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40 Stunden

40 Stunden

Titel: 40 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Schuldgefühl. Er hatte auch heute nicht auf den Auslöser gedrückt, aber diesmal war es verdammt knapp gewesen.
    Lange Zeit sagte niemand im Raum etwas, doch dann begannen die anderen, über Hesses Psyche zu diskutieren. Shannon war noch immer voller Energie und Tatendrang, und sie sah aus, als hätte sie am liebsten sofort angefangen, ein Buch über diesen Fall zu schreiben.
    Faris beneidete sie um ihre Kraft.
    Er konnte den anderen kaum noch folgen, und irgendwann verschwammen ihre Stimmen im Hintergrund, schienen schließlich wie aus einem Blecheimer zu kommen.
    Schließlich befahl Tromsdorff ihm, seinen Hintern endlich in ein Krankenhaus zu schaffen.
    Er wehrte ab. » Wenn ich heute noch einmal einen Herzmonitor sehen oder hören muss, dann…« Er sprach nicht zu Ende. … dann schieße ich mir eine Kugel in den Kopf, hatte er sagen wollen, aber es erschien ihm unpassend, es auszusprechen.
    Tromsdorff seufzte. » Alter Dickschädel!«, brummelte er gutmütig. » Dann geh wenigstens nach Hause und ruh dich ausgiebig aus!«
    ***
    Die Bettwäsche in dem Hotelzimmer war fliederfarben, der Teppich ebenfalls. Aber das war Jenny egal. Sie ließ sich in die sauberen Kissen sinken und lauschte dem Rauschen der Dusche hinter der Badezimmertür.
    Ihr gesamter Körper kribbelte vor Erregung und Nervosität, und sie genoss das Gefühl, das umso stärker schien, weil sie heute nur knapp einer furchtbaren Katastrophe entronnen war.
    Nachdem auf der großen Leinwand der Film ein zweites Mal von vorn begonnen hatte, waren die Polizisten sehr bestürzt gewesen. Absolute Panik hatte sich in den Augen des kaum zwanzigjährigen Beamten gespiegelt, der ganz in Jennys Nähe gestanden hatte.
    Doch dann war nichts geschehen. Der junge Beamte hatte unendlich erleichtert ausgesehen, und nach einer Weile war er an seine Arbeit zurückgekehrt, hatte die Menschen aus dem Stadion gescheucht und ihnen die Knicklichter abgenommen.
    Im Stadion hatten rasch Gerüchte die Runde gemacht. Man war sich einig, dass ein Bombenanschlag gerade noch verhindert worden war.
    Der Lichtergottesdienst war natürlich abgesagt worden und mit ihm auch das ökumenische Abendmahl. Stattdessen hatte Dennis die Mädchen in ein richtig cooles Restaurant am Ku’damm geführt. Bald darauf hatte sich Pia dezent verabschiedet, und so hatten sie sich endlich in das von Dennis reservierte Hotelzimmer zurückgezogen.
    Ein Lächeln glitt Jenny übers Gesicht. Im Bad stellte Dennis die Dusche ab. Nur mit einem Handtuch um die Hüften kam er heraus. Das schwarze Flügeltattoo auf seinem Arm wirkte geheimnisvoll. Jenny rollte sich auf die Seite und stützte lächelnd den Kopf in die Hand.
    Es war ein aufregender Tag gewesen.
    Es würde eine noch aufregendere Nacht werden.
    ***
    Der Kontrast zwischen der Anspannung der vergangenen Stunden und der unerträglichen Stille in seiner kleinen Wohnung war zu groß, um ihn auszuhalten. Faris duschte, dann tigerte er vielleicht eine halbe Stunde lang wie ein Gefangener in seinem Wohnzimmer umher. Er rief Anisah an, lauschte einige Minuten ihrem besorgten und zugleich erleichterten Wortschwall, bevor er es schaffte, ihr zu versichern, dass alles in Ordnung mit ihm war. Mit Mühe nur brachte er sie davon ab, auf der Stelle zu ihm zu kommen und sich um ihn zu kümmern.
    Kurze Zeit später jedoch ahnte er, dass das ein Fehler gewesen war. Das Bedürfnis, sich die Fäuste an den Wänden blutig zu schlagen, wuchs und wuchs, und schließlich hielt er es nicht mehr aus. Er schnappte sich seine Jacke und stürmte aus dem Haus.
    Eine Weile wanderte er ruhelos durch Berlin, und irgendwann blieb er einfach mitten auf dem Bürgersteig stehen. Ein Passant, der beinahe in ihn hineingelaufen wäre, umrundete ihn mit einem missmutigen Gesichtsausdruck, sparte sich aber jeden Kommentar, nachdem er einen Blick in Faris’ Gesicht geworfen hatte. Faris sah ihm zu, wie er um die nächste Hausecke verschwand, und er stellte sich vor, dass dieser Mann jetzt zu Frau und Kindern heimkehren würde. Er unterdrückte ein Seufzen und schaute auf seine Armbanduhr.
    Im Olympiastadion hätte in diesem Moment der Gottesdienst beginnen sollen. Ob die ganze Sache ein Rückschlag für die Ökumene war? Er wusste es nicht. Es kümmerte ihn auch nicht weiter. Nicht im Augenblick.
    Er ging weiter, aber blieb irgendwann erneut stehen. Sein Blick fiel auf ein kleines italienisches Restaurant, das trotz der fortgeschrittenen Stunde noch ziemlich voll war.
    Ich habe eine

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