41 - Scorpio in Flammen
hörten mir mit gespanntem Schweigen zu. Wir riskierten viel, aber keiner hatte einen besseren Vorschlag. Schließlich waren wir bereit. Jeder ging auf seinen Posten, und ich begab mich mit Rollo zum Steuerturm.
Wir hatten gerade den gepanzerten Raum erreicht, als der hintere Kampfturm endgültig vom Feuer zerstört wurde und die Trümmer mit großem Getöse funkensprühend über Bord fielen. Ein großes Gon-Mädchen, das die langen silbernen Haare um die nackte Taille gebunden hatte, schaute durch einen Sehschlitz des Turms und sagte: »Herr, die Funken sind alle in diese Richtung geflogen.« Sie zeigte auf eine Stelle mehrere Strich nach Backbord.
»Wie heißt du?«
»Glima, wenn es dem Herren gefällt.«
»Danke, Glima. Das war gute Arbeit. Ich gratuliere dir.«
Auf dem abgehärmten Gesicht zeigte sich ein Lächeln, das mir einen Stich versetzte.
Ein Blick durch eine Deckenluke auf die Sterne – die großartigen Sterne Kregens – verriet mir die Windrichtung. Jetzt mußten wir die richtige Position finden.
»Rollo, mein Junge, steure das Schiff in die Brise. Ich gehe nach vorn und sehe, was ich finde. Glima, du gibst Botschaften an Kapitän Rollo weiter.«
»Ja, Herr.«
Glima und ich begaben uns an die vorderen Aussichtsluken des Schiffes. In weniger als einer halben Bur würde die Jungfrau mit dem vielfältigen Lächeln aufgehen, und in ihrem verschwommenen rosafarbenen Mondlicht müßte es mir gelingen, das Land unter uns zu erkennen. Als die Helligkeit dann über den Erdboden strömte, sah ich, daß wir über Buschland flogen, wie es im Süden weitverbreitet ist. Da wir die paar Strich nach Backbord steuerten, bewegten wir uns nach Südosten. Das war nicht die Richtung, die ich eigentlich im Sinn hatte.
Da wir die Geschwindigkeit nicht herabsetzen konnten, huschte der Erdboden unter uns vorbei. Ich ließ ihn nicht aus den Augen und wartete so geduldig wie möglich, bis ein kleiner Fluß, der von Bäumen umgeben war, ins Blickfeld sprang. Der Boden dahinter sah flach aus. Von einer Landung im Wasser hatten wir nicht viel, denn das Feuer würde den Löschversuchen des Flusses verächtlich trotzen. Und wir würden ans Ufer schwimmen oder waten müssen.
Ich hielt noch einmal peinlich genau Ausschau, um sicherzugehen, daß keine Hindernisse existierten, dann rief ich: »Lauf, Glima! Sag Rollo Bescheid! Jetzt!«
Sie lief so schnell, daß ihre nackten Beine nur so blitzten.
Wesentlich schneller als erwartet verringerte sich die Geschwindigkeit des Fliegers, und er fiel ungestüm in die Tiefe. Wie mir langsam klar wurde, verlieh Rollo auf diese Weise seiner Sucht Ausdruck, durch die dünne Luft zu fliegen.
Dennoch stellte er es sehr geschickt an. Wir hatten kaum noch Antrieb, als wir aufprallten. Meine Freunde und ihre Helfer sollten nun unter Deck hart an der Arbeit sein. Ich eilte los, um dafür zu sorgen, daß sie sich gegenseitig nicht behinderten. Als ich auf dem Weg zum Steuerturm das Vordeck betrat, schrie ich mit Stentorstimme los.
»Cheng! Bring deine Leute auf Trab. Bratch!«
Der Bewahrer stand da und starrte in die prasselnden Flammen, die den ganzen hinteren Teil des Schiffs einhüllten. Bei meinem Ruf zuckte er zusammen. Über der Schulter trug er einen Sack voller Waffen, und die anderen Träger drängten an ihm vorbei. Er warf mir einen Blick zu, in dem sich Haß mit Furcht mischte, und eilte zum Schanzkleid. Er warf den Sack über Bord und folgte ihm. Das ärgerte mich. Man behandelt Waffen nicht so gedankenlos, jedenfalls nicht auf Kregen.
Viele befreite Sklaven drängelten einander zur Seite, als sie sich in Sicherheit brachten. Man konnte sie kaum dafür verantwortlich machen, denn die Hitze war nun deutlich spürbar. Die Brise war nicht so stark. Die Flammen wurden zwar nach achtern geblasen, aber einige tückische Ausläufer fraßen sich einen Weg nach vorn.
Kuong und die anderen trafen ein, und jeder trug den ihm zugeteilten Gegenstand. Rollo verließ hastig den Steuerturm, die Kontrollhebel in der Hand. Die Drähte wurden herausgezogen, und Llodi zerrte sie energisch hinter sich her. Mevancy und Tuco trugen die Bronzekästen. Wir flohen von dem brennenden Flieger wie Ratten von einem sinkenden Schiff; wir müssen dabei einen makaberen Anblick geboten haben.
Flammen prasselten und zischten. Die Sterne wurden vom Rauch verdunkelt. Die Jungfrau mit dem vielfältigen Lächeln verströmte ihren Schein, und das verschwommene rosafarbene Licht flutete über Männer, Frauen und das
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