42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers
Sternau bereit, die dadurch entstehende Lücke auszufüllen.“
„Das ist ja eine Attacke, der ich als einzelner so überlegenen Kräften gegenüber gar nicht widerstehen kann!“ meinte der Graf mit seinem ruhigen Lächeln. „Schloß Rodriganda steht Euch jederzeit gastlich offen, wenn Ihr aber so stürmisch fortverlangt, so darf ich Euch allerdings denen nicht entziehen, welche Eures Rates und Eurer Hilfe nicht entbehren können. Legt meinem Rentmeister Eure Rechnungen vor, und nehmt meinen herzlichen Dank für das Wohlwollen, mit welchem Ihr Euch meiner Krankheit angenommen habt.“
„Den Dank haben wir bereits erhalten, Don Emanuel“, sagte Francas scharf. „Werden Sie die Güte haben, diesen Besuch gleich auch als Abschiedsvisite gelten zu lassen?“
„Dieser Wunsch ist auch mir genehm“, antwortete der Graf. „Reist mit Gott, Señores!“
Sie verbeugten sich und schritten hinaus. Draußen im Nebenzimmer aber blieben sie stehen, um sich anzublicken.
„Es ist aus!“ meinte Francas.
„Leider!“ fügte Milanos hinzu.
„Geschlagen!“ zürnte Cielli. „Geschlagen von einem solchen Menschen.“
„Pah, noch nicht!“ sagte Francas. „Wir reisen zwar ab, aber ich bin überzeugt, daß wir zurückkehren werden!“
Sie schritten durch das Vorzimmer und mit einer keineswegs siegesstolzen Miene an dem Diener vorüber und trennten sich draußen, um sich in ihre Zimmer zu begeben.
Als Francas das seinige betrat, fand er es nicht leer. Graf Alfonzo nebst dem Notar und der frommen Schwester hatten ihn hier erwartet.
„Nun, gelungen?“ fragte der erstere.
„Ja“, antwortete der Gefragte barsch.
„Gott sei Dank!“
„Spart Euren Dank für spätere Zeit, Graf!“ meinte der Arzt. „Gelungen ist es allerdings, aber nicht uns.“
„Ah!“
„Nein, sondern diesem Sternau.“
„Wirklich?“ fuhr der Notar auf. „Der Teufel soll ihn holen!“
„Aber sehr bald, sonst bin ich nicht mehr da!“ lachte der Doktor ergrimmt.
„Ihr wollt abreisen?“ fragte die Schwester erschrocken.
„Ja. Wir haben den Abschied erhalten und sollen dem Rentmeister unsere Rechnungen vorlegen.“
„Das ist ja außerordentlich! Das ist ja mehr als unhöflich! Das ist ja förmlich vor die Tür hinausgeworfen!“ meinte der Notar. „Ihr werdet nicht gehen!“
„Nicht? Meint Ihr?“
„Ja.“
„Da irrt Ihr! Doktor Francas hat nicht nötig, einem halsstarrigen Patienten seine Hilfe aufzuzwingen.“
„Ihr sollt sie nicht aufzwingen, Señor, sondern der Graf selbst wird Euch ersuchen, noch länger hierzubleiben.“
„Möglich. Aber wie wollt Ihr ihn dazu vermögen?“
„Es wird Euch das nur einen kleinen Wink kosten. Aber vor allen Dingen erzählt uns Euer Gespräch mit dem Grafen.“
„Das war kurz und bündig. Es ist aus allem zu ersehen, daß er uns den Abschied erteilt hätte, falls wir nicht so klug gewesen, ihn zu fordern.“
Er erzählte.
Graf Alfonzo hatte bis jetzt kein Wort weiter gesagt. Er stand mit finsterer Miene am Fenster. Aber als der Arzt geendet hatte, wandte er sich zu den anderen herum und rief:
„Die Operation hat also begonnen? Wirklich?“
„Ja.“
„Ohne unser Vorwissen!“
„Ja, ohne unser Vorwissen! Dieser Sternau zahlt uns mit unserer eigenen Münze.“
„Ihr glaubt, daß die Entfernung des Steines gelingt, Señor Francas?“
„Ich bin überzeugt davon!“
„Das darf nicht geschehen! Das muß verhindert werden!“
„Wie wollen Sie es verhindern, Don Alfonzo?“ fragte der Arzt mit einem lauernden Blick.
„Señor Cortejo wird es übernehmen.“
„Ja, ich werde es übernehmen, und es wird mir gelingen“, antwortete dieser mit entschlossener Miene.
„Ja, unser guter Señor Gasparino wird dies besorgen“, meinte zustimmend Schwester Clarissa, „dieser fremde Eindringling wird uns keinen weiteren Schaden bereiten. Er darf die Wege der Vorsehung nicht kreuzen, und der Zorn Gottes wird sein freches Haupt zerschmettern!“
„Doktor, wollt Ihr Euch entschließen, nur noch einen Tag auf Rodriganda zu verweilen?“
„Warum?“ fragte Francas den Notar, der diese Frage ausgesprochen hatte.
„Weil ich überzeugt bin, daß der Graf morgen froh sein wird, wenn er erfährt, daß Ihr noch anwesend seid.“
„Könnt Ihr mir dies versprechen?“
„Ja.“
„Nun wohl, ich bleibe, aber nur bis morgen früh. Bin ich dann noch nicht zum längeren Verweilen aufgefordert worden, so reise ich ab.“
„Habt keine Sorge, und verlaßt Euch ganz auf mich!“ meinte
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