41 - Unter heisser Sonne
Tätigkeit, bis sie nach Jahren ihn endlich für verschwunden erklären mußten.
Die letzte dieser Taten hatte Schooter an demjenigen Teil der Küste von Java verrichtet, welcher der Insel Bali gegenüberliegt.
Um diese Zeit lag in dem kleinen javanischen Hafen Kalima ein kleiner Klipper vor Anker, an dessen Brust man den Namen ‚Jeffrouw Hannje‘ lesen konnte. Nach diesem Namen zu urteilen, schien er niederländischer Nationalität zu sein, trotzdem sein Bau sehr von dem in Holland gebräuchlichen abwich. Es kümmerte sich übrigens kein Mensch um ihn, denn Kalima war damals erst im Entstehen begriffen, und man hatte mehr zu tun, als sich um die Schiffspapiere eines friedlichen, kleinen Seefahrers zu kümmern.
Der bedeutendste Ansiedler Kalimas war ein gewisser Davidson, welcher mit dem Kapitän der ‚Jeffrouw Hannje‘ Geschäfte haben mußte, denn dieser hatte sich bei ihm einlogiert, während seine Leute ohne Ausnahme an Deck hatten bleiben müssen. Die beiden Männer saßen auf einer offenen Veranda, deren Blätterdach genügenden Schutz vor den Sonnenstrahlen bot, rauchten feine Sumatra und lasen in den neuesten Zeitungen, deren Datum aber trotzdem mehrere Monate älter war. Damals bedurfte es fast eines Vierteljahres, um eine europäische Zeitung nach Java zu expedieren.
„Also hört, Kapitän, der Napoleon ist zum lebenslänglichen Consul ernannt worden“, bemerkte der Ansiedler.
„Ich las es bereits vorhin“, nickte der Angeredete, welcher kein anderer als Surcouf war. „Man wird nächstens die Nachricht erhalten, daß er König oder Kaiser geworden ist.“
„Sprechen Sie im Ernst?“
„Vollständig! Dieser Consul Bonaparte ist ein Mann, der nicht auf halbem Wege stehenbleibt.“
„Ah, Sie sind ein Bewunderer von ihm?“
„Nein, obgleich ich anerkenne, daß er ein Genie ist. Ich diene meinem Vaterland und achte einen jeden, welcher sich bemüht, dasselbe von dem Druck Englands zu befreien. In diesem Punkt besitzt der Consul meine vollste Sympathie. Nur weiß ich nicht, ob er den allein richtigen Weg zum Ziel einschlagen wird. Die Macht Englands wurzelt in seinen Kolonien und in dem Vorrang, welchen es sich in Angelegenheiten des Welthandels angemaßt hat. Man nehme ihm diese Kolonien; man führe seinen merkantilischen Einfluß auf das richtige Maß zurück; man schwäche seine Verbündeten und stärke seine Gegner; was weiß ich noch! Ich bin nicht Consul, und es genügt ja, wenn nun er das Richtige trifft. Die Hauptsache aber ist die Schaffung einer Flotte, welche Achtung zu gebieten vermag. Der Consul ist seinem Land und seinem Volk die Politik des Friedens schuldig. Und wenn er dies beherzigt, so kennt er nur einen einzigen wirklichen Feind, und dieser heißt England. Dieser Gegner aber ist erfolgreich nur zur See zu bekämpfen.“
„Wie Sie es im kleinen tun, Kapitän. Übrigens muß es für einen Mann von Ihren Fähigkeiten mit einer gewissen Überwindung verbunden sein, friedliche Kauffahrer wegzunehmen.“
„Warum? Meinen Sie vielleicht, weil dieses Verfahren der Piraterie ähnlich sieht? Kennen Sie einen größeren Piraten als England? Es untersucht und konfisziert nach Belieben die Handelsschiffe friedlicher Mächte; es schließt die Häfen der Nationen nach Gutdünken; es tötet den Handel und dadurch das Gewerbe der Völker; es macht auf diese Weise Millionen fleißiger Arbeiter brotlos, nur um alles an sich selbst zu reißen. Was es im großen tut, tue ich im kleinen; während es gegen Nationen sündigt, welche kein Verschulden trifft, operiere ich ehrlich und offen gegen einen Feind, der sich ebenso rücksichtslos wie unversöhnlich zeigt. Verurteilen Sie mich, wenn Sie es können! Hat England nicht Hunderte von Kapern unter Segel? Und was für Männer sind dies? Denken Sie nur an den nichtswürdigen Schooter, welcher kein Mensch, sondern ein Teufel ist! Sollen wir die Waffen strecken, um uns feig und wehrlos ersticken zu lassen? Und wenn ich dies tun wollte, so dürfte ich es nicht, denn ich habe heilige Verpflichtungen zu erfüllen. Auf meinem Schiff befinden sich vierzig wackere Männer, welche ich zu ernähren habe, und glauben Sie ja nicht, daß dies meine ganze Familie ist! In Bengalen habe ich Greise, welche in den französischen Kolonien dienten und nun von den Engländern nichts empfangen; ich habe zahlreiche Ansiedlerfamilien, welche durch die englischen Kolonialkriege zugrunde gerichtet wurden; ich habe arme Franzosen, welche mittellos in die Fremde gingen,
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