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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht einen einzigen entgegenstellen konnte; es lachte der Anstrengungen seiner Feinde; es erlaubte sich die brutalsten Eingriffe in das Völkerrecht; es konnte dies ungestraft tun; es konnte die aufrichtig gemeinten Friedensanerbietungen des ersten Consuls mit verächtlichem Schweigen oder mit beleidigenden Floskeln beantworten, denn der einzige Franzose, den es fürchtete, wirklich fürchtete, schwamm auf einem kleinen, unansehnlichen Fahrzeug auf fernen Meeren und hatte sich selbst aus seiner Heimat verbannt, weil er von derselben verstoßen worden war und da draußen in der Fremde Menschen gefunden hatte, die ihn liebten und verehrten, die ohne seinen Schutz nicht leben konnten und ohne seine Hilfe elend umgekommen wären. Und dieser einzige war kein anderer als Robert Surcouf, der kühne Sohn der Bretagne.
    Es war an einem lichten Sommertag. Die Sonne Indiens neigte sich dem Untergang entgegen, so daß die Schatten der Masten riesenhaft über die Wogen fielen. Während des Tages hatte die glühende Hitze nicht einen erfrischenden Windhauch aufkommen lassen, jetzt aber erhob sich ein leises Lüftchen, welches von Viertelstunde zu Viertelstunde immer stärker wurde und im Hafen von Pondicherry die warmen Fluten zu kräuseln begann.
    Pondicherry, ursprünglich eine französische Kolonie, war den Franzosen 1793 von den Briten abgenommen und dem Nabob von Karnatik übergeben worden. Man hatte die Festungswerke geschleift und auch in übriger Beziehung alle französischen Erinnerungen zu verlöschen gesucht. Gerade jetzt lag der Hafen voller Schiffe; der in dieser Jahreszeit herrschende Südwestmonsun hatte sie herbeigeführt und bot ihnen treffliche Gelegenheit, ihren Weg nach Osten weiter fortzusetzen. Es waren Fahrzeuge aller Nationen vorhanden, nur kein französisches; denn den Schiffen dieser Nationalität erschwerte man durch allerlei Schikanen die Einfahrt, und ein Kriegsschiff derselben brauchte den Versuch, hier die Anker zu werfen, gar nicht zu machen.
    Etwas weiter vom Land entfernt als die anderen Schiffe lag eine kleine Brigg mit Schonertakelage. Es war ein Yankee, welcher die Aufmerksamkeit der anwesenden Kapitäne nicht wenig in Anspruch nahm. Die Brigg hatte die neue amerikanische Bauart; scharfes, bis an die Gallion verlängertes Vorderteil, schmale Brust und ungewöhnlich schlanken Körper. Sie zeichnete sich jedenfalls durch ihre feinen Wasserlinien und eine Schnelligkeit aus, welche man recht gut auf sechzehn bis siebzehn Seemeilen für die Stunde annehmen konnte. Diese Brigg war gewiß ein ausgezeichneter Küstenfahrer; aber es gehörte ein kühner, trefflicher Seemann dazu, sich mit einem so leicht dem Kentern ausgesetzten Fahrzeuge über den großen Ozean zu wagen. Und dieser Seemann war noch so jung; er konnte kaum dreißig Jahre zählen. Er hatte Wein und Spirituosen geladen, welche er gegen Opium und Indigo umzutauschen beabsichtigte; er hatte aber seine Ladung noch keinem angeboten.
    Ganz in der Nähe dieser Brigg lag ein Engländer, ein großes, dreimastiges Kauffahrteischiff. Es hatte hier ausgezeichnete Geschäfte gemacht und wollte morgen den Anker lichten; für heut abend aber gab der Kapitän seinen Handelsfreunden ein Abschiedsfest, zu welchem auch die Kapitäne der nahe liegenden Schiffe geladen waren.
    Als der Abend hereingebrochen war, ließ der Engländer einige Raketen steigen, worauf die Geladenen von ihren Schiffen stießen, um bei ihm an Deck zu kommen. Auch die Amerikaner stellten sich ein. Vom Lande kamen die Gäste herbeigerudert und brachten ihre Frauen und Töchter mit. Eine Musikkapelle war schon an Bord. Nach kurzer Zeit klangen die lustigen Weisen derselben über die Wogen dahin. Das Vorderdeck war zum Tanzen geräumt, und achtern stand die lange Speisentafel nebst den Buffets, an denen man sich nach Belieben erfrischen konnte.
    Am muntersten ging es während der Tafel zu. Toast verdrängte Toast; die Herren waren bereits ein wenig angeheitert und ließen sich nach Seemannsart mehr gehen, als es eigentlich die Anwesenheit der Frauen gestattet hätte. Natürlich wurden allerlei merkwürdige Seegeschichten erzählt; ein jeder hatte etwas Ungewöhnliches erlebt, und es kam manche Münchhauseniade zum Vorscheine, über welche herzlich gelacht wurde. Aber man erzählte auch Ernsthaftes, z.B. von berühmten Kaperschiffen. Bei diesem Thema schlug einer der Kapitäne mit der Faust auf den Tisch und sagte:
    „Geht mir mit euren Kapers und Privateers! Sie alle sind doch nichts

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