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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ersteren bemühten sich, das außerordentliche Ereignis zu berichten.
    „O heilige Madonna von Segovia, ist das möglich!“ rief Schwester Clarissa, als die Erzählung beendet war. „Wir waren so sicher; wir erwarteten das Gelingen unseres Planes so gewiß, und da kommt dieser fremde Antichrist dazwischen, um uns das gottgefällige Werk vollständig zu verderben!“
    „Verderben?“ trug Alfonzo höhnisch. „Wer spricht davon! Hier kann es sich doch höchstens nur um einen kurzen Aufschub handeln.“
    „Wird es mit dem Bohrer gelingen, Señor?“ raunte der Notar dem Arzt zu.
    „Ganz sicher“, antwortete dieser. „Aber wir werden diesen Doktor Sternau selbst so scharf anbohren, daß er zermalmt wird, ehe er es denkt.“
    „Und diese Augenoperation?“
    „Kann auch gelingen, wenn keine verderbliche Entzündung dazukommt. Ich traue diesem deutschen Riesen alles zu.“
    „So sorgt man eben dafür, daß eine solche Entzündung eintritt“, bemerkte die fromme Schwester, „Gott hat dem Grafen das Licht der Augen genommen, um ihn zu prüfen, und es ist eine himmelschreiende Sünde, in diese Prüfung Gottes einzugreifen.“
    „Ja, wir können dieses und jenes tun und auch noch vieles andere“, sagte der Notar, „aber wir müssen dabei vorsichtig sein. Wir dürfen nichts überstürzen. Wir müssen jeden Verdacht vermeiden und außerordentlich vorsichtig sein. Man darf uns so wenig wie möglich beisammen sehen, und darum müssen wir auch die jetzige Unterredung bald beenden. So viel steht fest: Der Graf darf nicht wieder gesund werden, am allerwenigsten aber wieder sehend werden, denn er darf das Gesicht Alfonzos niemals erblicken; und dieser Deutsche muß unschädlich gemacht werden; er muß sterben oder doch für immer verschwinden.“
    „Aber wie?“ fragte die fromme Dame.
    „Das laß nur meine Sorge sein! Ich habe da oben in den Bergen einige sehr gute Bekannte; von dummen Menschen werden sie Räuber genannt, gegen mich aber sind es die treuesten und ehrlichsten Verbündeten, welche ich mir nur wünschen kann. Ich werde sie recht bald einmal besuchen und dabei anfragen, ob sie geneigt sind, uns von der Gesellschaft dieses Deutschen zu befreien.“
    Derjenige, von welchem hier die Rede war, ruhte unterdessen in seiner kleinen Wohnung von der durchwachten Nacht aus, und als er am Nachmittag zum Schloß kam, war Gräfin Rosa die erste, welche ihm begegnete.
    „Willkommen, Señor!“ begrüßte sie ihn. „Mag uns Ihr Eintritt Heil und Segen bringen!“
    „Zunächst wird er nur Kampf bringen, Señora“, antwortete er. „Das hat mir dieser Doktor Francas heilig und teuer versprochen.“
    „Er mag recht haben, Señor“, entgegnete sie mit leuchtenden Augen, „aber der Kampf, mit welchem wir uns verbinden, wird nicht nur ein Kampf gegen die Falschheit, die Lüge und das Verbrechen, sondern es wird auch ein Kampf um die Liebe sein, welche uns verboten ist. Sie sollen in mir eine treue und tapfere Kameradin finden!“

ZWEITES KAPITEL
    Das Geheimnis des Bettlers
    „So liegt, die Qualen stolz verachtend.
   Mit denen man ihn zwingen will.
Der Löwe, nach der Wüste schmachtend,
   In seinem Käfig stumm und still.
Erstaunend ob der mächt'gen Glieder
   Umstehet scheu die Menge ihn;
Mit tief gesenkten Augenlidern
   Träumt er von der Oase Grün.“
    Hoch oben in den Bergen der Pyrenäen, da, wo westlich von Andorra der gewaltige Maladetta, ‚der Verfluchte‘, seine Spitzen in die Wolken reckt und seine finsteren Schluchten tief in die Erde gräbt, schlich ein Wanderer den wilden Pfad hinab.
    Keine Quelle ließ ihre erfrischenden Wellen abwärts murmeln; kein Busch oder Strauch bot einige Quadratfuß Schatten. Heiß, glühend heiß brannte die südliche Sonne auf den nackten Felsen, auf die öden Hänge und die kahlen Bergstürze, und doch hätte der einsame Wandersmann gar sehr eines kühlen Trunkes oder eines Ortes bedurft, an welchem er seine müden Glieder vor den verzehrenden Strahlen verbergen konnte.
    Er schien alt, sehr alt zu sein. Sein Haar war ergraut und sein Gesicht eingefallen. Die Haut des letzteren und auch die seiner Hände war von Wind und Wetter lederhart gegerbt; die Kleidung hing ihm beinahe nur noch in Fetzen um den Leib, und die alten Sandalen, welche er trug, waren so sehr zerrissen, daß seine nackten Füße den glutgesättigten Boden berührten. Dabei schien er sehr krank zu sein. Ein immerwährendes Hüsteln ließ seine eingefallene Brust erbeben, und zuweilen,

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