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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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selbst hinführen!“
    Er zog die Brauen finster zusammen, dreht sich zu seinen Leuten um und warf ihnen einige Tibbuworte zu. Dies benutzte ich, dem neben mir stehenden Ali rasch zuzuflüstern:
    „Tu ganz genau das, was ich tue!“
    Er nickte und nahm seine lange Flinte in die Rechte, so wie ich meinen schweren Bärentöter hatte. Den Henrystutzen trug ich am Riemen über dem Rücken. Mein Verdacht hatte sich zur Gewißheit gesteigert. Die Zeltreihe, an deren Eingang wir standen, schien von Personen bewohnt zu sein, welche ausgesprochene Tibbugesichter hatten, und sich dadurch von den meisten anderen Dorfbewohnern unterschieden. Das waren wilde und, wie es schien, gewalttätige Kerls, denen ich nicht weniger als alles zutrauen konnte. Es fiel mir auf, daß die Insassen der übrigen Zelte zwar beobachtend nahe standen, aber doch nicht ganz herankamen. Es war, als ob diese äußere Zeltreihe gar nicht zum eigentlichen Dorf gehöre. War der Tedetu etwa ein Fremder hier? Er wendete sich, kaum daß ich meinem Diener die wenigen Worte zugeraunt hatte, wieder nach mir um und sagte in einem keineswegs freundlichen Tone:
    „Wir können unmöglich dulden, daß du so niedrige Dienste verrichtest. Dein Diener mag sein Kamel tränken; er mag gehen; du aber wirst das deinige uns überlassen, denn du bist unser Gast, der Gast des ganzen Duars.“
    Ah, Ali sollte gehen; man wollte uns voneinander trennen? Darum antwortete ich:
    „Ali el Hakemi bleibt bei mir! Und der Gast des ganzen Dorfes soll ich sein? Bin ich ein gefräßiger Kuku Kuschu (Kuckuck), den fünfzig andere Vögel füttern müssen? Ich will der Gast eines einzigen Mannes sein, und den werde ich mir selbst auswählen. Wo ist der Scheik el Beled, der Älteste des Duar?“
    „Willst du bei ihm einkehren?“
    „Ja. Wo befindet er sich?“
    „Hier.“
    „Wo hier?“
    „Da, wo ich stehe. Ich bin es selbst und du sollst bei mir wohnen. Komm also mit!“
    „Du?“ fragte ich im Ton des Unglaubens, denn ich hatte ihn bereits vorhin für einen Fremden gehalten, und als er sich jetzt, und zwar nicht mit leiser, sondern lauter, erregter Stimme, die jenseits der Zeltreihe gehört werden konnte, für den Scheik ausgab, bemerkte ich, daß dort viele ihre Augen auf einen alten, ehrwürdig aussehenden Mann richteten, welcher selbst verwundert oder gar mißbilligend dreinschaute. Ich nahm sofort an, daß dieser Greis der Scheik sei; daher mein fragendes ‚du‘?
    „Ja, ich!“ versicherte der Tedetu mit Nachdruck. „Also komm!“
    Er ergriff mich am linken Arme, um mich mit sich fortzuziehen. Ich aber blieb fest stehen und sagte:
    „Erlaube zunächst, mich erst einmal da drüben zu erkundigen!“ Ich deutete bei diesen Worten zu dem Greis hinüber; da aber gab er seinen Leuten einen sehr entschiedenen Wink und rief zornig aus:
    „Willst du mich beleidigen, indem du meiner Versicherung keinen Glauben schenkst? Ich bin der Scheik, also vorwärts mit dir!“
    Er faßte mich wieder an, um mich nun mit Gewalt fortzuziehen und zugleich wurde ich mit Ali von den Tibbu umringt, welche uns vorwärts drängten; es waren wohl an die zwanzig Mann. Das konnte ich mir denn doch nicht gefallen lassen, wenn es nicht um uns geschehen sein sollte. Darum forderte ich in drohendem Ton:
    „Laßt ab, und gebt uns frei, sonst schaffen wir uns Bahn!“
    Die Kerls lachten mich laut aus und schoben weiter, und der Tedetu antwortete, ebenso höhnisch lachend:
    „Komm nur, Knabe! Deine Bahn schreibe ich dir vor!“
    Da faßte ich den Bärentöter mit beiden Fäusten, legte ihn mir trotz des dichten Gedränges vorn quer über den Leib, daß er links und rechts hervorragte und drehte mich mit einer raschen, kräftigen Bewegung um. Dadurch wurden der Tedetu und einige andere von dem Kolben und dem Lauf der Büchse gefaßt und fortgeschleudert. Ich bekam Luft und benutzte dies sofort, das Gewehr um den Kopf zu wirbeln und zu rufen:
    „Schreib einmal vor, Betrüger! Ob ich dir folgen werde!“
    „Lakkadam, lakkadam – vorwärts, vorwärts, drauf!“ brüllte er wütend. „Entreißt ihm das Gewehr!“
    Sie wollten ihm gehorchen, bekamen aber solche Kolbenhiebe, daß sie noch weiter zurückwichen als vorher. Nun war ich gewiß, mir eine Gasse bahnen zu können und rief meinem Ali zu:
    „Komm, rasch, eng hinter mir her!“
    Der Tedetu war der Anstifter dieses harten Tanzes, folglich mußte ihn der Taktstock treffen. Ich fällte den Kolben und stieß ihm denselben in die Seite, daß er lautlos

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