40 Stunden
aus, als hätte sie einen Rammbock vor sich. Faris und Hesse ließen sie zwischen sich hindurch.
» Es hat Tote gegeben«, versuchte der Reporter es erneut. » Ich bin sofort hin, aber deine Kollegen haben mich nicht nach unten gelassen.«
Faris warf ihm einen Seitenblick zu. » Was glaubst du warum?«
Hesse schnaubte. » Die Menschen haben ein Recht darauf…«
Faris lachte auf. Sein Zorn auf Geiger verrauchte jetzt nach und nach. » Verschone mich!«, rief er aus. Er setzte seinen Weg fort, wohl wissend, dass Hesse ihn noch nicht aus seinen Klauen entlassen würde.
» Himmelarsch!« Wieder eilte der Reporter ihm nach. Einige Minuten marschierten sie nebeneinander die Kurfürstenstraße entlang, und da Faris ein scharfes Tempo anschlug, begann Hesse bald zu schnaufen. » Mach doch mal ein bisschen langsamer!«
Faris blieb stehen. » Du solltest dich besser fit halten«, frotzelte er.
Hesse wollte etwas erwidern, aber in diesem Moment klingelte Faris’ neues Telefon. Es hatte einen schrillen altmodischen Klingelton, bei dessen Klang Hesse das Gesicht verzog. » Was ist das denn für ein Billigteil?«, fragte er, als Faris das Handy aus der Tasche zog.
Faris ignorierte den Spott. Er nahm ab, ohne auf das Display zu sehen. » Partner?« Es konnte nur Paul sein, denn außer ihm kannte noch niemand die neue Nummer.
» Ich wollte dir nur sagen, dass ich deine Nachricht erhalten habe«, meinte Paul. » Alles in Ordnung mit dir?«
Faris sah Hesse an, dann drehte er ihm den Rücken zu. » Ja. Niklas ist gerade bei mir. Hab ihn zufällig auf der Kurfürstenstraße getroffen.«
» Okay. Ich vermute mal, er steht neben dir und ihm läuft vor Neugier der Sabber aus dem Mundwinkel.«
Faris wandte den Kopf. » So ungefähr«, bestätigte er lächelnd.
» Kann ich mir vorstellen! Pass auf, wir versuchen, dich so gut wie möglich auf dem Laufenden zu halten, bis Tromsdorff es schafft, dich zurück ins Boot zu holen. Stand der Dinge ist: Wir bleiben an der Sache mit dem Anrufer und dem Video dran. Shannon fühlt sämtlichen als extremistisch bekannten Evangelikalen auf den Zahn. Andersen hat ihr ein Team zur Verfügung gestellt, das ihr die Laufarbeit abnimmt, und wir bekommen einen Kollegen der 632., der als Verbindungsmann zwischen uns und Andersens Jungs fungiert.«
» Gut. Ich vermute, die Jungs scharren bereits ordentlich mit den Hufen, oder?«
Die Kollegen der Abteilung 632 des LKA waren unter anderem dafür ausgebildet, Geiselnahmen zu beenden. Die meisten von ihnen besaßen gleichzeitig eine psychologische und eine kriminalistische Ausbildung und kamen immer dann zum Einsatz, wenn es galt, einen Geiselnehmer zum Aufgeben zu überreden.
Faris hörte ein grimmiges Lächeln aus Pauls Stimme, als sein Partner antwortete: » Sie hoffen, dass der Kerl bald aus der Deckung kommt, damit sie etwas zu tun bekommen.«
Faris fuhr sich durch die vom Staub stumpfen Haare. » Das hoffen wir alle.«
» Wir sind dran, Partner. Ist dir noch irgendwas eingefallen, das uns weiterhilft?«
» Ich habe nicht den geringsten Schimmer, wer der Typ sein könnte.« Faris schüttelte den Kopf. Hesse hatte ihn in der Zwischenzeit umrundet und schaute ihm neugierig ins Gesicht, also wandte er sich wieder um. » Kannst du versuchen, Tromsdorff dazu zu kriegen, die Dig AA für mich freizugeben? Ich würde gern einen Blick hineinwerfen.« Durch seine Suspendierung hatte er natürlich auch die Zugangsberechtigung für die Fallakten verloren.
» Bist du auf dem Weg nach Hause?«, fragte Paul.
Faris warf einen Blick auf Niklas Hesse. Er hätte natürlich zu sich nach Hause fahren und mit seinem eigenen Computer ins Archiv der Dig AA gehen können, aber sein eigenes Gerät war alt und nicht gerade das schnellste. Auf diesem Ding die Bild- und Tondateien der Dig AA durchzusehen, würde ein eher mühsames Unterfangen werden. » Noch nicht«, antwortete er. » Sorg einfach dafür, dass Tromsdorff mich wieder freischalten lässt.«
Hesse hatte Faris inzwischen erneut umrundet.
Paul sagte gedämpft etwas zu jemandem im Raum, dann war er wieder am Telefon. » Sämtliche Einheiten der Schutzpolizei werden gerade instruiert, die Augen nach Orten offen zu halten, an denen das Kreuz stehen könnte. Vielleicht haben wir Glück, und irgendjemand entdeckt etwas, das uns zu dem Gekreuzigten führt, bevor…« Er sprach nicht weiter.
Aber Faris wusste, was er hatte sagen wollen.
… bevor die nächste Bombe hochgeht.
» Ach, und noch eins«, fügte
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