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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und meldete:
    „Señora, ich werde von Señor Cortejo, dem Haushofmeister des Herzogs von Olsunna, gesendet, Ihnen dieses Kuvert zu übergeben.“
    „Sollen Sie auf Antwort warten?“
    „Nein. Leben Sie wohl!“
    Er ging. Die Gouvernante erwartete, daß das Kuvert eine schriftliche Mitteilung enthalte, als sie jedoch öffnete, fiel ihr eine Anzahl Banknoten in die Hand.
    „Ah, sehen Sie, wie rücksichtsvoll man ist!“ rief sie erfreut.
    Sie zählte.
    „Vierhundert Duros!“ sagte Sternau, welcher mit den Augen auch gezählt hatte.
    „Dreihundertfünfundzwanzig erwartete ich bloß“, meinte sie.
    „Ja, man ist rücksichtsvoll; man sendet Ihnen die runde Summe“, sagte er bitter.
    „Aber, Herr Sternau, ein Herzog rechnet anders, als –“
    „Aber ein Haushofmeister nicht!“
    „Nun, so wird man mir den Überschuß beim nächsten Quartal in Abrechnung bringen. Ich bin ja unendlich glücklich, meiner Mutter eine Summe schicken zu können!“
    Er preßte die Lippen zusammen.
    „Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen, daß Sie so glücklich bleiben. Hätte ich ein Recht dazu, so würde ich Sie bitten, dieses Geld einfach zurückzusenden.“
    „Nein, das geht nicht. Denken Sie doch, was man von mir sagen würde! Man bietet mir eine so ausgezeichnete Stellung an; ich sage zu; man bezahlt mich sofort, und zum Dank dafür sage ich wieder ab. Nein, nein, das geht nicht! Sie sehen zu schwarz; ich fürchte nichts!“
    „So werden Sie also morgen dieses Haus verlassen?“
    „Ja.“
    „Und Ihren Ansprüchen an Salmonno entsagen?“
    „Ja.“
    „Sie haben noch Gehalt bei ihm stehen?“
    „Gerade fünfzig Duros, außer dem, was ich für das angetretene Vierteljahr zu erhalten habe.“
    „Wollen Sie mir erlauben, an Ihrer Stelle mit ihm zu sprechen?“
    „Ich bitte Sie darum, Herr Sternau! Ich scheue mich vor dieser Art Verhandlungen.“
    „Ich werde sogleich zu ihm gehen.“
    Er verließ das Zimmer. Draußen blieb er stehen und legte die Hand auf das Herz; er fühlte das erregte Klopfen desselben durch die Kleidung hindurch.
    „Mein Gott, sie geht; sie ist verloren!“ murmelte er. „Das Geld hat sie verblendet, und ich habe nicht genug Einfluß auf sie, um sie zu retten! Welch ein Jammer, welch eine große Qual!“
    Er stieg die Treppe hinab und trat in das Kontor. Die freundlichen Blicke, welche ihm von allen Seiten zugeworfen wurden, bewiesen, wie sehr man ihn hier achtete. Er klopfte an die eisenbeschlagene Tür des Prinzipals, mußte wieder auf das ‚Entrada‘ warten und trat, als er es endlich hörte, hinein.
    „Was wollt Ihr?“ fuhr der Bankier auf. „Doch nicht schon wieder Geld?“
    „Jawohl, Geld!“ antwortete Sternau trocken.
    Salmonno sprang auf und öffnete vor Schreck den Mund übermäßig weit.
    „Seid Ihr bei Trost.“
    „Ja.“
    „Ihr habt ja Euer Geld erhalten!“
    „Das ist richtig, Don Salmonno. Ich will es ja auch nicht für mich.“
    „Für wen denn?“
    „Welche Frage! Ihr habt wohl vergessen, daß Ihr mich batet, Señora Wilhelmi zu sagen, daß sie Euer Haus verlassen solle?“
    „Ach so! Hm! Ihr wolltet aber doch von der Sache ganz und gar nichts wissen!“
    „Ja, man ist eben zu gut, zu gefügig, zu gefällig und zu rücksichtsvoll. Ich überlegte es mir doch noch, daß ich mir Euren Dank verdienen würde, wenn ich mich an Eurer Stelle in das Feuer stürzte. Darum habe ich noch nachträglich mit ihr gesprochen.“
    „Was sagte sie?“
    „Sie will nicht.“
    „Ah, sie muß.“
    „Wer will sie zwingen?“
    „Ich jage sie aus dem Haus.“
    „So geht sie zur Polizei, meldet Euer Verhalten an und läßt sich auf Eure Kosten die betreffenden einundzwanzig Wochen lang im feinsten Hotel verpflegen.“
    Der Mund des Bankiers öffnete sich noch weiter als vorher.
    „Kann sie das?“
    „Freilich! Das Gesetz lautet ja so.“
    „O Gott, was seid Ihr Deutschen doch für schlechte Menschen!“
    „Und Ihr Spanier für Geizhälse! Welches Gehalt bezieht Señora Wilhelmi bei Euch?“
    „Zweihundert Duros.“
    „Also vierteljährlich fünfzig?“
    „Ja.“
    „Auf das laufende Vierteljahr habt Ihr ihr noch nichts gegeben?“
    „Nein; es ist ja noch gar nicht vergangen!“
    „Und Ihr habt vierteljährliche Kündigung?“
    „Ja.“
    „Nun gut, so wollen wir einmal summieren, was sie zu beanspruchen hat, wenn sie Euer Haus augenblicklich verlassen soll.“
    „Nun?“
    „Die fünfzig Duros, welche sie bei Euch stehen hat. Stimmt dies?“
    „Ja.“
    „Sodann die fünfzig

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