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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ein Obdach? Tretet ein und seid mir willkommen!“
    „Ihr irrt, Sir“, sagte ich, vom Pferd steigend. „Zwar sind wir Jäger, aber dem Westmann ist's in der Stube und Kammer zu eng; er braucht kein Obdach. Wir kommen vielmehr in einer für Euch wichtigen Angelegenheit.“
    „Ah, eine Geschäftssache, Sir? Und dieser Indsman ist Euer Führer zu mir gewesen?“
    „Nein, auch das nicht. Wir sind lediglich gekommen, um Euch vor einem großen Unglück zu warnen, welches Euch bedroht.“
    „Heigh-ho! Ist's wahr? Ein Unglück? Bitte, tretet ein, Mesch'schurs; ich stehe euch sogleich zu Diensten!“
    Ich folgte seiner Einladung, Winnetou aber, der im Sattel geblieben war, hatte sich den Ölprinzen scheinbar gar nicht angesehen; er ritt jetzt weiter, immer am Ufer hin.
    „Warum reitet Euer Begleiter fort, Sir?“ fragte Wittler. „Will er nicht mit hereinkommen?“
    „Laßt ihn, Sir! Er will sich den See und seine Ufer ansehen und hat eine sehr dringende Veranlassung dazu, von der Ihr sogleich hören werdet. Die Absicht, welche er hegt, ist Euch zum Nutzen.“
    Er führte mich in diejenige Abteilung des Hauses, welche als Kontor diente, und lud mich ein, Platz zu nehmen. Ich tat es; er setzte sich mir gegenüber und sagte:
    „Verzeiht, daß ich mich nicht sofort gastlich zeige! Aber Ihr redet von einem Unglücke, und das muß ich erst hören, ehe ich Euch den Meinigen vorstelle.“
    „Ihr tut ganz recht, Sir“, antwortete ich, indem ich den Gürtel öffnete und das vorhin erwähnte Notizbuch hervorzog. „Sind nicht schon vier Fallensteller eingetroffen, welche vorigen Winter bei Euch blieben?“
    „Ah, Brandes mit seinen Kameraden! Nein. Wollen sie zu mir? Was ist's mit ihnen?“
    „Auch Sioux vom Stamme der Tetongs haben sich noch nicht sehen lassen?“
    „Nein. Mein Gott! Sollen wir von den Sioux überfallen werden?“
    „Nicht von ihnen, sondern von dem roten Olbers, Sir.“
    Er erbleichte und sprang auf. Er schien ein braver Mann, aber nicht ein Held zu sein.
    „Überfallen! Vom roten Olbers!“ rief er. „Was tue ich, was beginne ich?“
    „Beruhigt Euch, Sir“, sagte ich mit möglichstem Phlegma; „es ist noch nicht so weit. Sagt mir zunächst, ob Ihr vielleicht dieses Notizbuch kennt!“
    Er nahm es in die Hände und öffnete es. Ich sah, daß ein freudiger Schreck über sein Gesicht flog. Er holte tief Atem und rief:
    „Gott sei Dank, endlich, endlich eine Nachricht! Das Buch gehört meinem Bruder. Warum schickt er es mir? Warum kommt er nicht selbst?“
    „Weil er nicht kann; er ist tot.“
    Ich hielt es für überflüssig, ihn auf diese Nachricht erst vorzubereiten, wie ich es bei einer Dame getan hätte; er war ja ein Mann. Aber dennoch traten ihm sofort die Tränen in das Auge.
    „Tot!“ sagte er. „Also doch!“
    „Ja. Setzt Euch wieder nieder, Sir, und hört mir zu! Ich und der Indianer, welcher jetzt mit mir gekommen ist, wir haben ihn begraben, ihn und seine unglücklichen Gefährten.“
    Ich erzählte ihm jenes Ereignis am Hellgate-Paß und lenkte dann gleich, um alle Klagen abzuschneiden, seine Aufmerksamkeit auf die Gegenwart, indem ich ihm sagte, daß ich in Fort Cast mit dem Mörder zusammengetroffen sei, und ihm dann das Weitere auseinandersetzte. Er vergaß auch wirklich die Trauer über den Tod des Bruders und dachte nur an die Gefahr, welche ihm drohte.
    „Also dieser Olbers kommt wirklich?“ fragte er entsetzt.
    „Ich bezweifle es gar nicht. Die geraubten Nuggets sind alle; seine späteren Schandtaten haben ihm nichts eingebracht, und nun will er Euch besuchen, da er Reichtümer bei Euch vermutet.“
    „So muß ich sofort alles verstecken, alles, hinunter in den Keller; der ist sogar feuerfest!“
    „Zunächst müßt Ihr wohl daran denken, Vorbereitungen zu treffen, den erwarteten Angriff abzuschlagen. Haben Eure Arbeiter Waffen?“
    „Alle!“
    „Nun, so ist ja gar nicht viel zu befürchten! Ihr seid gewarnt und könnt diese Buschheaders also gehörig heimschicken.“
    „Oh, davon verstehe ich nichts. Nur keinen Kampf! Können wir sie denn nicht mit List von uns abhalten, Sir?“
    Ich zuckte die Achseln.
    „Dazu reicht meine List nicht aus, Mr. Wittler. Ihr werdet kämpfen müssen, und ich bin bereit, Euch beizustehen. Mein Begleiter ist der berühmte Apachenhäuptling Winnetou. Er nimmt zehn solcher Buschklepper auf sich, zumal bei einem nächtlichen Kampf, wie er ja zu erwarten ist; ich habe auch gelernt, mich meiner Haut zu wehren, wenn es not tut; rechnet Ihr

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