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40 Stunden

40 Stunden

Titel: 40 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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und fuhr in einen der unzähligen unterirdischen Bahnhöfe Berlins ein. » Wir sind da.« Schwester Bernadette erhob sich von dem unbequemen Plastiksitz und reckte den Hals. » Da sind die Kinder und Pfarrer Groß.« Sie deutete nach draußen auf den Bahnsteig, wo eine Gruppe von zwölf Teenagern und ein Mann in schwarzem Anzug mit Priesterkragen auf sie warteten. Über ihren Köpfen hing ein weißes Schild.
    Bismarckstraße stand in schwarzen Buchstaben darauf.
    ***
    Der U-Bahnhof Bismarckstraße hatte drei verschiedene Eingänge. Faris erreichte jenen gegenüber der Commerzbank, blieb schwer atmend stehen und schaute auf die Uhr. Erleichtert stellte er fest, dass er es geschafft hatte, die Zeitvorgabe einzuhalten. Die fünf Minuten waren noch nicht um. Er ignorierte die wartende Kabine des gläsernen Aufzugs und hastete stattdessen den Treppenabgang hinab, der ihn auf die erste Ebene der unterirdischen Station brachte. Hier unten war die Luft noch stickig von der Hitze der letzten Tage, und der allgegenwärtige ekelhafte Geruch des U-Bahn-Systems hüllte Faris ein. Direkt neben einem Kiosk, an dem man Kaffee und Croissants kaufen konnte, hielt er an. Auf dem Weg hierher hatte er mit dem Gedanken gespielt, seine Kollegen vom LKA 1 anzurufen, sich dann jedoch dagegen entschieden. Es erschien ihm zum jetzigen Zeitpunkt einfach zu gefährlich. Solange er nicht wusste, was der Kerl am anderen Ende der Leitung vorhatte und ob das Video, das dieser ihm geschickt hatte, wirklich echt war, sollte er besser davon ausgehen, dass irgendwo dort draußen ein fanatischer Spinner einen Mann in seiner Gewalt hatte. Er würde lieber vorsichtig sein und tun, was der Kerl verlangte.
    Während Faris in der U-Bahn-Station stand und überlegte, was er nun tun sollte, zirpte das Telefon in der Innentasche seiner Sweatshirtjacke. Er zog es hervor und ging ran.
    » Was nun?«, erkundigte er sich und zwang seinen vom Laufen beschleunigten Atem zur Ruhe. Adrenalin kribbelte durch seine Adern, er spürte eine Spannung in allen Muskeln, den Nervenkitzel der Jagd. Zehn Monate lang hatte er das vermisst, aber jetzt erst wurde ihm bewusst wie sehr.
    » Außer Atem?«, höhnte die verzerrte Stimme des Anrufers an seinem Ohr.
    Faris beschloss, nicht darauf einzugehen. » Wie geht es nun weiter?« In einigen Metern Entfernung gingen zwei uniformierte Kollegen der Bundespolizei vorbei. Sie unterhielten sich, und Faris spielte mit dem Gedanken, die beiden unauffällig auf sich aufmerksam zu machen.
    » Denk nicht mal daran! Wenn du ihnen irgendein Zeichen gibst, wird das Konsequenzen haben!«
    Faris’ Schultern verkrampften sich. Rasch drehte er sich einmal um die eigene Achse, suchte Wände und Decke ab. Als er eine Kamera entdeckte, deren Linse direkt auf ihn gerichtet war, hielt er inne.
    » Ja«, hörte er den Anrufer sagen. » Ich kann dich sehen, mein Lieber. Winke, winke!«
    Faris biss die Zähne zusammen. Die uniformierten Kollegen schlenderten keine drei Schritte entfernt an ihm vorbei. Faris schnappte ein paar Worte von ihrem Gespräch auf. Offenbar unterhielten sie sich über den Kirchentag, der zurzeit in Berlin stattfand. Einer der Polizisten warf Faris einen Blick zu, und ihm war bewusst, dass er einen Moment länger und intensiver gemustert wurde als die anderen Reisenden. Er war es gewöhnt. Obwohl seine ägyptischen Vorfahren Berberblut in den Adern gehabt hatten und er aus diesem Grund eine eher helle Hautfarbe besaß, sah man ihm mit seinen dunkelbraunen Augen, den schwarzen Haaren und der markanten Nase die arabische Herkunft deutlich an. Dass er schon als Kleinkind nach Deutschland gekommen war, die deutsche Staatsbürgerschaft besaß und darüber hinaus als Polizeibeamte bei einem Sonderdezernat des LKA arbeitete– solange er nicht suspendiert war jedenfalls–, stand ihm hingegen nicht ins Gesicht geschrieben.
    » Die Rolltreppe runter!«, befahl der Anrufer. » Auf den Bahnsteig Richtung Ruhleben.«
    Um das bezeichnete Gleis zu erreichen, musste Faris eine Treppe nach unten nehmen, den Bahnsteig der Linie 7 überqueren und über eine Rolltreppe wieder nach oben fahren.
    » Was, wenn ich mich weigere?«, fragte er.
    » Willst du das Risiko wirklich eingehen? Du erinnerst dich doch sicher, was beim letzten Mal passiert ist, als du versagt hast.« Der Unbekannte machte eine Pause, dann fügte er hinzu: » Bumm!«
    Gequält schloss Faris die Augen. Kurz meinte er, die Explosion im Museum zu hören, glaubte, in sengendes Feuer

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