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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sagen?“
    Francas erhob sich von seinem Sitz und begann:
    „Erlauchtester Graf, es treibt uns nichts als die Sorge um Ihr Wohlbefinden zu Ihnen. Wir hörten allerdings, daß Sie die äußerste Stille anbefohlen hätten, und da wir daraus auf eine Verschlimmerung Ihres so besorgniserregenden Zustandes schließen mußten, so eilten wir herbei, um, wie es uns die Pflicht gebietet, Ihnen mit unserem ärztlichen Rat zur Seite zu stehen.“
    „Ich danke Euch!“ erwiderte der Graf in seinem höflichsten Ton. „Ich fühle mich matt, sonst aber scheint mir ein Grund zu wirklicher Besorgnis nicht vorhanden zu sein.“
    „Gnädigster Herr“, fiel da Doktor Milanos aus Córdova ein, „oft hält der Leidende seinen Zustand für tröstlich, während doch gerade das Gegenteil stattfindet. Nur der Arzt erkennt, welcher Art das Befinden seines Patienten ist.“
    „Ihr mögt recht haben“, antwortete der Graf mit einem leisen Lächeln. „Auch ich enthalte mich aller eigenmächtigen Beurteilung meines Zustandes und akzeptiere nur die ärztliche Ansicht. Señor Doktor Sternau aber hat mir versichert, daß ich nichts zu befürchten habe, und nach Eurer eigenen Ansicht muß ich ihm als Arzt doch meinen Glauben schenken.“
    Die drei Herren wechselten miteinander einen Blick, welcher die allergrößte Indignation ausdrückte, und Francas sagte mit einem finsteren Stirnrunzeln:
    „Dieser fremde Señor Sternau? Erlaucht, mein werter Kollege, Señor Cielli hier, hat die Ehre gehabt, viele Jahre lang Ihr Hausarzt zu sein und während dieser ganzen Zeit Ihr vollständiges Vertrauen zu genießen. Auch wir beiden sind Ihrem ebenso ehren- wie vertrauensvollen Ruf gefolgt, um Sie von einem Leiden zu befreien, welches Ihnen den sicheren Tod bringt, wenn es nicht durch schnellste Anwendung energischer Maßregeln behoben wird. Wir vertreten die ärztliche Kunst und Geschicklichkeit unseres Vaterlandes; wir sind bereit, Ihnen das Leben zu retten, und wenn ein vollständig fremder, obskurer Medikaster zu Ihnen kommt, vertrauen Sie ihm mehr als uns und beachten es nicht, daß Sie dieses Verhalten mit Ihrem so kostbaren Leben bezahlen werden. Bedenken Sie, Erlaucht, daß in uns alle Vertreter der ärztlichen Wissenschaft in Spanien beleidigt werden.“
    „Señores“, erklärte der Graf, „Ihr geht zu weit! Doktor Sternau ist hier allerdings ein Fremder, doch einen obskuren Medikaster darf ihn niemand nennen. Er ist einer der hervorragendsten Jünger seiner Kunst, wie ich mich vollständig überzeugt habe. Er hat die berühmtesten Universitäten seines Vaterlandes mit Ehren absolviert und bei den geachtetsten Ärzten assistiert. Dann hat er mehrere Erdteile bereist, um die Schätze seines Wissens zu vermehren, und ist nach seiner Rückkehr bei Professor Letourbier in Paris, den alle Welt als den bedeutendsten Chirurgen Frankreichs anerkennt, eingetreten, um seine Anschauungen und Erfahrungen zu verwerten.“
    „Das hat er wohl selbst erzählt“, meinte Cielli in wegwerfendem Ton.
    „Ihr irrt Euch! Señor Sternau besitzt zuviel wahre Bildung, als daß er von sich redet. Meine Tochter hat in der ärztlichen Abteilung Bücher gefunden, welche er geschrieben hat, und eine ganze Reihe von ärztlichen Zeitschriften, in denen von seinen Kenntnissen und Erfolgen in der belobigendsten Weise die Rede ist. Ein jeder Arzt, welcher sich bemüht, der Entwicklung seiner Wissenschaft zu folgen, muß den Namen Sternau kennen. Wer allerdings bequem und gegen seine Patienten gewissenlos genug ist, auf dem alten, fehlerlosen Standpunkt zu beharren, wer sich für so untrüglich hält, daß er es verschmäht, die Literatur zu studieren, in welcher die segensreichen und oft staunenswerten Erfolge der neueren Forschung niedergelegt sind, der wird die Namen wissenschaftlicher Kapazitäten und Heroen niemals kennenlernen.“
    Bei diesen Worten konnte keiner der drei Ärzte eine Bewegung des Zornes unterdrücken, und Doktor Francas fragte:
    „Erlaucht, haben wir die Worte ‚bequem‘ und ‚gewissenlos‘ vielleicht auf uns zu beziehen?“
    „Nein“, antwortete der Graf mit höflicher Gelassenheit. „Ich spreche im allgemeinen und hielt allerdings Euch gegenüber es für meine Pflicht, den Ausdruck ‚obskurer Medikaster‘ zu berichtigen, da Señor Sternau nicht anwesend ist und sich also nicht selbst verteidigen kann.“
    „So stellen wir uns mit dieser Erklärung zufrieden, Don Emanuel“, bemerkte Milanos. „Wir wissen sehr genau, daß nicht ein jeder,

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