Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Seele liebte und zu dem er doch nicht mehr zurückkehren durfte. Als Deserteur sah er sich verurteilt, sein Haupt dereinst in fremder Erde zur Ruhe zu legen.
    Die ausgemachte Frist verstrich, ohne daß die drei Boten zurückkehrten, und Surcouf sah sich zu einer kriegerischen Expedition an das Land verpflichtet. Er übergab dem Lieutenant das Kommando der beiden Schiffe und stellte sich selbst an die Spitze der zwanzig Männer, welche zur Landung ausersehen waren. Sie wurden mit guten Waffen ausgerüstet und mußten trotz der hier herrschenden Hitze drei Anzüge übereinander tragen, um das Eindringen der vergifteten Pfeile der Dayaks zu erschweren. Die Schiffe verließen die Insel und warfen in der Nähe des Festlandes Anker, damit sie die Küste desselben nötigenfalls mit ihren Kanonen bestreichen könnten. Dann stießen die Boote ab, um in der Bucht zu landen, welche von einem kleinen, hier in das Meer mündenden Flüßchen gebildet wurde.
    Das Ufer zeigte nur einen schmalen, sandigen Strich ohne Pflanzenwuchs; dann aber begann ein dichter Urwald, dessen Schlinggewächse das Fortkommen sehr erschwerten. Da fiel zum Beispiel sogleich ein beinahe hundert Fuß hoher Baum in die Augen, der einen Umfang von vielleicht zwanzig Fuß haben mochte. Seine weiße Rinde war rissig, und seine Früchte hatten die Größe einer Pflaume. Das war der fürchterliche Antschar (Antiaris toxicaria), dessen Milchsaft schon durch seine Ausdünstung sehr schmerzhafte Geschwülste hervorbringt; es ist der berüchtigte Upas, von dem so viel Schreckliches gefabelt wird. Er soll ganz allein im ‚Todestal‘ auf Java stehen und die Luft meilenweit so verpesten, daß kein Baum, kein Strauch, kein Gras gedeiht und alle lebenden Wesen in seiner Nähe dem Tod verfallen. Das ist nicht wahr; vielmehr findet er sich in den dichtesten Wäldern, und man hat sich nur vor der Berührung mit seinem Gift und vor dem längeren Einfluß seiner Ausdünstung zu hüten. An ihm kletterte eine fast armdicke Schlingpflanze empor, welche bis in bedeutende Höhe völlig astlos war, dann aber zwischen ihren elliptischen Blättern grünlich weiße Blumen zeigte, welche einen jasminartigen Geruch ausströmten. Das war der javanische Brechnußbaum (Strychnos Tieute), dessen Wurzelrinde einen giftigen Saft gewinnen läßt, welcher unter den Namen Upas tschettek oder Upas radscha bekannt ist; er führte nach der geringsten Verwundung heftige Konvulsionen und einen schmerzhaften Tod herbei. In der Nähe wuchsen ganze Massen einer fünf Fuß hohen Pflanze, welche ellenlang weich behaarte Blätter und einen rötlichweißen Blütenstrauß trug. Es war der indische Galgant (Alpinia galanga). Auch wilder Cassamumar-Ingwer (Zingiber cassamumar) und die strauchige Beißbeere (Capsicum) wuchsen da. Aus diesen fünf Pflanzen nebst einigen anderen bereiten die Bewohner des indischen Archipels ihr berüchtigtes Pfeilgift, über welches schon so viel Wahres und Unwahres erzählt worden ist. Die Bereitung geschieht auf folgende Weise: Man nimmt ein Quantum Antscharsaft, den zehnten Teil davon Saft der Galgant-Alpinie, ebensoviel Saft des Cassamumar-Ingwers und des Arons, den Saft einer Zwiebel, etwas fein gepulverten schwarzen Pfeffer und vermischt das innig miteinander. Hierauf gibt man nach Umständen den Wurzelrindensaft der javanischen Brechnuß dazu und den Samen der Beißbeere, welcher ein starkes Aufbrausen verursacht. Hat das Brausen aufgehört und ist die Mischung filtriert, so ist das Gift fertig. Wird dasselbe in nicht zu großen Quantitäten genossen, so erregt es in der Regel nur ein heftiges Erbrechen, kommt es jedoch mit dem Blute in Berührung, so wirkt es schnell tödlich.
    Daß der dichte Wald auch von gewaltigen Tieren belebt sei, zeigte den Seeleuten eine breite Rhinozerosspur, welche längs des Flüßchens aufwärts führte und in welche mehrere andere mündeten. In diese lenkte der Führer Holmers ein. Die Gefährlichkeit der Lage erforderte die Bildung einer Vorhut, und darum sandte Surcouf fünf Mann voraus, welche den Weg und dessen Umgebung auszuspähen hatten.
    Man war beinahe eine halbe Stunde lang vorgerückt, als von dieser Vorhut das Zeichen gegeben wurde, daß etwas Auffälliges in Sicht sei. Schnell rückten die anderen nach und gelangten an eine Stelle, wo sich ganz am Ufer des Flüßchens mehrere Rhinozeroswege vereinigten und also ein verhältnismäßig freier Platz gebildet wurde. Dieser war abgeschlossen rechts durch den Fluß, links durch den

Weitere Kostenlose Bücher