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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sicher Seeräuber, und nach den Erfahrungen, welche wir gemacht haben, ist es eine Kunst, Vertrauen zu besitzen.“
    „Ich habe gehört, daß der ‚Eagle‘ hiergewesen ist. Sie gehören natürlich zur hiesigen Ansiedlung?“
    „Erst seit vorgestern. Ich gehörte zur Bemannung des ‚Eagle‘ und habe die Gelegenheit benutzt, am Land zurückzubleiben.“
    „Ah!“ machte Surcouf erstaunt. „Sind mit Schooter gefahren?“
    „Leider! Er hat mich gepreßt, und es ist mir schlecht genug ergangen, ehe es mir gelang, mich zu salvieren.“
    „Wenn das so ist, so sehen Sie sich einmal mein Schiff an. Hier haben Sie mein Rohr dazu.“
    Der Mann nahm das Fernrohr; kaum aber hatte er dasselbe auf die Brigg gerichtet, so nahm er es mit einem lauten Ausruf des Erstaunens wieder vom Auge:
    „Le faucon! Ist es möglich! Le faucon, Kapitän Robert Surcouf?“
    „Allerdings. Surcouf bin ich selbst.“
    „Sie, Sie sind es! O Herr, dann segne ich die Stunde, in welcher ich vom ‚Adler‘ entflohen bin, denn nun weiß ich, daß dieser fürchterliche Schooter seinen Lohn empfangen wird!“
    „Soweit es in meiner Macht liegt, soll er ihn erhalten. Erzählen Sie!“
    „Erlauben Sie mir vorher, die anderen zu benachrichtigen, damit sie nicht länger in Sorge sind.“
    Er entfernte sich und kehrte bald mit zwölf Personen, acht Erwachsenen und vier Kindern, zurück, welche Surcouf mit Jubel willkommen hießen.
    Die kleine Kolonie hatte aus zwei verheirateten Holländern, drei Franzosen, einem Belgier und einem Schweden bestanden. Bei dem Überfall war der letztere, welcher sich zur Wehr gesetzt hatte, getötet worden.
    „Ich denke, es ist auch ein Priester bei euch gewesen?“ fragte Surcouf.
    „Allerdings“, lautete die Antwort. „Er kam von Djokjokarta, um sich mit den Javanesen zu beschäftigen, welche hier in der Nähe in den Wäldern wohnen.“
    „So war er ein Missionar?“
    „Ja; er war ein Missionspriester vom Orden des Heiligen Geistes. Wir mußten ihn Vater Martin nennen.“
    „Ah!“ rief Surcouf, indem er von dem Stein emporfuhr, auf welchen er sich niedergelassen hatte, „Vater Martin vom Orden des Heiligen Geistes? Das ist wunderbar! Den kenne ich; der darf unmöglich in den Händen dieses Menschen bleiben! Erzählt!“
    Der entflohene Seemann übernahm es, den Bericht zu liefern.
    „Wir lagen vor Palembong“, sagte er, „als wir hörten, daß der ‚Falke‘ jedenfalls an der Nordküste von Java kreuzte. Kapitän Schooter hatte geschworen, den ‚Falken‘ zu bekommen und lichtete sofort die Anker. Wir segelten der Küste entlang, ohne Ihr Schiff zu entdecken, Kapitän, sichteten aber dafür diese kleine Niederlassung. Schooter rekognoszierte sie durch das Rohr und gewahrte einen Priester. Dies war für ihn sofort der Grund, die Ansiedlung zu überfallen.“
    „Wie kann die Anwesenheit eines Priesters die alleinige und genügende Ursache einer so traurigen Tat sein?“ rief Surcouf.
    „Ich weiß nicht; aber Tatsache ist es, daß Schooter beim Anblick eines Priesters in Wut gerät. Man erzählt sich, daß er selbst früher Mitglied eines Ordens gewesen sei. Er ist ein Irländer und soll aus einem schlimmen Grund Protestant geworden sein. Damit hängt sein Priesterhaß zusammen, der bei ihm zur wirklichen Manie geworden ist. Er ist der gottloseste Mensch, den ich gesehen habe, ein unmäßiger Trinker, ein lästerlicher Flucher, ein Barbar gegen seine Untergebenen. Ich bin ein Deutscher und gehöre zu einem jener unglücklichen Regimenter, welche von ihren Fürsten an die Engländer verkauft wurden, um in Amerika die Ideen der Freiheit und Gerechtigkeit ausrotten zu helfen. Ich mußte meine Braut und meine Eltern im Stich lassen und desertierte, wie so viele, die nicht für eine Nation kämpfen wollten, welche nur die eine Politik verfolgt, sich wie ein Blutegel an dem Wohlstand anderer Völker vollzusaugen. Das war mein Unglück. Ich konnte nicht in das Vaterland zurück; die Braut heiratete einen anderen; die Eltern starben, und mein Erbteil wurde konfisziert. Ich ging zur See. Seit dieser Zeit habe ich alle Meere befahren, bis ich mich am Kap niederließ. Da kamen vor fünf Jahren die Engländer und nahmen es in Besitz. Ich zog mit anderen weiter an der Küste hinauf, wo wir uns niederließen. Vor zwei Monaten ankerte Kapitän Schooter bei uns. Wir hielten ihn für einen Kauffahrer, und ich ging an Bord, um mit ihm über die Preise des Schlachtviehes, welches er von uns kaufen wollte, zu verhandeln.

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