholl uns entgegen. Wir erreichten den Rand des Kraterkessels und blickten hinab.
    Wir sahen unten schwarzglühende Flammen hoch emporlodern, und ein dicker Rauch wallte in die Höhe. Schüsse krachten, Schreie erschallten – – –
    „Sie sind bereits unten“, rief ich; „sie haben die Reservoirs entzündet; das Petroleum brennt. Hinab, schnell, schnell!“
    Wir jagten am Rand des Kessels hin und dann hinab, dem Eingang zu. Daß wir da lebendig hinabgekommen sind, kann ich heut noch nicht begreifen. Aber noch lag die schwierigste Partie vor uns, ein Trümmergewirr, welches wir heut am Tag passiert hatten. Aber jetzt bei Nacht – – –?
    „Tkli ti sisi – die Pferde hier lassen!“ rief Winnetou.
    Wir sprangen ab, banden die Pferde an die Bäume und eilten dann weiter. Stolpernd, stürzend, uns immer wieder aufraffend erreichten wir endlich die Abflußspalte. Ich war voran und drang in die enge Spalte ein.
    „Halt! Niemand darf hindurch!“ rief uns eine Stimme entgegen.
    Das konnte nur einer der Feinde sein, welchen der rote Olbers hier als Wache zurückgelassen hatte. Ich hielt seinetwegen keinen Augenblick im Lauf inne. Ich konnte ihn zwar nicht sehen, aber ich hielt den Kolben meiner Büchse vor und

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