Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition)

41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition)

Titel: 41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Ferr
Vom Netzwerk:
die Karibik abgesetzt oder mit einer jungen Geliebten ein neues Leben angefangen haben. Nicht bei so vielen.“
    „Wie kann ich dir helfen?“ Sie kommentierte seine Zusammenfassung der Vorfälle aus den letzten Jahren nicht. Was sollte sie dazu auch schon sagen?
    „Sieben sind hier in diesem Viertel zum letzten Mal gesehen worden. Einer sogar im Bistro. Ich möchte, dass du ins Polizeirevier kommst und dir die Fotos von ihnen ansiehst. Vielleicht erkennst du einen.“
    „Wirst du mir die Fotos zeigen?“, fragte sie mit einem schelmischen Augenzwinkern. Es war unwahrscheinlich, dass der Polizeipräsident höchstpersönlich eine zwar feine Dame, aber nichtsdestotrotz ältliche Hure, in seinem holzgetäfelten Büro empfangen würde, um ihr Portraits von vermissten Männern vorzulegen.
    „Wenn du möchtest. Allerdings müsste ich dich dann offiziell vorführen lassen.“
    „In Handschellen? Mit einer Kette um den Bauch? Fußfesseln vielleicht?“
    „Dann könnte ich aber nicht für deine Sicherheit garantieren.“ Jetzt musste er schmunzeln, vor allem, wenn er daran dachte, wie oft sie ihm schon Handschellen und Fußfesseln angelegt hatte. Aber nicht auf dem Revier.
    „Ich dachte, ich schicke dir meinen Ermittlungsleiter. Er wird dich ins Präsidium und auch wieder nach Hause begleiten. Morgen früh?“
    „Ja. Ich muss aber spätestens um zehn Uhr wieder hier sein. Habt ihr Marta und Alette schon die Fotos gezeigt?“
    „Nein. Ich habe euch bis jetzt so gut es ging herausgehalten. Aber nun bin ich an einem toten Punkt angelangt. Mir war wichtig, dass du die Erste bist. Du könntest die Mädchen auf die Befragung vorbereiten. Dann sind sie vielleicht nicht so eingeschüchtert und etwas gesprächiger. Sie werden natürlich auch abgeholt und wieder zurückgebracht. Ich weiß eure Hilfe durchaus zu schätzen.“
    „Kein Problem. Aber ich bezweifle, dass wir großartig helfen können. Wir leben sehr zurückgezogen, unsere Männer kommen zu uns und nicht umgekehrt.“
    „Das weiß ich doch. Und keiner genießt diese Diskretion mehr als ich. Aber einen Versuch muss es uns wert sein.“
    „Natürlich. Ich bin um acht am Tor, schick mir ruhig deinen Sergeanten.“
    „Ich danke dir. Wenn es mir möglich ist, werde ich wie zufällig im Befragungsraum vorbei kommen, um dich zu sehen.“
    „Das wäre schön. Aber du hast im Moment bestimmt Wichtigeres zu tun.“
    „Wir werden sehen. Jetzt muss ich mich wieder auf den Weg machen, für heute Abend steht mir noch eine Pressekonferenz bevor. Du kannst mich in den Nachrichten bewundern, wenn du noch nicht genug von mir hast.“
    Sie rollte in einer Grimasse mit den Augen, half ihm in seine Schuhe, band seine Krawatte und strich ihm die Haare glatt. Er umarmte sie, streichelte ihr wieder über die Wange und ging.
    Louise leerte den Aschenbecher, wusch ihn zusammen mit Whiskeyglas und Kaffeetasse aus, öffnete die Fenster, verließ das Gästezimmer und begab sich in ihren privaten Wohnbereich am Ende des Flurs. In ihrem Schlafzimmer zog sie ihr Kleid aus, schälte sich aus dem darunterliegenden engen, schwarzen Lederkorsett und verfluchte die eingenähten Nieten, Häkchen und Ösen, an denen sie stets mit ihren modellierten Fingernägeln hängenblieb. Nun, heute war das Korsett zwar nicht zum Einsatz gekommen, aber unter der Bonbonschale im Gästezimmer steckte wie immer nach dem Besuch des Polizeipräsidenten ein großer, zusammengefalteter Geldschein.
    Sie verließ ihr Schlafzimmer barfuß und in einem weiten, ausgewaschenen T-Shirt, ohne Unterwäsche und mit zusammengebundenen Haaren. Angrenzend an das Gästezimmer lag ihr Töpferraum mit dem klobigen Brennofen, ihrem ganzen Stolz. Sie betrat den kühlen Raum, roch den feuchten, erdigen Ton, setzte sich an ihre Töpferscheibe und arbeitete mit jeder Drehung ihre Gedanken in den Klumpen Ton ein, aus dem am Ende ein kleines Kunstwerk entstehen würde.
    Sie hörte weder ihr altmodisches Telefon in der Diele klingeln, noch reagierte sie auf das metallische Schellen ihrer Türglocke. Wahrscheinlich war es sowieso nur Marta, die sich wieder über ihre Gäste beschweren wollte oder Alette, die ihr zum hundertsten Mal künstliche Fingernägel oder eine andere Haarfarbe aufschwatzen wollte.

Freitag
    Louise
    Um zwei Minuten vor acht am nächsten Morgen sah sie auf ihrem Bildschirm über der Sprechanlage im Flur den Polizeiwagen vorfahren und verließ die Wohnung. Für ihren Besuch im Präsidium hatte sie ein unauffälliges graues

Weitere Kostenlose Bücher