40 Stunden
Danke, Carla.« Er legte auf, starrte das Telefon an, als habe es sich plötzlich in ein Insekt verwandelt. » Das war Carla«, sagte er überflüssigerweise. » Scheint, als nutze der Täter Internettelefonie. Sie konnte den Anruf bis zu einem Provider in Polen zurückverfolgen, aber da ist Schicht im Schacht. Das ist also eine Sackgasse. Aber die E-Mail mit dem Video…« Er verstummte, schaute Faris an. Er wirkte sehr nachdenklich.
» Reden Sie schon!«, knurrte Geiger.
» Die E-Mail mit dem Video, die der Kerl dir geschickt hat, Faris.« Er schluckte, bevor er weitersprach. » Sie kam von deinem eigenen Rechner zu Hause!«
» Das ist völlig unmöglich!« Faris bemerkte erst, dass er aufgesprungen war, als ihn ein Schwindelanfall packte und er sich an der Kante des Tisches festhalten musste. Schwerfällig ließ er sich zurück auf seinen Stuhl fallen. » Das ist einfach nicht möglich!«, wiederholte er fassungslos.
Geigers Blick ruhte schwer auf ihm. » Es tut mir leid, Herr Iskander, aber ich habe langsam den Verdacht, dass es in Ihrem Interesse ist, die Ermittlungen zu blockieren, statt sie voranzutreiben.«
Shannon und Paul quittierten diese Worte mit einem ungläubigen Auflachen.
» Ich habe mir die Mail nicht selbst geschickt!«, schrie Faris. » Das ist…«
Doch Geiger schnitt ihm das Wort ab. » Das zu entscheiden hat jetzt keine Priorität. Mit Ihnen beschäftigen wir uns später. Wir müssen einen Bombenleger finden!« Sie blickte in Richtung Tür. » Sie machen Ihre Aussage, und dann gehen Sie!«
Faris suchte Tromsdorffs Blick, und gerade als er noch etwas sagen wollte, überkam es ihn. Ein Flashback rollte über ihn hinweg, eine Woge aus Feuer und Schmerzen. Ohne dass er es verhindern konnte, krümmte er sich und keuchte gequält auf. Die Attacke verging so schnell wieder, wie sie gekommen war, aber der kurze Moment hatte ausgereicht: Geiger hatte es gesehen.
Und sie hatte begriffen, was geschehen war. » Sie sind eine tickende Zeitbombe, Iskander«, zischte sie durch schmale Lippen.
Tromsdorff räusperte sich. » Vielleicht ist es wirklich besser, Faris«, murmelte er. » Paul kann deine Aussage aufnehmen.«
» Nein«, widersprach Geiger. » Ich möchte, dass jemand von der 118. das macht, damit wir einen neutralen Blick auf die Dinge haben, die er zu berichten hat.«
Faris nickte knapp, obwohl er sich nur schwer beherrschen konnte. Geiger hatte mit ihren letzten Worten die Mitarbeiter der SERV indirekt als befangen bezeichnet. Jeder im War Room wusste das. Eisiges Schweigen hatte sich ausgebreitet. Faris stand auf. » Ich bin nicht Ihr Problem«, sagte er so ruhig, wie er konnte.
Dann durchquerte er den Raum, riss die Tür auf und stürmte den Gang entlang zur Treppe.
» Faris! Warte!« Tromsdorffs Ruf hallte hinter ihm her.
Tromsdorff holte ihn am nächsten Treppenabsatz ein. » Beruhige dich!«, bat er. Er sah aus, als hätte er ein Magengeschwür. Tiefe Falten lagen um seine Mundwinkel.
» Beruhigen?« Faris dämpfte nur mit Mühe seine Stimme. » Diese inkompetente Zicke!« Er wies nach oben.
» Faris!« Tromsdorff legte ihm eine Hand auf den Unterarm, und Faris sah ihm in die Augen.
» Ich habe mir die Mail nicht selbst geschickt«, sagte er. » Das musst du…«
» Ich weiß. Ben wird Beweise dafür finden, da bin ich sicher. Und wenn er sie hat, werde ich Geiger die Pistole auf die Brust setzen und ihr klarmachen, dass sie es ist, die unsere Ermittlungen behindert, nicht du. Aber fürs Erste sind mir die Hände gebunden.«
» Ich kann euch helfen, Robert.« Zorn schwappte über Faris hinweg. Zorn, weil er drauf und dran war, vor die Tür gesetzt zu werden und nicht mehr an diesem Fall mitarbeiten zu können. Er klammerte sich daran fest und blickte auf seine Armbanduhr. Es war inzwischen nach zwölf. Sie hatten noch sechsunddreißig Stunden, um einen zu allem entschlossenen Attentäter zu fassen. Sechsunddreißig Stunden! Himmel!
Sie sind eine tickende Zeitbombe!, hatte Geiger behauptet.
Er biss auf die Zähne. Einen Teufel würde er tun und ihr auch noch recht geben! » Okay«, sagte er, nachdem er Luft geholt hatte. » Gibt es eine Möglichkeit, dass ich euch trotzdem helfe?«
» Nicht offiziell, aber du solltest dafür sorgen, dass du erreichbar bist.« Tromsdorff sah sich um. » Besorg dir ein neues Handy und ruf Paul an, damit wir deine Nummer haben. Danach sehen wir weiter. Vorher machst du deine Aussage bei den Kollegen von der 118.«
Die 118. war eine der
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