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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Abend neigte sich auf die unglückliche Stadt, und kaum hatte sein Dunkel die Umrisse der Plätze und Straßen umhüllt, so ertönte ein Donnerschlag, welcher Erde und Wogen erbeben machte: das Hauptmagazin war explodiert und in die Luft geflogen, und zu gleicher Zeit stiegen aus dem Zeughause fünf mächtige Flammensäulen zum Himmel empor. Kaum war dies geschehen, so liefen an den Masten der dreizehn französischen Kriegsschiffe züngelnde Feuerschlangen empor.
    Die ganze Stadt und die Häfen wurden von diesem gewaltigen Feuer taghell erleuchtet. Alles, was Ruder und Segel besaß, flüchtete hinaus auf die offene See, und nur die Brigantine blieb ruhig liegen. Sie war von den eroberten Forts aus ganz gut zu erkennen; man konnte von diesen Punkten aus sogar die Bemannung erkennen, welche sich auf den Rahen und im Takelwerke befand, um den Anblick des feurigen Panoramas besser genießen zu können. Das Verhalten dieses Fahrzeuges mußte natürlich auffallen; man konnte sich keinen Grund denken, weshalb sich dieser Engländer nicht auch in Sicherheit brachte, und behielt ihn scharf und mißtrauisch im Auge, bis nach einigen Stunden die Flammen erloschen und die Dunkelheit sich wieder über Land und See ausbreitete.
    Bereits mit Tagesanbruch stand Napoleon in einer der den Hafen beherrschenden Batterien. Er hatte während der Nacht nicht geschlafen, desgleichen auch General Dugommier, welcher sich an seiner Seite befand. Sie hatten die Fernrohre an den Augen und beobachteten das Fort La Malgue, welches ihnen noch Sorgen bereitete. Es schien verlassen zu sein, aber man konnte annehmen, daß es vorher unterminiert worden sei. Bei dieser Gelegenheit richtete Napoleon sein Glas auch auf die Brigantine, welche sich soeben aus dem aufsteigenden Nebel abzuzeichnen begann.
    „Was ist das!“ rief er. „Bürger General, welcher Name hat gestern am Buge dieser Brigantine gestanden, welche uns soviel zu denken gibt?“
    „The hen“, antwortete der Gefragte.
    „Man hat während der Nacht diesen Namen überstrichen und geändert. Das Wort ist ganz deutlich durch das Rohr zu erkennen.“
    Der General richtete sein Glas, las und schüttelte den Kopf.
    „Unbegreiflich!“ meinte er. „Da steht geschrieben ‚Le faucon‘; es ist aus der englischen ‚Henne‘ ein französischer ‚Falke‘ geworden. Was hat dies zu bedeuten?“
    „Nichts anderes als eine List, ein Verrat gegen uns.“
    „Pah, dieses kleine Fahrzeug kann uns nichts tun! Ah, jetzt hißt es die Segel. Mille tonnerre, die Wimpel haben französische Farben! Man hebt den Anker; die Morgenluft bläht die Leinwand; die Brigantine will in See stechen!“
    „Das will ich ihr verbieten!“ meinte Napoleon.
    Er trat an eine der Kanonen, deren Lauf er eigenhändig richtete; dann lächelte er, seiner Sache gewiß:
    „Sie muß in Schußlinie vorüber. Man wird sehen, ob der Bürger Bonaparte noch zu schießen vermag.“
    Der General gab mit der Hand ein verneinendes Zeichen.
    „Der Mann da auf dem Hinterdeck kommt mir nicht wie ein Engländer vor. Ich bin kein Seemann, aber das sehe ich, daß sich das Schiff in ausgezeichneten Händen befindet; es gehorcht wie ein Vollblutpferd dem leisesten Steuerdruck. Übrigens beobachtet uns der Kapitän ebenso durch das Rohr wie wir ihn.“
    Bonaparte nahm sein Glas abermals vor und blickte hindurch; dann zog er es rasch vom Auge, wischte es ab und schaute noch einmal nach dem Befehlshaber der Brigantine. Dieser hatte ihn durch das Rohr erkannt, schwang sich in den Wanten empor und schwenkte grüßend seine Mütze.
    „Er salutiert zu uns herauf“, meinte der General. „Er muß einen von uns beiden kennen.“
    „Ich bin es, den er kennt“, antwortete Bonaparte.
    „Ah! Wer ist es?“
    „Bürger General, das ist eine Geschichte, welche ich erzählen werde, wenn mir mehr Muße dazu bleibt. Dieser junge Mensch wollte von dem Convent ein Schiff haben; man hat es ihm verweigert, und nun hat er sich selbst eins genommen, und zwar mitten aus der englischen Flotte heraus.“
    „Außerordentlich, ganz außerordentlich! Wie hat er dies angefangen?“
    „Mir unbegreiflich!“
    „Wir werden es erfahren. Er hat jedenfalls die Bemannung zu überwältigen gewußt. Ein kühner Bursche! Leider aber wird er seinem Verderben entgegengehen. Draußen liegen die englischen Schiffe: sie werden ihn zusammenschießen.“
    „Leider! Hätte er den Namen des Schiffes nicht so augenfällig verändert, so wäre es ihm möglich,

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