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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aufzustehen, und es ging, aber die giftigen Gase schienen alle meine Eingeweide zerfressen zu haben. Die Kleider hingen mir wie Zunder auf dem Leib; Bart, Kopfhaar, Brauen und Wimpern, alles war verschwunden, und so war es auch bei Winnetou.
    Draußen vor dem Zelt wurde ich mit Jubel von den dort lagernden ‚Wilden‘ empfangen. Nun sah ich, daß das Zelt ganz am Rand des Kraters stand. Unten stieg der Strahl des brennenden Petroleums noch hoch empor, aber fast zweihundert Tetongs waren beschäftigt, den verderblichen Strom nach und nach einzudämmen. Der Krater sah aus wie eine Hölle, und die Indianer erschienen wie Teufel, die um die riesige Flammenfontäne tanzten.
    Es stand noch ein zweites Zelt da, welches die Frauen und Kinder enthielt, die zwar ebenso versengt waren wie ich, aber doch lebten. Die Stelle, auf welcher das Wohnhaus gestanden hatte, war jetzt ein rußiger Steinhaufen, unter welchem die Sioux den Besitzer mit einigen seiner Leute, die sich mit ihm in den Keller gerettet hatten, besinnungslos hervorgezogen und dann nach langer Mühe zum Bewußtsein gebracht hatten. Von der Truppe des roten Olbers war kein einziger entkommen, wie es schien; sogar der Posten, den ich mit dem Kolben in das Wasser gestoßen hatte, war außerhalb des Abflusses gefunden worden, ertrunken in den Wellen, von denen er, der Betäubte, fortgerissen worden war.
    Daß die Sioux vom Stamme der Tetongs erschienen waren, und zwar grad noch zur rechten Zeit für uns, läßt sich sehr leicht erklären. Sie waren ja der Bande des roten Olbers gefolgt, um die Beleidigung, welche ihrem Häuptling widerfahren war, zu rächen. Ich fand an ihnen ernste, wahre Freunde, bei denen ich mich in Gesellschaft Winnetous erholte von den Folgen des Ölbrandes, welche doch schlimmer waren, als ich zuerst geglaubt hatte.

Der Gitano
    Es war am 29. Juli 1875. Zwei Tage vorher hatte Don Carlos bei Tolosa über die Brigaden Dorregarrays große Heerschau gehalten und demselben neue Pläne über den fortzusetzenden Widerstand nach Navarra geschickt. Ich selbst war bei dieser Gelegenheit so glücklich gewesen, den jetzt so vielgenannten, um nicht zu sagen, berühmten Mann zu sehen, hatte auch um eine kurze Audienz gebeten, war aber abgewiesen und zu General Mondiri, welcher an Stelle Perulas kommandierte, geschickt worden.
    Das Saragossische Haus, welches ich vertrat, hatte vor längerer Zeit mehrere bedeutende Lieferungen an die Carlisten effektuiert und trotz mehrmaliger Erinnerungen bis dato noch keine Zahlung erhalten. Deshalb war ich von dem Chef der Firma beauftragt worden, nach Tolosa zu gehen und womöglich mit dem Prätendenten selbst zu sprechen. Leider kehrte ich unverrichteter Sache zurück und mußte dabei noch Gott danken, mit heiler Haut davongekommen zu sein, da ich von verschiedenen Seiten nur zu deutlich den guten Willen erkannt hatte, dem unwillkommenen Mahner einen der nur zu wohl bekannten ‚Carlistenstreiche‘ zu spielen.
    Deshalb wählte ich nicht die gewöhnliche, über Pamplona, Sanguesso und Egea nach Saragossa führende Straße, auf welcher es von Bandieros (Carlisten) wimmelte, sondern schloß mich einer Mula (Maultierkarawane) an, welche nach Alfaro ging, und wollte von diesem Ort womöglich auf den Wellen des Ebro mein Ziel erreichen, um dann später über Tortosa auf dem Seeweg in meine Heimat zurückzukehren.
    Der Mulero (Führer der Karawane) war ein Asturier von finsterem Aussehen. Er sprach wenig, fluchte aber desto mehr und hatte nach seiner Ansicht auch genügend Ursache dazu. Schon seit langen Jahren hatte er mit den Contrabandistos (Schleichhändler) an der französischen Grenze in Verbindung gestanden, von denen er in Ochagavia die Warenballen in Empfang nahm, um sie über Tafalla und Alfaro nach Soria zu bringen, von wo aus sie von einem Geschäftsfreund nach Valladolid expediert wurden. Bei seiner letzten Reise war er unter die Carlisten geraten und hatte nicht nur seine Ladung, sondern auch die besten seiner Maultiere eingebüßt, so daß er nur mit dem ingrimmigsten Haß an die ‚Banditen des räuberischen Don Habenichts‘ dachte.
    Unterwegs hatten sich uns zwei Gitani (Zigeuner) zugesellt, welche fast meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Es war ein noch junger Mann von ungefähr sechsundzwanzig Jahren und ein Mädchen, welches acht Jahre weniger zählen mochte. Beide waren von außerordentlicher Schönheit und zeigten jene stolze, imponierende Haltung, durch welche sich der Bewohner Neukastiliens

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