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41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition)

41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition)

Titel: 41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Ferr
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kennengelernt hatte. Ein stolzes junges Mädchen, ohne erlernten Beruf in einem schäbigen Zimmer im Haus Nummer 41 im ersten Stock. Er war auf Empfehlung seines Arztes zu ihr gekommen; seine Frau war verstorben, er hatte sich gesellschaftlich völlig mit seinem kleinen behinderten Sohn in sein Haus zurückgezogen, fand keine Gefährtin, weil er keine suchte. Er magerte ab, verlor an Haaren, wurde schwermütig und konzentrierte seine ganze Aufmerksamkeit auf seine Handelsflotte, Therapeuten, Haushälterinnen und Pflegepersonal für Luc. Sein Arzt hatte erste dunkle, gezackte Sterne in seinem Unterleib aufgespürt und ihm empfohlen, zur Linderung seiner Enthaltsamkeit eine Hure aufzusuchen, solange dies körperlich noch möglich war.
    Louise war es gelungen, ihn aus seiner Starre zu reißen. Er war angetan von ihrem Sanftmut, ihrer Schönheit und Intelligenz. Er wollte ihr Beistand leisten, ihr helfen, sie zu seiner Frau und zu Lucs neuer Mutter machen. Dafür bot er ihr ein Leben ohne finanzielle Einschränkungen, ein Heer an Bediensteten und (seiner Meinung nach) unendliche Zufriedenheit. Zu seinem maßlosen Erstaunen hatte Louise abgelehnt, ihn zu heiraten.
    „Nein, danke. Aber vielen Dank“, hatte sie schlicht gesagt. Keine Begründung, kein Bedauern, kein Lächeln.
    „Wenn Sie mich nun nicht mehr besuchen möchten, verstehe ich das.“ Ihre Augen hatten ihn freundlich und ruhig betrachtet, abwartend, wie seine Entscheidung ausfallen würde. Natürlich war er geblieben. So lange, bis er trotz aller Anstrengungen nicht mehr bleiben konnte und an Luc seinen Platz abtreten musste. Er hatte Louise Kunden vermittelt, ihre Töpferei zu einem rechtlich abgesicherten Gewerbezweig gemacht, ihre Finanzen zu einem persönlichen Freund nach St. Etienne ausgelagert, sie mit Geld, Rat und aufrichtiger Liebe unterstützt. Im Gegenzug machte sie Luc einmal in der Woche glücklich und befreite ihn von seinem inneren Druck.
    Er hatte weiterhin nicht nach einer Frau gesucht, was er bis heute nicht bedauert hatte.
    Louise war ihm genug, war es immer gewesen.

Louise
    Das war ja besser gelaufen, als sie gehofft hatte. Er war ohne Murren gegangen und sie konnte sich endlich ihren Kreationen widmen, sich auf den Ausflug nach Anchieu vorbereiten, die Haare waschen und die Wohnung aufräumen. Als alles zu ihrer Zufriedenheit erledigt war, die Kartons verpackt, der Ofen zum Kühlen ausgeschaltet und geöffnet und die Waschmaschine angestellt waren, zog sie sich mit einem Glas Rotwein in ihr Badezimmer zurück, füllte die Wanne, fügte Rosenöl dem Badewasser bei und ließ sich von der duftenden Wärme umhüllen.
    Marcel war ein attraktiver Mann mit genügend Ausstrahlung, der sie möglicherweise dazu bringen konnte, ihm gegenüber Empfindungen zu verspüren. Das war in ihrer langen Dienstzeit schon einige Male vorgekommen, war eine willkommene Abwechslung im alltäglichen Geschäftsleben. Sie konnte sich verlieben, genießen, leiden wie jede andere Frau auch, Gefühle machten vor Huren nicht deshalb einen großen Bogen, weil sie mit einem Geldschein unter der Bonbonschale in Schach gehalten werden konnten. Stets hatte sie Romanzen mit offenen Armen empfangen, sie geliebt und wieder losgelassen, wenn sie nicht mehr zu halten waren. In jungen Jahren hatte sie intensiver unter Trennungen gelitten, mit zunehmendem Alter jedoch hatte sie gelernt, intensiver zu genießen anstatt sich zu grämen. Doch nie hatte sie das dringende Bedürfnis verspürt, mit einem einzigen Mann eine Familie zu gründen und dafür ihren Beruf aufzugeben. Als Hendrik ihr freudig seinen Antrag gemachte hatte, hatte sie nicht eine Sekunde lang gezögert, ihn abzulehnen. Die Vorstellung, mit seinem behinderten Sohn in einem furchtbaren Herrenhaus umgeben von beflissenen, neugierigen und besserwisserischen Bediensteten langweilige Tage verbringen zu müssen, war ihr wie ein Alptraum erschienen. Lieber wollte sie auf Hendrik verzichten, als sein Angebot anzunehmen, von ihm abhängig zu werden und dabei zu verkümmern. Obwohl sie Luc nur einmal in der Woche sah, bemerkte sie erste Anzeichen von Überdruss an sich und er war bereits zu einer unangenehmen Pflicht für sie geworden. Je älter Luc wurde, desto stärker und fordernder wurde er, es gab Momente, in denen sie sich vor ihm ängstigte und ihren Ekel kaum mehr verbergen konnte. Manchmal machte sie seine Bedürftigkeit wütend, manchmal war sie voller Mitleid mit ihm. Diese Mischung aus Zuneigung, Mitgefühl und

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