40 Stunden
hatte. » Im Alter von fünfzehn haben sie seinen IQ gemessen. Er liegt knapp über neunzig.«
» Der Anrufer ist aber nicht unterbelichtet«, murmelte Faris. » Nicht im Geringsten!«
Bevor sie die Konsequenz dieser Erkenntnisse weiter diskutieren konnten, öffnete sich die Tür des War Room, und Tromsdorff und Gerlach kamen herein. Sie wirkten beide müde und entnervt, aber da war auch ein Ausdruck in Tromsdorffs Augen, den Faris bisher während dieses Falles noch nicht wahrgenommen hatte.
Ein leichter Anflug von Hoffnung.
» Die Fahndung nach Alexander Ellwanger läuft«, erklärte Tromsdorff. » Bisher keine Ergebnisse, doch wir sind sicher, dass wir ihn über kurz oder lang haben werden. Ein Dutzend Kollegen befragen Ellwangers Umfeld. Hoffentlich finden wir bald einen Hinweis darauf, wo dieses verflixte Kreuz steht.« Er baute sich mitten im Raum auf. » Gute Arbeit bisher, Leute!«
Faris schüttelte abwehrend den Kopf. » Der Anrufer ist nicht Alexander.«
» Möglich, aber konzentrieren wir uns trotzdem auf ihn. Vielleicht führt er uns zu unserem Unbekannten mit der verzerrten Stimme.« Tromsdorff trat an die Fallwand, nahm einen Magneten ab und warf ihn in die Höhe. Es war das einzige Anzeichen von Nervosität, das er zeigte, und doch glaubte Faris seine Anspannung zu spüren und die Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete. Die auf ihrer aller Schultern lastete.
» Die Hundestaffeln haben jetzt jeden Winkel des Olympiastadions zweimal durchsucht«, übernahm nun Gerlach das Reden. » Es wurde kein Sprengstoff gefunden.« Er sah nicht so aus, als halte er das für eine gute Nachricht, und Faris erfuhr auch sogleich, warum. » Nach Aussage der Kollegen vom Staatsschutz sind zurzeit aber einige neuartige Sprengstoffe im Umlauf, auf die die Hunde noch nicht trainiert sind. Wir können also nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, ob das Stadion bombenfrei ist.«
Faris griff nach seinem Kaffeebecher und leerte ihn in einem Zug. Sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen, aber das Koffein hatte inzwischen seine Blutbahn erreicht. Die Kopfschmerzen, die ihn die ganze Zeit plagten, wurden besser. » Hat man die Sprengstoffrückstände von den Explosionen schon analysiert?«, fragte er.
Das schien Bens Stichwort zu sein. Er sah von seinem Laptop auf und blies sich gegen die Stirn wie jemand, der vor lauter Arbeit kurz vor dem Zusammenbruch stand. » Die Analysen laufen.«
» Gut.« Gerlach straffte die Schultern. Mit seinen grauen Haaren und dem energisch vorgeschobenen Kinn wirkte er auf Faris plötzlich überaus militärisch.
In Gittas Büro lehnte Ira sich zurück und stieß ein Seufzen aus. » Es tut mir leid«, hörte Faris sie sagen. Sie erhob sich und erschien in der Tür des Büros.
» Irgendwas entdeckt?«, erkundigte sich Paul.
Sie schüttelte den Kopf.
Paul bot ihr Shannons Stuhl an, und sie setzte sich zögernd.
» Lassen wir mal alle Fakten beiseite«, schlug Paul vor. » Erzählen Sie uns noch ein bisschen über Alexander!«
Sie schien über diese Aufforderung nicht glücklich zu sein. Sie blinzelte, und Faris ahnte, dass das Bild des Gekreuzigten hinter ihren Lidern brannte.
» Obwohl er fast achtzehn ist, steht er völlig unter dem Einfluss seines Vaters«, begann sie dann. » Zumindest hatte ich diesen Eindruck. Sein Vater schreibt ihm vor, was er zu essen und zu trinken hat, und er mischt sich in jedes Gespräch ein, das sein Sohn führt.« Mit beiden Händen strich sie sich die Haare hinter die Ohren. » Manchmal hat er Alexander nicht einen einzigen Satz beenden lassen, verstehen Sie? Wie eine Mutter, die ihrem Kleinkind nicht zutraut, sich selbst verständlich zu machen.«
Gitta nickte, und auch Faris kannte diese Art Mütter nur zu gut. Seine Schwester Anisah neigte zu solch einem Verhalten.
» Ich kann mich erinnern, dass meine Sekretärin mir mal erzählt hat, dass Ellwanger seinen Sohn rigoros fasten ließ.« Sie verzog das Gesicht, als fiele es ihr schwer, das zu glauben. » Einen Jungen mitten in der Pubertät.« Ihr Atem ging jetzt mühevoll.
Gitta erschien in der Tür ihres Büros, überlegte kurz und stellte sich dann seitlich neben Ira. Ira wandte ihr den Kopf zu, und Gitta lächelte sie freundlich an. Sie nutzte diese Technik häufiger. Ich stärke Ihnen den Rücken, bedeutete sie. Alles ist gut!
Iras Hände krampften sich umeinander. » Ich weiß noch genau, wie Veronika sich darüber empört hat«, fuhr sie fort. » Sie hat versucht, mit Alexander
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