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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war von innen verriegelt, und Surcouf klopfte leise.
    „Wer ist's?“ erscholl drinnen die schläfrige Frage.
    „Der Lieutenant“, antwortete Bert Ervillard in englischer Sprache.
    „Was gibt's?“
    „Pst, Capt'n, redet nicht laut! Es muß an Bord irgendeine Teufelei los sein, die wir belauschen können. Steht auf, und kommt schnell!“
    „Ah! Bin gleich fertig!“
    Man hörte seine hastigen Bewegungen und das Klirren einer Waffe; zugleich sah man durch eine schmale Ritze, daß er Licht machte.
    „Vorsicht!“ flüsterte Surcouf. „Er darf nicht schießen, sonst weckt er alle Männer. Nimm du sofort seine beiden Hände, während du, Ervillard, ihn bei der Gurgel faßt. Das übrige besorge ich.“
    Jetzt wurde der Riegel zurückgeschoben, und die Tür öffnete sich. In ihrem hellen Raum war Schooter mit vollster Deutlichkeit zu erkennen; er hatte einen Degen umgelegt und trug in jeder Hand eine Pistole, deren Hähne glücklicherweise noch nicht gespannt waren. Ehe sein Auge die auf der Kajütentreppe herrschende Dunkelheit zu durchdringen vermochte, war er sowohl an beiden Händen als auch am Hals gepackt. Die Pistolen entfielen ihm; ein leises Gurgeln drang aus seiner Kehle; dann wurde er in die Kajüte zurückgedrängt, auf sein Lager gelegt, gebunden und geknebelt.
    Ganz denselben Verlauf nahm die Überwältigung des Lieutenants in der Backbordkoje; der Deutsche, welcher jeden Winkel des Schiffes ganz genau kannte, diente als Führer. Hierauf versicherte man sich der Waffen- und Munitionsvorräte. Bis hierher war alles ganz glücklich abgelaufen, und da der Deutsche versicherte, daß die Bemannung sich unbewaffnet in ihren Hängematten befinden werde, so wurden die vorgefundenen Gewehre geladen, und dann stieg man durch die Vorderluke in das Mannschaftsquartier.
    Hier brannte eine Lampe, deren Schein den niedrigen, dumpfen Raum mit den vielen Hängematten nur notdürftig erleuchtete. Das Passieren der schmalen, knarrenden Treppe konnte nicht mit der gewünschten Geräuschlosigkeit vor sich gehen; die Leute des ‚Eagle‘ wurden aufmerksam, und einer derselben stieß verdrießlich einen Fluch aus. Er glaubte, es sei die abgelöste Deckwache, fuhr aber doch sehr schnell aus seiner Hängematte empor, als er sah, daß die Störung nicht von den beiden Kameraden, sondern von einer ganzen Anzahl Unbekannter herrührte.
    Er rief die anderen wach, doch schon stand Surcouf mit den beiden vorgehaltenen Pistolen des Kapitäns am Eingange und gebot mit donnernder Stimme:
    „Ein jeder an seinen Platz! Ich bin Kapitän Surcouf, und euer Schiff ist bereits in meiner Gewalt. Wer es wagt, sich zu wehren, den lasse ich einfach an die Fockrahe hängen!“
    Bei der Nennung dieses Namens sanken die Arme wieder nieder, welche sich bereits erhoben hatten; keiner der gefürchteten Bemannung des ‚Eagle‘ hatte den Mut oder die Geistesgegenwart, ein Wort zu sagen. Die Sache war ihnen so unglaublich, so unmöglich, und doch sahen sie den gefürchteten Privateer mit seinen Leuten vor sich; es gehörte Zeit dazu, das zu begreifen, zumal ihr Schiff nicht geentert worden war und sie an den nassen Kleidern der Franzosen erkannten, daß diese schwimmend herbeigekommen seien. Surcouf fuhr fort:
    „Ihr habt euch ohne Bedingung zu ergeben und einzeln hinauf an Deck zu steigen. Vorwärts, marsch!“
    Er faßte den ihm zunächst Stehenden bei der Schulter und schob ihn nach der Treppe hin; der Mann gehorchte ganz verblüfft, und dieses Beispiel wurde von den anderen nachgeahmt. Sie stiegen in Zwischenräumen – einer hinter dem anderen – nach oben und sahen sich dort empfangen genommen und gefesselt, ehe sie sich noch gänzlich in ihrer Lage zurechtgefunden hatten. Dann wurden sie hinunter in den Ballastraum gebracht, wo sie unter der scharfen Aufsicht einer Wache standen.
    Jetzt ließ Surcouf Raketen aus der Pulverkammer kommen; ihr aufsteigendes Licht und ein einziger gelöster Kanonenschuß sollten den ‚Falken‘ benachrichtigen, daß der ‚Eagle‘ sich in den Händen der Sieger befinde. Diese Zeichen wurden bemerkt, und nach einer halben Stunde, während welcher Surcouf eine eingehende Besichtigung des ‚Eagle‘ vornahm, kam der Schoner herbei und warf neben dem Engländer den Hauptanker. Nun wurden auch die drei zurückgelassenen Boote herbeigeholt, und das Unternehmen gegen den ‚Adler‘ war geglückt beendet.
    Jetzt galt es nur noch, den entführten Missionar ausfindig zu machen. Kein einziger Mann der Schiffsbesatzung

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