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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte Auskunft über ihn gegeben; alle hatten vielmehr jeder Bitte und jeder Drohung ein halsstarriges Stillschweigen entgegengesetzt. Nun wurde der Lieutenant vernommen; auch dieser schwieg. Darum schickte Surcouf nach dem Kapitän, welcher noch immer gefesselt in seiner Kajüte lag, und empfing ihn an Deck, von sämtlichen Leuten des ‚Falken‘ umgeben.
    Mehrere jetzt an den Masten aufgehängte Laternen verbreiteten ein genügendes Licht, um den berüchtigten Mann genau in Augenschein nehmen zu können. Er hatte eine lange, hagere, vornübergebeugte Gestalt und ein Gesicht, dessen Physiognomie nichts weniger als Vertrauen erweckend war. Man hatte ihm den Knebel abgenommen und die Füße entfesselt; die Hände aber blieben gebunden.
    Er schien von dem, was ihn betroffen hatte, und dessen Tragweite er noch gar nicht kannte, keineswegs niedergeschlagen zu sein, sondern sein Auge blitzte, und sein Gesicht war gerötet vor Zorn, als er, in den Kreis tretend, mit barscher Stimme fragte:
    „Was geht hier vor? Wer ist es, der es wagt, sich auf meinem Schiff als Herr zu gebärden?“
    „Auf Ihrem Schiff, Mr. Schooter?“ antwortete Surcouf. „Ich denke, daß es das meinige ist!“
    „Ah, welche Frechheit! Wer sind Sie?“
    „Ich bin Robert Surcouf, Untertan der französischen Republik, und das Schiff, dessen Licht Sie hier über Steuerbord sehen, ist der ‚Falke‘, dessen Bekanntschaft Sie so gern machen wollten. Ich hoffe, Sie danken es mir aufrichtig, daß ich Ihnen die Mühe erspare, noch längere Zeit erfolglos nach mir zu suchen!“
    Als der Kapitän diesen Namen hörte, erbleichte er; doch war dies das einzige Zeichen seines Schreckens, denn er antwortete in stolzem Ton:
    „Robert Surcouf? Hm! Ja! Ach, ich erinnere mich jetzt, diesen Namen irgendwo einmal gehört zu haben. Sind Sie Seemann?“
    „Ich will dies nicht behaupten, hoffe jedoch, daß man mich für einen Seemann hält.“
    „Was haben Sie an Bord des ‚Eagle‘ zu suchen?“
    „Ich suche Kapitän Schooter – – –“
    „Nun wohl, der bin ich. Was weiter?“
    „Ferner suche ich einen Missionspriester, welchen Sie vor einigen Tagen von Java entführt haben. Sie werden die Güte haben, mir seinen Aufenthalt zu nennen!“
    „Ich werde diese Güte nicht haben, Herr! Ich pflege –“
    „Pah!“ unterbrach ihn Surcouf jetzt mit barscher Stimme. „Was Sie zu pflegen belieben, das ist hier vollständig gleichgültig; jetzt gilt nur das, was mir beliebt. Ich ersuche Sie, Robert Surcouf nicht für einen Mann zu halten, mit welchem man Komödie spielen darf. Ich halte Sie nicht für wahnsinnig und nehme also an, daß es Ihnen nicht an Einsicht mangelt, Ihre gegenwärtige Situation vollständig zu begreifen. Werden Sie mir sagen, wo sich der Missionspriester befindet, oder nicht!“
    „Einem Surcouf antwortet Kapitän Schooter nicht!“
    „Nun wohl; Sie sind mein Gefangener. Da Sie sich weigern, dem Kapitän Surcouf die verlangte Auskunft zu geben, so wird er Ihnen den Mund öffnen müssen. Lieutenant Ervillard, ein Tauende! Dieser Mann erhält dreißig scharfe Hiebe auf den bloßen Rücken!“
    Bei diesem Befehle trat Schooter hastig einen Schritt weiter vor.
    „Was sagen Sie da?“ rief er, vor Grimm bebend. „Schlagen wollen Sie mich lassen! Mich, einen Offizier! Den Kapitän des ‚Eagle‘, vor dem noch jeder Feind gezittert hat!“
    Surcouf zuckte die Achsel sehr gleichmütig und antwortete:
    „Hoffentlich zählen Sie mich und meine braven Jungens nicht zu den Leuten, von denen Sie gefürchtet worden sind. Ja, ich werde Ihnen den Mund mit guten Hieben öffnen lassen!“
    Schooter antwortete zunächst nur mit einem heiseren Schrei; dann aber rief er:
    „Mensch, das wagst du nicht! Noch gibt es ein Völkerrecht! Ich bin kein Seeräuber, sondern ein Privateer, der mit vollgültigen Kaperbriefen versehen ist. Und wenn diese nicht geachtet werden, so ist Kapitän Schooter der Mann, ihnen Achtung und sich selbst Genugtuung zu verschaffen. Zittern Sie vor meiner Rache! Sie haben mein Schiff genommen; nun wohl, ich kann nichts dagegen haben, obgleich meine Schlafmützen dies fürchterlich büßen sollen; aber Sie müssen mich im nächsten Hafen abliefern, und dann, dann werde ich Ihnen zeigen, was es heißt, einem Mann von meiner Qualität mit dem Tauende zu drohen!“
    „Ich sehe doch, daß Ihr Zorn Ihren Anstand auf eine sehr ungünstige Weise beeinflußt“, antwortete Surcouf. „Eigentlich habe ich hier keinem einzigen Menschen

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