40 Stunden
über Alexander zu stellen. Bei den meisten musste sie zu ihrer eigenen Beschämung passen. » Es tut mir leid«, meinte sie schließlich. » Ich fürchte, ich bin Ihnen keine besonders große Hilfe.«
» Machen Sie sich keine Sorgen«, ließ sich Kommissar Iskander vom Rücksitz aus vernehmen. » Unsere Kollegen auf dem Revier sind geschult darin, Ihrer Erinnerung auf die Sprünge zu helfen.«
Seine Worte klangen in ihren Ohren nach peinlichem Verhör. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihm direkt ins Gesicht, um zu erforschen, ob er sich einen Scherz erlaubt hatte.
Ihre Blicke begegneten sich. » Oh«, sagte er. » Entschuldigung! Das klang wohl etwas missverständlich. Was ich sagen wollte…« Abrupt brach er ab.
Kommissar Sievers grinste. » Faris wollte sagen, dass wir ein paar gute Psychologen im Team haben, die Ihnen helfen werden, auch eventuell vergessen geglaubte Erinnerungen zu reaktivieren. Sie müssen keine Angst haben.«
Faris.
So hieß er also mit Vornamen.
Ira zwang sich, ebenfalls zu lächeln. » Und ich dachte schon…« Sie ließ den Satz in der Luft hängen.
» Wir haben Akten und Namenslisten, die Sie sich ansehen können«, erklärte Sievers weiter. » Wir vermuten, dass das Motiv des Attentäters mit einem Bombenanschlag vor zehn Monaten in Verbindung steht. Vielleicht fällt Ihnen etwas ein, wenn Sie sich die Liste der damaligen Opfer anschauen.«
» Wenn Sie meinen.« Ira presste die Lippen aufeinander. Täuschte sie sich, oder atmete Kommissar Iskander– Faris– erleichtert auf? Unangenehme Stille breitete sich im Wagen aus.
» Das, was Sie da vorhin dem Anrufer an den Kopf geknallt haben…« Ira wusste nicht genau, wie sie es ausdrücken sollte. Sie fasste sich ein Herz und drehte sich so, dass sie mit dem Rücken halb gegen die Seitentür lehnte. » Dass sein Vater ihm einmal zu häufig den Hintern versohlt hat.« Sie zog ihre Jacke vor dem Bauch zusammen. » Es war ziemlich beängstigend, um ehrlich zu sein.« Sie überlegte, was sie mehr geängstigt hatte: Das, was Faris angedeutet hatte. Oder der kaum gebändigte Zorn, der aus seinen Augen gesprüht war. Der Zorn, der jetzt hinter dieser glatten Fassade und dem gequälten Ausdruck verschwunden war.
» Das tut mir leid«, sagte er. Für ein paar Sekunden hielt er ihrem direkten Blick stand, aber dann schaute er wieder durch die Seitenscheibe nach draußen. » Ich wollte Sie nicht ängstigen.«
Himmel, diese Augen!, dachte sie. Müde sah er aus.
In diesem Moment mussten sie links abbiegen, und Kommissar Sievers wechselte die Fahrspur, um sich einzuordnen. Das Ticken des Blinkers klang laut in der Stille des Wagens.
» Sie sind Muslim?« Sie betonte es wie eine Frage und dachte dabei an das Armband an seinem Handgelenk, das ihr schon im Büro aufgefallen war. Arabische Schriftzeichen. Sie hatte während ihres Studiums ein paar Semester Arabisch gelernt, nur aus Interesse. Aber sie beherrschte nicht mehr viel davon. Zwei Wörter standen auf dem dunklen Leder, so viel immerhin konnte sie erkennen.
» Ja.« Sehr knapp kam seine Antwort, und Ira spürte, dass dies kein gutes Thema war. Ihre Neugier auf diesen Mann wuchs. Faris. Ein schöner Name. Sie glaubte sich zu erinnern, dass er Ritter bedeutete. Und sie ertappte sich dabei, dass sie sich fragte, ob es wohl zu ihm passte.
Es war kurz nach 21 Uhr, als sie im War Room in der Keithstraße ankamen. Faris’ Blick fiel zuerst auf den Countdown auf der weißen Fallwand.
Noch 27 Stunden stand dort.
Gitta kümmerte sich um sie wie eine Glucke um ihre Küken. Faris und Paul saßen kaum, da stellte sie ihnen schon zwei Becher mit dampfendem Kaffee hin und fragte Ira Jenssen, ob sie auch einen wollte. Bevor sie Anstalten machen konnte, den dritten Kaffee zu holen, bat Faris sie, Alexanders Foto an die Fallwand zu hängen und Ira die Opferliste von dem Museumsanschlag vorzulegen.
Während die beiden Frauen sich in Gittas gläsernes Büro zurückzogen und Faris vorsichtig an seinem Kaffee nippte, betrachtete er die im Raum anwesenden Personen. Im Moment war es eher ruhig. Marc befand sich nach wie vor in Ellwangers Wohnung, Gerlach, ihr Verbindungsmann zur Abteilung 5, und auch Tromsdorff schienen unterwegs zu sein. Außer Faris selbst waren nur noch Ben, Paul und Shannon da. Ben saß hinter seinem Computer. Faris hatte keine Ahnung, was er tat, aber er sah höchst konzentriert aus.
Der Anblick erinnerte ihn an Hesse, und dessen Tracker fiel ihm plötzlich ein. Er überlegte, ob
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